Es gibt inzwischen eine Reihe vielversprechender Technologien, von denen die additive Fertigung hier abschließend näher betrachtet werden soll. Bei additiver Fertigung existieren Waren oder Vorprodukte zunächst nur digital in Form von 3D-Modellen und können wie Musik und Software be- und gehandelt sowie flexibel an Problemstellungen angepasst werden. Erst zum Zeitpunkt des unmittelbaren Bedarfs werden diese 3D-Modelle ortsunabhängig mit standardisierten Verfahren in physische Objekte umgewandelt. Additive Technologien ermöglichen es, kleinere Mengen maßgeschneiderter Produkte mit relativ geringen Kosten und folgenden Vorteilen gegenüber herkömmlicher Fertigung herzustellen[1]:

  • es besteht außer 3D-Druckern kein Bedarf an Werkzeugen,
  • kleine Produktionsserien lassen sich wirtschaftlich herstellen,
  • Änderung am Produkt sind flexibel und schnell möglich,
  • komplizierte Geometrien werden bei Produkten möglich, die in der bisherigen Fertigung entweder Spezialwerkzeuge und komplizierte Prozessketten erfordern oder so zum Teil gar nicht produzierbar sind,
  • es entsteht bis zu 90 % weniger Materialabfall.

Additive Fertigung hat damit das Potenzial für einfachere Lieferketten mit kürzeren Vorlaufzeiten bei geringeren Lagerbeständen und ermöglicht eine völlig veränderte Lieferkette (Abbildung 6).[2]

Abb. 6: Verkürzung der Lieferkette durch digitale physische Produkte (DPP)

Amazon hat Patente für ein System angemeldet, bei dem mit Hilfe von 3D-Druckern auf LKW maßgeschneiderte Bestellungen bei Kunden ausgeliefert werden. Damit will Amazon die Verfügbarkeit für Waren sichern, die in kleineren Mengen nachgefragt werden, ohne dafür einen Lagerbestand anzulegen. Lin Kayser[3] sieht industrielle additive Fertigung als Kernelement einer digitalen Fabrikation, bei der eine automatisierte Produktion an beliebigen Orten ohne Mengenbegrenzung erfolgen kann. Ein Beispiel dafür sind Mikrochips, die seit den 70er Jahren digital von Algorithmen generiert werden, um sie dann prinzipiell überall lokal physisch fertigen zu können.

Wird dieser Ansatz konsequent weitergedacht und umgesetzt, ist sogar eine mobile Produktion in kleinen dezentralen Einheiten vorstellbar – resistent gegen äußere Einflüsse und Disruptionen. Damit werden Lieferketten deutlich kürzer und robuster, die aktuellen Chip- und Ersatzteilprobleme der Automobilindustrie wären leicht lösbar. Mit DPP ergeben sich jedoch neben den noch bestehenden technischen Problemen auch viele noch ungeklärte juristische Fragen wie insbesondere die Handhabung von Eigentums- und Nutzungsrechten an den 3D-Modellen.

[2] Die Kette ist idealtypisch dargestellt. Bei einigen Produkten muss noch nachgearbeitet werden (z. B. Grat entfernen bzw. werden Einleger zur Stabilisierung benötigt).

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