Rz. 120

Bei einem Wohnsitzwechsel regelt § 6 AStG die sog. erweiterte Steuerpflicht im Falle des Wegzugs. Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen weisen das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne dem Wohnsitzstaat zu. Damit besteht ohne besondere Regelungen die Gefahr, dass ein Steuerpflichtiger vor Realisierung seiner stillen Reserven seinen Wohnsitz in ein anderes Land verlagert (europarechtlich höchst bedenklich, die vergleichbare französische Regelung[67] ist europarechtswidrig).

Aus diesem Grunde wurde § 6 AStG durch das "Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG)" geändert und bei Wegzug innerhalb der EU bzw. des EWR eine zinslose Stundung der anfallenden Steuer (bis zur tatsächlichen Veräußerung der Beteiligung oder einer Wohnsitzverlegung in ein Land außerhalb der EU bzw. des EWR) eingeführt.

 

Rz. 121

Das Außensteuergesetz verfolgt das Ziel, der sog. Steuerflucht durch Wegzug in Steueroasen oder Niedrigsteuergebiete entgegenzuwirken. Daher unterliegen gem. § 2 AStG auch Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen über den Rahmen des § 49 EStG hinaus der Steuerpflicht,

wenn

ein deutscher Staatsangehöriger
in den letzten zehn Jahren mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war,
in einem Niedrigsteuergebiet ansässig ist und
im Inland wesentliche wirtschaftliche Interessen hat.

Der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegen damit alle Einkünfte, die nicht als inländische Einkünfte. i.S.d. § 49 EStG anzusehen sind, die aber bei unbeschränkter Steuerpflicht keine ausländischen Einkünfte i.S.d. § 34d EStG wären.

Dazu gehören insbesondere

Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die weder einer inländischen noch einer ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind,
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von beweglichem Vermögen im Inland, sofern dies nicht zu einem im Ausland belegenen Sachinbegriff gehört und
Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn der Schuldner unbeschränkt steuerpflichtig ist.
 

Rz. 122

 

Hinweis

Eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht liegt dann nicht vor, wenn die Einkünfte aus der erweiterten und einfachen beschränkten Steuerpflicht 16.500 EUR im Veranlagungszeitraum für jeden Ehegatten nicht überschreiten (Bagatellgrenze).

[67] EuGH v. 11.3.2004 – C 9/02 (Lasteyne du Saillant).

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