Rz. 297

Im Versicherungsvertrag kann vereinbart werden, dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens ein Sachverständigenverfahren einvernehmlich durchgeführt wird.

 

Rz. 298

 

Beispiel

"Bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens einschließlich der Feststellung des Wiederbeschaffungswertes oder über den Umfang der erforderlichen Wiederherstellungsarbeiten kann auf Ihren Wunsch vor Klageerhebung ein Sachverständigenausschuss entscheiden" (A.2.6.1 AKB 2015).

 

Rz. 299

Die Feststellung durch Sachverständige ist verbindlich, "wenn sie nicht offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht" (§ 84 Abs. 1 S. 1 VVG). Eine offenbare Abweichung von der wirklichen Sachlage liegt vor, wenn sich die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens dem sachkundigen und unbefangenen Beobachter geradezu aufdrängt. Die offenbare Unrichtigkeit des Gutachtens führt nur dann zur Unverbindlichkeit der Feststellungen, wenn es sich um eine erhebliche Abweichung von der wirklichen Sachlage handelt. Die in der Rechtsprechung tolerierte Schwankungsbreite liegt bei etwa 15 % bis 25 %.[426]

 

Rz. 300

Die Vereinbarung eines Sachverständigenverfahrens führt dazu, dass die vor Durchführung dieses Verfahrens eingereichte Klage der Abweisung unterliegt, da der Klageanspruch (noch) nicht fällig ist.[427] Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer sich erst im Prozess auf die Vorrangigkeit des Sachverständigenverfahrens beruft.[428]

Für ein Sachverständigenverfahren gem. § 84 VVG besteht in der Regel auch kein Versicherungsschutz bei einer Rechtsschutzversicherung, so dass in der Praxis ein Sachverständigenverfahren, insbesondere im Rahmen von A.2.6.1 AKB 2015 wegen der unverhältnismäßig hohen Kosten nur selten vorkommt.

 

Praxistipp

Ein selbstständiges Beweisverfahren gem. §§ 485 ff. ZPO ist zulässig.[429] Für ein derartiges selbstständiges Beweisverfahren besteht auch in der Regel Versicherungsschutz im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung.

[426] Prölss/Martin/Voit, § 84 VVG Rn 26.
[427] OLG Nürnberg VersR 1995, 412 = NJW-RR 1995, 544; Prölss/Martin/Voit, § 84 VVG Rn 32 m.w.N.
[428] OLG Saarbrücken r+s 1995, 329 = zfs 1996, 462 = VersR 1996, 882; OLG Köln r+s 1996, 14.
[429] LG München I NJW-RR 1994, 216.

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