Rz. 235

Der Rahmen der zulässigen Kürzung bewegt sich in einem Bereich von 0 % bis 100 %.[311] Auch der "Goslarer Orientierungsrahmen" hält bei alkoholbedingter absoluter Fahruntüchtigkeit eine Leistungskürzung auf Null für angemessen.[312] Wie der BGH in der vorgenannten Entscheidung[313] ausführt, ist nicht in jedem Fall bei einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit von einem völligen Leistungsausschluss auszugehen, es sind vielmehr entlastende Umstände denkbar, die im subjektiven Bereich das Verhalten des Versicherungsnehmers in einem milderen Licht erscheinen lassen.

Ebenso wie bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung ist nicht das sog. Mittelwertmodell heranzuziehen, vielmehr muss die Quotenbildung entsprechend den Besonderheiten jeden Einzelfalles erfolgen.[314]

 

Rz. 236

In der Literatur[315] wird eine grobe Einteilung in drei Bereiche vorgeschlagen, und zwar soll differenziert werden zwischen einer leichten, normalen oder schweren groben Fahrlässigkeit mit der Folge, dass bei leichter grober Fahrlässigkeit ein Abzug von 25 % gemacht wird, bei normaler grober Fahrlässigkeit von 50 % und bei schwerer grober Fahrlässigkeit soll eine Leistungskürzung von 75 % vorgenommen werden.

Dieses Grobraster dürfte zwar bei der Suche nach der tatsächlichen Quote praxistauglich sein, gleichwohl muss entsprechend den Besonderheiten des Einzelfalles innerhalb dieser Quoten noch eine Feinjustierung vorgenommen werden.

Die Versuche in der Literatur, Vorschläge zu Musterquoten zu entwickeln, dienen daher nur einer Scheinobjektivierung und widersprechen der Intention des Gesetzgebers, jeden Einzelfall einer besonderen Würdigung zu unterziehen. Auf Dauer wird es sich jedoch nicht vermeiden lassen, dass von der Rechtsprechung Standardquoten entwickelt werden, insbesondere zur groben Fahrlässigkeit bei Rotlichtverstößen und Alkoholfahrten.

Der 47. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar hat einen "Goslarer Orientierungsrahmen"[316] entwickelt, der bei relativer Fahruntüchtigkeit ab 0,5 Promille eine Kürzung von 50 % und bei absoluter Fahruntüchtigkeit ab 1,1 Promille eine Null-Quote vorsieht. Die Missachtung eines Rotlichts soll generell mit 50 % bewertet werden. Aber auch diese Quotenvorgabe des 47. Deutschen Verkehrsgerichtstages hat sich nicht durchgesetzt.

[311] BGH, IV ZR 225/10, SP 2011, 370 ff. mit umfassender Übersicht über Rechtsprechung und Kommentierung; MüKo-VVG/Looschelders, § 81 VVG Rn 139 m.w.N.
[312] zfs 2010, 12, 14.
[313] BGH, IV ZR 225/10, SP 2011, 370 ff. mit umfassender Übersicht über Rechtsprechung und Kommentierung.
[314] MüKo-VVG/Looschelders, § 81 VVG Rn 138.
[315] Burmann/Heß/Stahl, Rn 527 m.w.N.
[316] zfs 2010, 12 ff.

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