Rz. 193

Bereits seit geraumer Zeit ist anerkannt, dass bei einer Betriebsänderung neben dem klassischen Sozialplan gem. § 112 BetrVG auch ein Tarifsozialplan zwischen der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft und dem Unternehmen abgeschlossen werden kann. Ein Tarifsozialplan ist also ein Tarifvertrag, der nicht in der Fläche wirkt, sondern ein besonderer Fall eines Firmentarifvertrages mit dem die Nachteile aus einer konkreten Betriebsänderung ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Für den Abschluss derartiger firmenbezogener Tarifverträge zur Regelung von Abfindungen kann auch gestreikt werden.[236] Somit dürfen typische Sozialplaninhalte wie z.B. Abfindungen, Qualifizierungsmaßnahmen, Verlängerung von Kündigungsfristen, befristeter Ausschluss von Kündigungen, befristete Standortsicherung, Einrichtungen von einer Transfergesellschaft etc. zu Tarifforderungen gemacht werden und ggf. durch Arbeitskampfmaßnahmen erstreikt werden. Lediglich in den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit darf nicht eingegriffen werden.[237] Jedoch sind die Streikforderungen nicht nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu überprüfen, so dass auch Forderungen vorgebracht werden können, die in ihrer Gesamtheit so hoch sind, dass die damit vom Arbeitgeber beabsichtigte Betriebsänderung deutlich erschwert oder sogar gänzlich verunmöglicht werden würde.[238]

 

Rz. 194

 

Hinweis

Da der Tarifsozialplan Wirksamkeit nur für die tarifgebundenen Arbeitnehmer entfalten kann, ist parallel mit dem Betriebsrat ein Sozialplan gem. § 112 BetrVG abzuschließen. Da in aller Regel die Auseinandersetzungen um den Tarifsozialplan parallel zu den Gesprächen über Interessenausgleich und Sozialplan geführt werden, sollte versucht werden, mit dem Unternehmen Einvernehmen darüber zu erzielen, dass die weiteren Gespräche so lange zurückgestellt werden, bis der Sozialtarifvertrag abgeschlossen ist. Sodann kann der betriebliche Sozialplan dessen Regelungen auf betrieblicher Ebene abbilden.

[237] DKKW/Däubler, § 111 BetrVG, Rn 17.

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