Rz. 78

Ein entgeltlicher Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist hinsichtlich der übernommenen Gegenleistung nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Auch die schenkweise Übertragung (voll eingezahlter) GmbH-Anteile ist im Hinblick auf die potenzielle Ausfallhaftung bzw. Haftung bei Kapitalrückzahlung des Minderjährigen gem. §§ 16, 24, 31 Abs. 3 GmbHG nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, sodass ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist, wenn der Schenker gleichzeitig gesetzlicher Vertreter ist.[106] Für die gleichzeitige Schenkung an mehrere Minderjährige genügt ein Ergänzungspfleger, da die Rechtsgeschäfte allein zwischen den jeweiligen Minderjährigen und dem Übergeber stattfinden.[107] Die Schenkung von voll eingezahlten Aktien ist hingegen stets lediglich rechtlich vorteilhaft, da eine entsprechende Ausfallhaftung nicht in Betracht kommt.[108]

 

Rz. 79

Der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft fällt grds. nicht unter § 1822 Nr. 3 BGB, da es sich bei dem Erwerb von Geschäftsanteilen oder Aktien nicht um den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages handelt.[109] Der entgeltliche Erwerb (nahezu) sämtlicher Geschäftsanteile oder Aktien wird jedoch unter Umständen als wirtschaftlicher Übergang des Erwerbsgeschäftes angesehen, sodass mitunter die Genehmigung nach § 1822 Nr. 3, 1. Alt. BGB erforderlich ist.[110] Bei einem unentgeltlichen Erwerb kommt hingegen unter Umständen § 1822 Nr. 10 BGB in Betracht, wenn eine konkrete Möglichkeit der Inanspruchnahme des Minderjährigen für Verbindlichkeiten des Vorgängers oder der Mitgesellschafter nach §§ 16 Abs. 3, 24, 31 Abs. 3 GmbHG besteht und er eine Regressmöglichkeit haben soll.[111] Dies ist z.B. der Fall, wenn die Stammeinlage noch nicht voll eingezahlt ist.[112]

[106] Bürger, RNotZ 2006, 156, 162; Wachter/Ivo, Praxis des Handels- & Gesellschaftsrechts, § 19 Rn 61; Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht/Kögel, § 40 Rn 208; Maier-Reimer/Marx, NJW 2005, 3025, 3025 f.; Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht/Ridder, § 32 Rn 76.
[107] Bürger, RNotZ 2006, 156, 163; Maier-Reimer/Marx, NJW 2005, 3025, 3026 f.
[108] Maier-Reimer/Marx, NJW 2005, 3025, 3025.
[109] Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, § 15 Rn 8; BGH, Urt. v. 20.2.1989 – II ZR 148/88, NJW 1989, 1926, 1928; Palandt/Götz, § 1822 Rn 10; MüKo/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn 17; Pauli, ZErb 2016, 131, 136; Baumbach/Hueck/Servatius, GmbHG, § 15 Rn 3.
[110] Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, § 15 Rn 8; BGH, Urt. v. 28.1.2003 – X ZR 199/99, DNotZ 2004, 152, 153; Baumbach/Hueck/Servatius, GmbHG, § 15 Rn 4; Staudinger/Veit, § 1822 Rn 58 ff.
[111] BGH, Urt. v. 20.2.1989 – II ZR 148/88, NJW 1926, 1927; Baumbach/Hueck/Servatius, GmbHG, § 15 Rn 5; Staudinger/Veit, § 1822 Rn 182 ff.
[112] Kölmel, RNotZ 2010, 1, 23; MüKo/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn 65.

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