Rz. 230
Der Bundesgerichtshof spricht von einem "Augenblicksversagen", wenn dem Versicherten ein "Ausrutscher" unterläuft, der auf "ein bei der menschlichen Unzulänglichkeit typisches einmaliges Versagen" zurückzuführen ist.[285] In dem BGH-Urt. v. 5.4.1989[286] hatte die Versicherungsnehmerin vergessen, eine Herdplatte auszuschalten, so dass es zu einem schweren Brandschaden kam.
Auch das Vergessen von verschiedenen Handgriffen in einem zur Routine gewordenen Handlungsablauf kann als typischer Fall eines Augenblicksversagens angesehen werden, welches das Verdikt der groben Fahrlässigkeit nicht verdient.[287] Schließlich nimmt der BGH in seiner Entscheidung vom 5.4.1989[288] noch Bezug auf ein Urt. v. 14.7.1986, in dem die grobe Fahrlässigkeit verneint wurde, obgleich der Versicherungsnehmer den Zweitschlüssel seines Fahrzeuges im Fahrzeuginneren belassen hatte, allerdings "aufgrund eines Versehens, das auch einem nicht besonders sorglos handelnden Versicherungsnehmer unterlaufen kann".[289]
Diese Rechtsprechung hat einige OLG veranlasst, die grobe Fahrlässigkeit mit der Begründung zu verneinen, dass der Versicherungsnehmer "nur für einen Augenblick" versagt habe.[290]
Rz. 231
Dieser Tendenz ist der BGH durch ein Grundsatzurteil zum Rotlichtverstoß[291] entgegengetreten: Ein Augenblicksversagen allein entkräftet noch nicht den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit; es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die den Grad des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen.[292]
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