Rz. 49

Ein güterrechtlicher Ausgleichsanspruch nach Beendigung des gesetzlichen Güterstandes (s. § 1378 Abs. 3 BGB) hat als reiner Zahlungsanspruch keine einkommensteuerliche Relevanz, da er im steuerlich unbeachtlichen Privatvermögensbereich liegt. Der Erwerb aufgrund "güterrechtlicher Vereinbarungen" ist auch kein schenkungssteuerrelevanter Sachverhalt i.S.d. § 3 und § 7 ErbStG (§ 5 Abs. 2 ErbStG). § 5 Abs. 2 ErbStG hat insoweit nur klarstellende Bedeutung, denn der Steuerpflicht nach § 3 bzw. § 7 ErbStG steht nach allgemeinen Grundsätzen entgegen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte einen Rechtsanspruch auf den Zugewinnausgleich hat, den er nicht "von Todes wegen" oder durch "freigebige Zuwendung" erwirbt, sondern aufgrund des Teilhabegedankens des gesetzlichen Güterstandes,[46] und zwar auch in denjenigen Fällen, in denen der Ausgleichsanspruch durch ehevertragliche Vereinbarungen abweichend von dem gesetzlichen Ausgleichsmodell modifiziert wurde (vgl. R 12 Abs. 2 S. 1 ErbStR), auch wenn und soweit die tatsächliche Ausgleichsforderung die sich nach §§ 1372 ff. BGB ohne Modifizierung ergebende Ausgleichsforderung übersteigt:[47]

 

Rz. 50

Es steht Ehegatten frei, darüber zu entscheiden, ob und wie sie den während bestehender Ehe anfallenden Vermögenszuwachs untereinander verteilen bzw. ausgleichen. Denkbar sind insoweit Regelungen, die in den beiden Extremen den Ausgleich des Zugewinns gänzlich ausschließen oder den gesamten Zugewinn beider Ehegatten einem einzigen zuordnen. Solange sich die Ehegatten darauf beschränken, Vereinbarungen über den während bestehender Ehe anfallenden Zugewinn zu treffen, handelt es sich um güterrechtliche Vereinbarungen, die den Ehegatten untereinander keine konkreten erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich relevanten Vermögensvorteile verschaffen können.

 

Rz. 51

Grenzen der eherechtlichen Gestaltungsfreiheit ergeben sich nur aus § 42 AO: Geht es den Ehegatten beim Abschluss eines Ehevertrages nach den objektiven Umständen nicht mehr (nur) um die Verteilung des während bestehender Ehe erwirtschafteten Vermögenszuwachses, sondern zielt die Vereinbarung darauf ab, bei Beendigung des Güterstandes Vermögen von einem Ehegatten auf den anderen zu verschieben, wird das zivilrechtliche Institut der güterrechtlichen Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich i.S.v. § 42 AO missbraucht.[48]

 

Rz. 52

Wird also der Rahmen güterrechtlicher Vereinbarungen überschritten, indem im Gewande eines Ehevertrages einem Ehegatten von der Höhe des tatsächlich erzielten Zugewinns völlig losgelöst Ansprüche für den Fall der Beendigung des Güterstandes (aufschiebend bedingt) eingeräumt werden, kann die bei Beendigung des gesetzlichen Güterstandes eintretende objektive Bereicherung des ausgleichsberechtigten Ehegatten unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs eine steuerpflichtige Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) bzw. eine Schenkung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) darstellen. Daher sehen die ErbStR die Begründung einer erhöhten güterrechtlichen Ausgleichsforderung jedenfalls dann als steuerpflichtig an, wenn mit den Vereinbarungen in erster Linie nicht güterrechtliche, sondern erbrechtliche Wirkungen herbeigeführt werden sollen.

[46] BFHE 171, 321 = FamRZ 1993, 1433.
[47] Allerdings vertreten die ErbStR (vgl. R 12 Abs. 2 S. 3 ff.) insoweit eine andere Auffassung, die jedoch nach h.M. der Literatur nicht zutrifft.
[48] Zur steuerfreien Durchführung des Zugewinnausgleichs bei fortbestehender Ehe und anderen Gestaltungen der steuerfreien Vermögensübertragung unter Ehegatten siehe Noll, DStR 2002, 842.

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