Rz. 101

Ein Mandant, der infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens seines Rechtsanwalts eine Forderung verliert, erleidet dann keinen Schaden, wenn er bei sachgerechtem Vorgehen des Rechtsanwalts ohnehin nichts erhalten hätte. Ist dies der Fall und die verlorene Forderung somit wertlos, kommt die Verurteilung des Rechtsanwalts auf Zahlung von Schadensersatz nicht in Betracht.[52]

 

Rz. 102

Entsprechend den vorstehenden Grundsätzen zum Verlust wertloser Forderungen, ist auch der Umstand, dass ein Rechtsstreit wegen eines Anwaltsfehlers verloren geht, ohne Belang, wenn das Ergebnis des Vorprozesses im Einklang mit der materiellen Rechtslage steht.[53]

 

Rz. 103

Problematisch kann die Bestimmung eines Schadens in den sog. Anlagefällen sein, wenn ein – rechtswidriges – Ergebnis durch das/die mit dem Ausgangsverfahren befasste Gericht/Behörde feststeht. Hier haben Rechtsprechung und Literatur bis heute keine befriedigende Lösung etabliert, was dem Paradoxon geschuldet ist, dass zwar eine falsche Behördenpraxis zur Zonenrandförderung im Ausgangsverfahren nichts am Vorliegen eines Schadens ändern soll, wenn diese Praxis ungeachtet ihrer Falschheit nicht ausgenutzt wurde; andererseits soll ein falsche Gerichtspraxis kein Aspekt von Relevanz sein, weil es auf die Sicht des Regressrichters ankommt.[54]

 

Rz. 104

Schwierig zu rekonstruieren sind die hypothetischen Abläufe beispielsweise auch bei einem Unterlassen oder bei dem Vorwurf eines ungünstigen Vergleichsabschlusses, weil kaum richtig gesagt werden kann, wie es sich in Wirklichkeit zugetragen hätte, wenn das Unterlassen ausgeblieben oder das Nötige für einen günstigen Vergleichsabschluss unternommen worden wäre. Hier kann bestenfalls eine gut begründete Schadensschätzung nach § 287 ZPO Abhilfe schaffen, ohne dass damit eine "Richtigkeitsgewähr" verbunden ist.

 

Rz. 105

Da die vorliegende Broschüre vorwiegend ein Haftungs-ABC und weniger ein Wegweiser für die korrekte Beurteilung von haftungsausfüllender Kausalität und Schaden sein soll, wird auch insoweit auf die einschlägigen Kompendien zur Anwalts- und Steuerberaterhaftung verwiesen.

[52] BGH, Urt. v. 1.3.2007 – IX ZR 261/03 – 35, 11, jurion = BGHZ 171, 261, = NJW 2007, 2485, Rn 35; Urt. v. 18.3.2004 – IX ZR 255/00 = NJW 2004, 1521, 1522.
[53] BGH, Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 207/11 – Rn 28, juris = NJW 2013, 540 = MDR 2012, 1486 = WM 2012, 2242.
[54] Daher nur bedingt nachvollziehbar – wenn sich auch auf dem Boden der BGH-Judikatur bewegend – Fahrendorf/Mennemeyer/Fahrendorf, Rn 977 f.

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