Rz. 149

Wird der Mahnantrag zurückgenommen, muss auf Antrag eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO getroffen werden. Die Vorschrift ist im Mahnverfahren auf die Rücknahme des Mahnantrags entsprechend anwendbar, und zwar sowohl § 269 Abs. 3 S. 1 als auch S. 2 oder S. 3 ZPO.[59] Dahingehende Tätigkeiten des Anwalts gehören nicht mehr zum Mahnverfahren.

[59] Vgl. Zöller/Seibel, § 690 ZPO Rn 26; Anders/Gehle, § 690 Rn 16; Musielak/Foerste, § 269 ZPO Rn 21.

1. Verfahren über den Kostenantrag

 

Rz. 150

Wird der Mahnantrag zurückgenommen, so kann auf Antrag des Antragsgegners eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO ergehen und auf Antrag des Antragstellers eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 oder 3 ZPO.

 

Rz. 151

Wird eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO beantragt, so ist strittig, welches Gericht für die Kostenentscheidung zuständig ist. Zum Teil wird vertreten, im Falle eines Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO, bei dem der Antragsgegner keine Einwendungen erhebe, sei das Mahngericht zuständig;[60] zum Teil wird vertreten, es sei immer das Streitgericht zuständig.[61]

 

Rz. 152

Zuständig für den Erlass der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ist nicht das Mahngericht, sondern das für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständige Gericht. An dieses ist nach Rücknahme des Mahnantrags auf Antrag einer Partei das Verfahren vom Mahngericht zur Entscheidung über die Kosten abzugeben.[62] Damit zählt die Tätigkeit der Anwälte von Antragsteller und Antragsgegner auf Erlass bzw. Abwehr der Kostenentscheidung nicht mehr zum Mahnverfahren, sondern bereits zum streitigen Verfahren und löst dort eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus dem Kostenwert aus. Dem steht § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG nicht entgegen, wonach das Verfahren über die Kostenentscheidung keine gesonderte Angelegenheit darstellt. Die Vorschrift des § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG gilt nur dann, wenn die Kostenentscheidung im selben Verfahren ergeht, nicht aber, wenn sie – wie hier – in einem anderen Verfahren ergeht. Es verhält sich hier nicht anders als bei einem Kostenwiderspruch.

 

Beispiel 103: Kostenantrag des Antragsgegners nach Rücknahme des Mahnantrags

Der Anwalt legt für den Antragsgegner gegen einen Mahnbescheid über 7.500,00 EUR auftragsgemäß Widerspruch ein. Der Antragsteller nimmt daraufhin den Mahnantrag zurück. Hierauf beantragt der Anwalt für den Antragsgegner den Erlass einer Kostenentscheidung. Die Sache wird daraufhin an das Streitgericht abgegeben, das ohne mündliche Verhandlung eine Kostenentscheidung erlässt. Der Kostenstreitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Der Anwalt des Antragsgegners erhält die Verfahrensgebühr (Nr. 3307 VV) aus dem vollen Wert der 7.500,00 EUR. Im streitigen Verfahren erhält er aus dem Kostenwert von 1.000,00 EUR eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV.[63] Angerechnet wird nach Anm. zu Nr. 3307 VV eine 0,5-Gebühr aus dem Kostenwert.[64]

 
I. Mahnverfahren
1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3307 VV   251,00 EUR
  (Wert: 7.500,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 271,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   51,49 EUR
Gesamt   322,49 EUR
II. Streitiges Verfahren auf Kostenentscheidung
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   114,40 EUR
  (Wert: 1.000,00 EUR)    
2. anzurechnen gem. Anm. zu Nr. 3307 VV,   – 44,00 EUR
  0,5 aus 1.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 90,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   17,18 EUR
Gesamt   107,58 EUR
 

Rz. 153

Soweit sich der Anwalt des Klägers an dem Verfahren über die Kostenentscheidung beteiligt, erhält er ebenfalls eine 1,3-Verfahrensgebühr aus dem Wert der Kosten unter Anrechnung der Mahnverfahrensgebühr gem. Anm. zu Nr. 3305 VV (die Berechnung ist die gleiche wie im nachfolgenden Beispiel 104).

 

Beispiel 104: Kostenantrag des Antragstellers nach Rücknahme des Mahnantrags

Wie vorangegangenes Beispiel 103; jedoch beantragt der Anwalt für den Antragsteller eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zu Lasten des Antragsgegners. Dieser beteiligt sich am Verfahren. Der Kostenstreitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Beide Anwälte erhalten die jeweilige Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens aus dem vollen Wert der 7.500,00 EUR. Im streitigen Verfahren erhalten sie aus dem Kostenwert (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, § 43 Abs. 2 GKG) von 1.000,00 EUR eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, jeweils unter Anrechnung der Verfahrensgebühr aus dem Mahnverfahren, berechnet nach dem Kostenwert.

 
A. Abrechnung des Antragstellers
I. Mahnverfahren
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV   502,00 EUR
  (Wert: 7.500,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 522,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   99,18 EUR
Gesamt   621,18 EUR
II. Streitiges Verfahren auf Kostenentscheidung
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   114,40 EUR
  (Wert: 1.000,00 EUR)    
2. anzurechnen gem. Anm. zu Nr. 3307 VV,   – 88,00 EUR
  1,0 aus 1.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, N...

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