Bankkundin falsch beraten: Immobilienfonds ungeeignet

Die Risikoeinstufung und damit die Geeignetheit von offenen Immobilienfonds für sicherheitsbewusste Anleger wird derzeit lebhaft diskutiert. Mit einem von der Einlagensicherung gesicherten Festgeld sind offene Immobilienfonds jedenfalls nicht vergleichbar, so das LG Stuttgart. 

Eine Bankkundin wollte insgesamt 20.000 EUR anlegen mit einem Anlagehorizont von fünf Jahren oder mehr. Bei ihrem Risikoprofil gab sie an, dass Sicherheit und Liquidität für sie eine größere Rolle spielten als die Renditeerwartung. 

Bankkundin hält sich für falsch beraten 

Der Anlageberater der Bank empfahl, das Geld in gleichen Tranchen auf vier Anlagen zu streuen: einem Aktienfonds und einem Zinszertifikat – beides Risikoklasse 3, einem offenen Immobilienfonds und Termingeld auf drei Jahre – beides Risikoklasse 1. Die Bankkundin setzte diese Empfehlungen um, hielt sich im Nachhinein aber für falsch beraten, was den offenen Immobilienfonds anging. Gegen die beklagte Bank machte sie einen Schadensersatzanspruch aus dem Beratungsvertrag geltend. 

Gericht: empfohlener offener Immobilienfonds passt nicht zur Anlagestrategie der Kundin 

Das LG Stuttgart stellte fest, dass ein Beratungsvertrag zwischen Bank und Bankkundin zustande gekommen war, da das beklagte Kreditinstitut die Situation der Klägerin in persönlicher und vermögenstechnischer Sicht ermittelt und auf dieser Grundlage eine Anlageempfehlung erarbeitet habe. Zudem befand das Gericht, dass die Bank die Pflicht aus dem Beratungsvertrag verletzt habe, weil die Empfehlung eines offenen Immobilienfonds nicht in die für die Klägerin entwickelte Anlagestrategie passte. 

Festgeld und Immobilienfonds: unterschiedliche Risiken trotz identischer Risikoklasse 

Da zwei Anlageprodukte eine höhere Risikoklasse aufwiesen, habe die in Sachen Kapitalanlage unerfahrenen Klägerin davon ausgehen dürfen, dass der offene Immobilienfonds der Risikoklasse 1 im Risiko dem Festgeld entspreche. So würde ein ausgewogenes Risikoverhältnis der Anlagen mit zwei risikoreicheren und zwei risikoarmen Produkten erreicht. 

Die Empfehlung des offenen Immobilienfonds sei für dieses Ziel aber ungeeignet gewesen. Ein offener Immobilienfonds sei im Werterhalt nicht so sicher wie Festgeld, das der Einlagensicherung unterliege.  

Zu den Risiken von offenen Immobilienfonds führte das Gericht weiter aus: 

  • Ein offener Immobilienfonds unterliegt einem Wertschwankungsrisiko. 
  • Die Werte der im Fonds enthaltenen Immobilien können sich im Zeitverlauf auch negativ entwickeln. 
  • Es besteht immer die Möglichkeit, dass das Fondsmanagement wirtschaftlich nachteilige Kauf- oder Verkaufsentscheidungen trifft oder treffen muss. 

Auf die konkrete Situation des offenen Immobilienfonds im Zeitpunkt der Anlageentscheidung – Februar 2023 – komme es deshalb gar nicht an.

Die Bankkundin habe einen Anspruch gegen das Kreditinstitut in Höhe des investierten Geldes, einschließlich der Verwaltungsgebühr, so das Gericht. Allerdings habe sie keinen Anspruch auf einen möglicherweise entgangenen Gewinn, weil nicht hinreichend konkret dargelegt worden sei, welche Alternativanlage die Klägerin anstelle des offenen Immobilienfonds getätigt hätte. 


(LG Stuttgart, Urteil v. 15.5.2025, 12 O 287/24) 


Schlagworte zum Thema:  Recht, Urteil