Rz. 28

Beratungshilfe wird einem Rechtssuchenden nach § 1 BerHG gewährt, soweit ihm die Wahrnehmung seiner Rechte im außergerichtlichen Verfahren aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sonst nicht möglich ist. Der Antrag kann vor der Beauftragung eines Rechtsanwaltes oder nachträglich über diesen gestellt werden. Zuständig ist in jedem Fall das Amtsgericht, in dem der Rechtssuchende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dies ist in der Regel das für seinen Wohnort zuständige Amtsgericht. Wird Beratungshilfe nachträglich beantragt, muss der Antrag auf nachträgliche Bewilligung gemäß § 6 Abs. 2 BerHG binnen einer Frist von vier Wochen seit Annahme des Mandats über den beauftragten Rechtsanwalt beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden.

 

Rz. 29

 

Praxistipp

Es empfiehlt sich unbedingt, die Frist von vier Wochen im Kalender zu notieren und diese auch zu wahren. Es handelt sich um eine Ausschlussfrist, bei deren Versäumung der Antrag nicht mehr bei Gericht gestellt werden kann.

 

Rz. 30

Das nachträgliche Antragsverfahren ist zweistufig und damit deutlich aufwändiger als nach altem Recht. Zunächst muss binnen Frist dem Grunde nach Beratungshilfe beantragt werden. In einem nächsten, zweiten Schritt kann dann die Abrechnung erfolgen.

 

Rz. 31

Wird die Bewilligung der Beratungshilfe durch das Gericht abgelehnt, wird der Rechtssuchende Kostenschuldner. Hierauf ist er vor der Mandatsannahme hinzuweisen. In der Regel hat dann allerdings schon eine Beratung oder Vertretung stattgefunden. Es kann dann schwierig bis fast unmöglich werden, Gebührenansprüche im Nachhinein durchzusetzen.

 

Rz. 32

 

Praxistipp

Bereits bei der Terminsvergabe sollte der Rechtssuchende auf die Möglichkeit der Beantragung von Beratungshilfe verwiesen werden. Es sollte ihm nahegelegt werden, vor der Beratung bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amtsgericht einen Beratungshilfeschein zu beantragen. Diesen kann er dann zur Beratung mitbringen und muss lediglich noch den Eigenanteil von 15,– EUR gemäß § 44 Satz 2 RVG selbst tragen. Sollte ihm kein Berechtigungsschein gewährt werden, muss der Rechtsanwalt die für seine Tätigkeit entstandenen Gebühren abrechnen. Dies weiß der Mandant dann aber bereits, bevor er den Rat erhält. Indem die Beantragung vor die Mandatsannahme geschaltet wird, wird daher nicht nur der Mandant vor unliebsamen Überraschungen geschützt.

 

Rz. 33

Von besonderem Interesse, gerade bei Mandaten im Familienvermögensrecht, ist die Aufhebung der Bewilligung der Beratungshilfe nach § 6a Abs. 2 BerHG. Danach kann der Rechtsanwalt die Aufhebung der Bewilligung der Beratungshilfe beantragen, wenn der Rechtssuchende aufgrund der Beratung oder Vertretung etwas erlangt hat und aufgrund dessen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe nicht mehr erfüllt sind. Sollten daher bereits außergerichtlich Vermögenswerte realisiert werden können, steht der Weg offen, unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen nach dem RVG, die Wahlanwaltsvergütung zu liquidieren. Voraussetzung nach § 6a Abs. 2 BerHG ist es, dass noch keine Beratungshilfevergütung beantragt wurde und der Mandant bei der Mandatsübernahme auf die Möglichkeit der Antragstellung und die Aufhebung der Bewilligung sowie auf die sich nach der Vergütung nach § 8a Abs. 2 BerHG ergebenden Folgen in Textform hingewiesen wurde.

 

Rz. 34

 

Formulierungsbeispiel

Ich wurde bei Erteilung des Mandats nach § 6a BerHG durch Herrn/Frau RA(in) … auf Nachfolgendes hingewiesen:

Der RA/die RAin (…) kann die Aufhebung der Bewilligung von Beratungshilfe beantragen, wenn ich aufgrund der Beratung oder Vertretung etwas erlange und aufgrund dessen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe nicht mehr erfülle. Im Falle der Aufhebung bin ich verpflichtet, die Vergütung des Rechtsanwalts nach den allgemeinen Vorschriften des RVG zu zahlen. Ich wurde vor Übernahme des Mandats gemäß § 49b Abs. 5 BRAO darauf hingewiesen, dass sich die zu erhebenden Gebühren dann nach dem Gegenstandswert richten.

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