Rz. 10

Im Zivilverfahren kommt es immer wieder vor, dass Gutachten auch mündlich erstattet werden. Diese Situation ist für den Anwalt äußerst problematisch. Der Grund für das Hinzuziehen eines Sachverständigen liegt in der Regel im fehlenden Sachverstand des Juristen. Bei einem mündlichen Gutachten ist man daher in der Regel überfordert, sich in der Kürze der Zeit sachgerecht mit dem Gutachten auseinanderzusetzen. In derartigen Fällen sollte immer ein Schriftsatznachlass beantragt bzw. ein Antrag auf Vertagung oder Anberaumung eines neuen Termins gestellt werden. Das Gericht ist regelmäßig verpflichtet, einem derartigen Antrag stattzugeben.[12]

 

Rz. 11

Beabsichtigt das Gericht, einen derartigen Antrag abzulehnen, sollte der Anwalt geltend machen, dass dies dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs sowie den Regeln eines fairen Verfahrens widerspricht. Stellt sich dann heraus, dass sich noch weitere Fragen zum Sachverständigengutachten ergeben, so sollte man einen Antrag auf erneute Befragung des Sachverständigen stellen.

Dieser Antrag kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Partei bereits die Möglichkeit hatte, in der mündlichen Verhandlung den Sachverständigen zu befragen.

Voraussetzung für eine Befragung des Sachverständigen ist immer, dass auch tatsächlich die Möglichkeit besteht, dem Sachverständigen entsprechende Vorhaltungen zu machen. Insbesondere bei technischen bzw. medizinischen Fragen ist Derartiges ohne fachliche Unterstützung eines Privatgutachters häufig nicht möglich.

 

Rz. 12

Wichtig ist, dass der diesbezügliche Antrag auch entsprechend begründet wird.[13]

[12] BGH Beschl. v. 12.5.2009 – VI ZR 275/08, NJW 2009, 2604; BGH v. 21.10.1986 – VI ZR 15/85, NJW-RR 1987, 339, 340.
[13] Vgl. insoweit Lepa, Beweislast und Beweiswürdigung im Haftpflichtprozess, Schriftenreihe der ARGE Verkehrsrecht, Band 5, S. 79.

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