a) Ausgangslage

 

Rz. 359

Bei einer Abfindung ist entscheidend, ob diese familienrechtlich als Ersatz für ein nach Verlust des Arbeitsverhältnisses erzieltes geringeres Einkommen herangezogen wird oder als Vermögen im Zugewinn zu berücksichtigen ist. Dies hat erhebliche Auswirkungen, da im Falle einer Scheidung eine Prognose zu erfolgen hat, ob stichtagsbezogen auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages die vorhandene Abfindung auf den zukünftigen Unterhalt zu verwenden ist oder als Vermögensbestandteil das Endvermögen erhöht und bei einem erzielten höheren Zugewinn auszugleichen wäre.

b) Rechtliche Grundlage

 

Rz. 360

Ein Anspruch auf eine Abfindung wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses besteht nur, wenn ein Sozialplan nach § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG abgeschlossen worden ist, wenn nach §§ 9 und 10 KSchG das Arbeitsgericht einem Auflösungsantrag folgt oder durch Abschluss einer individuellen Vereinbarung (Abfindungsvergleich). Eine Besonderheit stellt die Kündigung nach § 1a KSchG dar, dabei wird eine betriebsbedingte Kündigung mit der Zahlung einer Abfindung von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Beschäftigungsjahr verbunden, unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer gegen die Kündigung keine Klage erhebt.

c) Abfindungshöhe

 

Rz. 361

Die jeweilige Begründung der Höhe einer Abfindung ist unterschiedlich. Bei einem Sozialplan sollen die wirtschaftlichen Nachteile, die ausdrücklich auch mögliche Einkommensminderung mit umfassen, ausgeglichen werden. Bei einer Auflösungsabfindung nach §§ 9 und 10 KSchG, die gerechtfertigt ist, wenn die Kündigung zwar als rechtswidrig festgestellt wird, es aber dem Arbeitnehmer und in begrenztem Umfang auch dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis weiter fortzuführen, stehen neben dem Lebensalter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit auch der Sanktionscharakter im Vordergrund. Bei einer Abfindung durch außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleich wird faktisch das jeweilige Prozessrisiko einer angestrebten oder bereits erhobenen Kündigungsschutzklage bewertet (Lohnverzugsrisiko bei dem Arbeitgeber bei einem verlorenen Prozess).

d) Pauschaler Ausgleich/Steuerliche Aspekte

 

Rz. 362

Bei einer Sozialplan-, einer Auflösungsabfindung oder einer Abfindung durch Vergleich wird arbeitsrechtlich nicht zwischen Gehaltsersatzfunktion zur Aufstockung des Arbeitslosengeldes oder eines zukünftigen geringeren Einkommens und dem Ausgleich sonstiger sozialer Nachteile unterschieden. Hierbei wird auf die Definition des BAG verwiesen, wonach eine Abfindung einen pauschalen Ausgleich für Vermögens- und Nichtvermögensschäden wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt.[268]

 

Rz. 363

Es wird arbeitsrechtlich durchgängig vermieden, die Abfindung betragsmäßig in einen Teil Lohnersatzfunktion zur Aufstockung des Nettobetrages von Arbeitslosengeld oder geringerem Verdienst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und in einen Vermögensteil aufzuteilen, um die steuerliche Begünstigung nach § 24 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 und 2 EStG ("sog. Fünftelregelung") oder sogar die Sozialversicherungsfreiheit der Abfindungszahlung nicht zu gefährden.

 

Rz. 364

Wichtig ist zudem, dass die Abfindung als Hauptentschädigungsleistung in einem Betrag, jedoch in jedem Fall in einem Veranlagungszeitraum gezahlt wird, damit die steuerliche Begünstigung durch die "Fünftelregelung" greift. Bei der "Fünftelregelung" wird der Einkommensteuerbetrag ohne die Abfindung ermittelt; nachfolgend die Einkommensteuer mit der Erhöhung von einem Fünftel der Abfindung berechnet und sodann der steuerliche Differenzbetrag mit fünf multipliziert.[269]

 

Rechenbeispiel

Bruttogehalt 36.000 EUR, Abfindung 40.0000 EUR : 5 = 8.000 EUR

Steuerberechnung 36.000 EUR = Ergebnis / Steuerberechnung 36.000 EUR + 8.000 EUR = Ergebnis Differenz x 5 = Einkommensteuerbetrag nach der Fünftelregelung

 

Rz. 365

Damit liegt es auf der Hand Regelungen zu treffen, bei denen die Abfindung erst dann auszuzahlen ist, wenn das zu versteuernde Einkommen möglichst gering ist, also im Regelfall bei zu erwartender Arbeitslosigkeit. Die Vereinbarung einer Fälligkeit erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist möglich. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Ende des Jahres kann es sinnvoll sein zu vereinbaren, dass die Abfindung erst im nächsten Jahr ausgezahlt wird, wenn in dem kommenden Jahr mit Arbeitslosigkeit gerechnet wird.[270] Es ist jedoch dringend zu empfehlen, aufzunehmen, dass der Anspruch auf Abfindung bereits mit dem Abschluss der Vereinbarung entstanden und vererblich ist.

 

Praxistipp

Die Abfindung ist mit Abschluss dieser Vereinbarung entstanden und vererblich, wird jedoch erst fällig mit dem ... und wenn rechtlich möglich nach §§ 24 Nr. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 und 2 EStG zu versteuern.

 

Rz. 366

Eine Verteilung der Abfindung auf mehrere Veranlagungszeiträume ist jedoch steuerschädlich.[271] Es ist somit nicht zu empfehlen, eine Abfindung auf mehrere Jahre zu verteilen, um die steuerlichen Auswirkungen zu minimieren.

[268] BAG, Urt. v. 12.6.2003 – 8 AZR 341/02, AP BGB § 628 Nr. 16.
[269] OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.9.2013 – 15 U...

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