Rz. 37

Wesentlicher Aspekt des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung ist die Darlegung, dass für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens keine Umstände vorhanden sind, die dafür sprechen, dass eine besondere Straßenverkehrsgefährdung zu besorgen ist, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis einstweilen weiter als Fahrzeugführer am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt. Dies kann dargelegt werden durch gutachtliche Stellungnahme von behandelnden Ärzten, Amtsärzten, Fachärzten oder einer – privaten – medizinisch-psychologischen Begutachtung.

Bei der Begründung sind Aspekte anzuführen, die dafür sprechen, dass die Interessen des Inhabers der Fahrerlaubnis zum weiteren Führen eines Kraftfahrzeuges Vorrang verdienen gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an der Verkehrssicherheit, und zwar gemessen an den konkreten Umständen.[31] Eine Aussetzung der Vollziehung wird dann zu erfolgen haben, wenn das Gericht die Auffassung vertritt, dass der Antragsteller mit seinem Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich obsiegen wird; denn ein offenkundig rechtswidriger Verwaltungsakt kann überwiegendes Vollzugsinteresse nicht begründen. Im Gegensatz dazu wird bei offensichtlich unbegründetem Rechtsbehelf eine Aussetzung zu verneinen sein. Bei unsicherem Ausgang der Hauptsache kommt der Abwägung besonderes Gewicht zu.

 

Rz. 38

Es ist erforderlich, dass die Tatsachen, auf die der Antrag zur Aussetzung der Vollziehung gestützt wird, glaubhaft gemacht werden. Dies ergibt sich aus § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO.

 

Rz. 39

Maßgebend für die Beurteilung der Sachlage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes. Wenn demnächst Tilgungsfristen für eingetragene Verkehrsordnungswidrigkeiten ablaufen, ist dies jedoch zu berücksichtigen. Auch können gegenüber der Widerspruchsentscheidung spätere Umstände berücksichtigt werden, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegen eine mögliche Verkehrsgefährdung sprechen, wie günstige Ergebnisse der ärztlichen Kontrolle z.B. zum Alkohol- und/oder Drogenkonsum.

 

Rz. 40

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung die Freiheitsrechte, und zwar allgemeine und spezielle, gegen die durch die Schutzpflicht des Staates verbindlich gemachten Belange der Straßenverkehrssicherheit abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung der Belange der Straßenverkehrssicherheit und der Freiheitsrechte des Inhabers der Fahrerlaubnis ist auf den Zeitpunkt der zu treffenden Entscheidung abzustellen.[32]

 

Rz. 41

Seitens des Rechtsmittelführers ist dreistufig in der Begründung vorzugehen, nämlich: das Interesse des Inhabers der Fahrerlaubnis an der weiteren Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen, Darlegung der Umstände, die dafür sprechen, dass eine Straßenverkehrsgefährdung nicht zu befürchten ist unter Berücksichtigung der von der Straßenverkehrsbehörde dargelegten Gründe für eine zu erwartende Gefährdung sowie eine Abwägung der vorgenannten beiden Aspekte.

 

Rz. 42

Es ist davon auszugehen, dass auch in Betracht kommt, die Aussetzung der Vollziehung unter bestimmten Auflagen anzuordnen. Werden Auflagen nicht beachtet, kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 7 S. 1 VwGO die Aussetzung der Vollziehung wieder aufheben.

 

Rz. 43

Gegenüber der erreichten Aussetzung der Vollziehung kann die Straßenverkehrsbehörde ihrerseits wiederum Änderung oder Aufhebung dieser Entscheidung gemäß § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO beantragen. Andererseits kann die Verwaltungsbehörde, auch wenn der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt worden ist, ihrerseits – aufgrund besonderer Umstände – wiederum die sofortige Vollziehung aufheben.[33]

[31] Buschbell/Geiger, MAH Straßenverkehrsrecht, § 9 Rn 35 ff.
[32] Berz/Burmann, 17 E Rn 18.
[33] Vgl. Berz/Burmann, 17 E Rn 18.

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