Rz. 18

Die so genannten allgemeinen Gebühren kann der Verteidiger in jedem Verfahrensabschnitt erhalten. Sie stehen in Unterabschnitt 1 des Abschnitts 1 des Teils 4 VV RVG. Diese Art von Gebühren entsteht also unabhängig davon, in welcher Instanz der Verteidiger tätig ist. Es handelt sich hierbei um die Grundgebühr und die Terminsgebühr für die Teilnahme an bestimmten Terminen außerhalb der Hauptverhandlung. Beide Gebühren entstehen bei Inhaftierung des Mandanten mit Zuschlag.

Neben den allgemeinen Gebühren können zusätzliche Gebühren in besonderen Fällen entstehen. Diese werden in Rdn 48 ff. aufgezeigt.

I. Die Grundgebühr

 

Rz. 19

Die einmalige Grundgebühr (Nr. 4100 VV RVG) entsteht in einer Strafsache für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt die Einarbeitung erfolgt. Die Grundgebühr kann jedem Verteidiger nur ein einziges Mal erwachsen.

Mit der Grundgebühr soll der Arbeitsaufwand entgolten werden, der zu Beginn eines Mandats entsteht, also

das erstmalige Gespräch mit dem Auftraggeber,
die Beschaffung der erforderlichen Informationen und
die erste Akteneinsicht nach § 147 StPO.

Dieser Einarbeitungsaufwand kann natürlich auch erst in einer Rechtsmittelinstanz erforderlich werden, wenn der Verteidiger darin erstmalig tätig wird.

 

Beispiel:

Wenn der Verteidiger bereits im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren tätig wird, dann seinen Mandanten in dem ersten Rechtszug vertritt und anschließend noch in der Berufungsinstanz, kann er die Grundgebühr nur einmal erhalten. Für den Verteidiger, der für den Auftraggeber erstmalig in der Revisionsinstanz tätig wird, fällt natürlich auch eine Grundgebühr an, da er sich in die Sache neu einarbeiten muss.

 

Rz. 20

Die Grundgebühr entsteht nach Anmerkung Abs. 1 zu Nr. 4100 VV RVG immer neben einer Verfahrensgebühr. Sie ist sozusagen eine einmalige Zusatzgebühr zur Verfahrensgebühr. Die Grundgebühr und die jeweilige Verfahrensgebühr entstehen somit gleichzeitig in dem Moment, in dem der RA zu erstem Mal tätig wird (LG Duisburg, Beschluss vom 03.06.2014 – 34 Qs 52/13).

 

Rz. 21

Falls wegen einer Tat oder Handlung zunächst im Bußgeldverfahren ermittelt wurde, dann aber die Ermittlungen als Strafsache weiter betrieben werden, so hat der von Beginn an beauftragte Verteidiger bereits eine Grundgebühr im Bußgeldverfahren nach Nr. 5100 VV RVG erhalten. Diese Grundgebühr – die übrigens niedriger ist – ist dann auf die nun anfallende Grundgebühr des Strafverfahrens nach Nr. 4100 Anm. Abs. 2 VV RVG anzurechnen. Es bleibt also bei dem Grundsatz, dass für den Verteidiger eine Grundgebühr in einer Sache nur einmal entstehen darf. Dabei ist er nach § 14 Abs. 2 RVG nicht gezwungen, bei der Bestimmung der Höhe der Gebühr Nr. 4100 VV RVG im Rahmen zu berücksichtigen, dass er mit der Sache schon befasst war. So kann er für beide Gebühren z. B. die Mittelgebühr ansetzen.

 

Merke:

Die Grundgebühr entsteht in einer Sache immer zusätzlich zur Verfahrensgebühr, jedoch nur ein einziges Mal für die erstmalige Einarbeitung, gleichgültig in welchem Verfahrensabschnitt die Einarbeitung erfolgt.

 

Rz. 22

 

Hinweis:

Für die Bestimmung der Grundgebühr ist der Umfang der Gerichtsakte bei der erstmaligen Einarbeitung wesentlich. Aktenumfänge von 12, 25 oder 33 Seiten sind von Gerichten als unterdurchschnittlich bezeichnet worden (siehe z. B. LG Düsseldorf, Beschluss vom 12.05.2017 – 61 Qs 5/17).

II. Die Terminsgebühr für Termine außerhalb der Hauptverhandlung

 

Rz. 23

Insbesondere im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren kommt es in der Regel zu einer Reihe von Terminen, an denen der Verteidiger sinnvollerweise teilnimmt. Es kann sich dabei z. B. um Vernehmungen des Beschuldigten oder von Zeugen handeln. Die Teilnahme des RA an solchen Terminen ist durchaus zweckmäßig und auch im Interesse seines Mandanten, da sich hierdurch die Chance erhöht, dass das Verfahren abgekürzt oder eingestellt werden kann. Für diese Art von Terminswahrnehmung erwächst dem Verteidiger die Terminsgebühr für Termine außerhalb der Hauptverhandlung gemäß Nr. 4102 VV RVG.

Diese Gebühr kann – da sie in "Unterabschnitt 1. Allgemeine Gebühren" steht – auch in den anderen Verfahrensabschnitten bis hin zu den Rechtsmittelinstanzen entstehen, wenn der RA an bestimmten Terminen außerhalb der Hauptverhandlung teilnimmt, wie z. B. an kommissarischen Vernehmungen oder Haftprüfungsterminen. Diese Terminsgebühr wird allerdings im Gegensatz zu den Terminsgebühren für die Teilnahme an den Hauptverhandlungen nicht höher entlohnt, wenn das Verfahren vor höheren Gerichten stattfindet.

 

Rz. 24

Nach Nr. 4102 VV RVG erhält der Verteidiger diese Terminsgebühr für die Teilnahme an

 
(1) richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen,
(2) Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft oder andere Strafverfolgungsbehörden,
(3) Terminen außerhalb der Hauptverhandlung, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird,
(4) Verhandlungen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs,
(5) Sühneterminen nach § 380 StPO.
Zu (1) und (2): Hier geht es um die ...

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