Rz. 49

 

Beachte

Je niedriger der Kapitalmarktzinsfuß ist, je höher ist der Barwert.

Der Berechtigte darf das Kapital nicht in den Sparstrumpf stecken, sondern er muss es – gedanklich betrachtet – verzinslich anlegen. Welchen Zinsfuß hat der Berechtigte auf dem Kapitalmarkt zu erzielen? Zu empfehlen ist, von der Umlaufrendite der börsennotierten Wertpapiere auszugehen. Die Umlaufrendite ist in den letzten Jahren ständig gesunken und liegt gegenwärtig bereits im negativen Bereich.

 

Rz. 50

Allenfalls könnte man sich am Garantiezins im Bereich der Lebensversicherung orientieren. Dieser beträgt zurzeit 0,9 %, eine weitere Absenkung auf 0,5 % steht im Raum. Argument: Warum soll man vom Geschädigten mehr verlangen als vom Profi-Anleger Lebensversicherer?

 

Rz. 51

Der BGH (Urt. v. 8.1.1981, zfs 1981, 105) fordert eine Reduzierung des Kapitalmarktzinses. Zum einen um die Verwaltungskosten des Kapitals. Sie betragen etwa 1 bis 2 %. Zum anderen geht der BGH davon aus, dass die Erträgnisse aus Kapital zu versteuern sind. Man kann die ab 1.1.2009 geltende Abgeltungssteuer von 25 % ansetzen. Der angenommene Kapitalmarktzinsfuß ist zunächst um die Verwaltungskosten zu reduzieren. Werden 0,5 % angenommen, verbleiben 4 %. Diese 4 % sind um Steuern auf Zinsen zu verringern. Bei einem Steuersatz von 25 % verbleiben als reduzierter Kapitalmarktzinsfuß 3 %. Das LG Stuttgart (DAR 2007, 467) macht zum reduzierten Kapitalmarktzins beachtliche Ausführungen, die einer Prüfung im Rahmen von § 287 ZPO standhalten:

 

Rz. 52

Zitat

Soweit in Rechtsprechung (BGH NJW 1981, 818; OLG Stuttgart VersR 1998, 366) und Literatur (Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl., S. 285; Böhme/Biela, Kraftverkehrs-Haftpflichtschäden, 23. Aufl., D 325 ff.) vertreten wird, in der Praxis sei eine Abzinsung in Höhe von 5 Prozent – 5,5 Prozent üblich, kann dem nicht gefolgt werden. Die Höhe des Abzinsungsfußes richtet sich nach den tatsächlichen Erträgen, die der Geschädigte nach Steuer aus der Anlage des Kapitals erlangen kann. Es kann dabei nur auf solche Anlageformen zurückgegriffen werden, die eine sichere Rendite gewährleisten. Da der Geschädigte nicht veranlasst werden darf, das Kapital risikobehaftet anzulegen, weil dies den Zweck der Schadensersatzzahlung gefährden könnte, kann nicht auf Renditemöglichkeiten bei einer spekulativen Anlage in Aktien oder Investmentfonds abgestellt werden.

 

Rz. 53

Zitat

Eine sichere Anlage bietet demgegenüber festverzinsliche Wertpapiere. Das Zinsniveau festverzinslicher Wertpapiere lässt sich der Umlaufrendite entnehmen. Die Umlaufrendite stellt die Durchschnittsrendite von Anleihen erster Bonität dar. Von der Deutschen Bundesbank wird diese als Durchschnittswert der in Umlauf befindlichen festverzinslichen Wertpapiere ermittelt. Die Umlaufrendite ist damit ein Maß für das Zinsniveau am Rentenmarkt (Quelle: www.boerse.ard.de).

Die Monatsberichte Dezember 2004/Oktober 2008 der Deutschen Bundesbank wiesen ab 1991 folgende Umlaufrenditen aus: 1991 8,7 Prozent, 1992 8,1 Prozent, 1993 6,4 Prozent, 1994 6,7 Prozent, 1995 6,5 Prozent, 1996 5,6 Prozent, 1997 5,1 Prozent, 1998 4,5 Prozent, 1999 4,3 Prozent, 2000 5,4 Prozent, 2001 4,8 Prozent, 2002 4,7 Prozent, 2003 3,7 Prozent, 2004 3,7 Prozent, 2005 3,1 Prozent, 2006 3,8 Prozent, 2007 4,3 Prozent. Das Zinsniveau festverzinslicher Wertpapiere hat sich damit seit 1991 etwa halbiert. Während der Jahre 1998–2007 betrug das arithmetische Mittel der Umlaufrendite 4,2 Prozent. Höhere Renditen sind bei einer sicheren Anlage nicht zu erzielen. Eine Erholung des Kapitalmarktes dahin, dass wieder die Renditen aus der ersten Hälfte der 90er Jahre erzielt werden können, ist nicht ersichtlich. Gegenwärtig liegen die Umlaufrenditen sogar im negativen Bereich. In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen beim Zinsniveau ist inzwischen sehr fraglich, von welchen Umlaufrenditen langfristig noch ausgegangen werden kann.

 

Rz. 54

Zitat

Diese Erträge sind um die nach § 43 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu zahlende Kapitalertragssteuer zu kürzen. Diese beträgt für Erträge aus festverzinslichen Wertpapieren ab 1.1.2009 25 Prozent (Abgeltungssteuer – mit Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer rund 28,5 Prozent; Anmerkung: Ist der persönliche Steuersatz niedriger, ist dieser maßgebend.). Es verbleibt dem Anleger dann eine effektive Rendite von noch 3,75 Prozent. Die Kosten für die Verwaltung des Kapitals können vernachlässigt werden, da die in Betracht kommenden Wertpapiere weitgehend kostenfrei angelegt werden können.“

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