ZPE 2019: Künstliche Intelligenz auf der Podiumsdiskussion

Künstliche Intelligenz, kurz KI, lautete eines der Buzzwords auf der Zukunft Personal Europe 2019. Zahlreiche Software-Hersteller warben bereits mit KI-Lösungen. So sollen die selbstlernenden Algorithmen beispielsweise Recruitern helfen, bessere Kandidaten auszuwählen. Doch wie weit ist die Technologie wirklich? Wo kann sie untersützen und wo handelt es sich um Etikettenschwindel? Diesen Fragen ging das Personalmagazin in zwei Podiumsdiskussionen nach.

Ist der Einsatz von KI im Recruiting eine intelligente Wahl? Diese Frage diskutierte Matthias Haller, Redakteur beim Personalmagazin mit Vertretern aus Wissenschaft, Entwicklung und Praxis auf der Zukunft Personal Europe. Mirjam Ferrari, Vice President HR Marketing & Recruiting bei der Deutschen Post AG, interessiert dabei besonders ein Anwendungsfall: Masseneinstellung. "Wir stellen für das Weihnachtsgeschäft 10.000 neue Mitarbeiter ein. Eine KI kann uns helfen, eine bessere Vorsortierung zu treffen", sagte Ferrari. Bei der Auswahl von White-Collar-Workern setzt die Deutsche Post derzeit noch keine selbstlernenden Algorithmen ein, arbeitet jedoch bereits an neuen Lösungen.

KI im Recruiting: Valide Personalauswahl überhaupt möglich?

Doch auch bei solchen Ansätzen – bei denen es darum geht, möglichst viele Stellen effizient und sinnvoll zu besetzen – sei die Validität der Auswahlverfahren von zentraler Bedeutung, sagte Uwe P. Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie mit Schwerpunkt auf Personaldiagnostik. Bei vielen automatisierten Verfahren könne aber diese Validität nicht überprüft oder nachgewiesen werden. „Man kauft die Katze im Sack, ohne zu wissen ob überhaupt ein Tier drin ist,“ meinte Kanning.

Dirk Burkamp von IBM warb hingegen für einen differenzierten Blick: Die Validität sei wichtig, maßgeblich sei jedoch nicht KI als Technologiekomplex, sondern einzelne Softwarelösungen. Diese müssten jeweils validiert werden und könnten dann sehr wohl bessere Entscheidungen herbeiführen. IBM selbst biete verschiedene KI-unterstützte Lösungen an, die Personalentscheidungen oder Entscheidungen seitens der Bewerber unterstützten können – aber niemals selbst Entscheidungen vorgeben oder treffen.

Personalauswahl ist nicht einziges Einsatzgebiet

Während Kanning die Diskussionsrunde mit der Empfehlung schloss, aktuell keine KI-Lösungen in der Personalauswahl einzusetzen, meinte Burkamp, dass die Technologie in vielen Lebensbereichen bereits so weit verbreitet sei, dass man sich auch im Recruiting der Entwicklung nicht verschließen könne. Ferrari sagte bereits zu Beginn der Runde, dass für sie die größten Hoffnungen in der Automatisierung von administrativen Aufgaben liegen.

Die ethische Debatte um den Einsatz von neuen Technologien im Personalwesen, insbesondere von künstlicher Intelligenz wurde bereits im Frühjahr vom Ethikbeirat HR Tech durch die Veröffentlichung von zehn Richtlinien angestoßen. "Wer explizit definiert, was ethisch richtig ist, definiert implizit auch, was falsch ist. Das befürchten Anwender von Tools: Bin ich böse, wenn ich Software XY anwende?! Hierüber müssen wir sprechen," meinte Scheller auf einem Podium mit Jachim Diercks von Cyquest, Inga Hältmann und Michael Kramarsch, der die Ethikrichtlinien vorstellte. Das Podium am Mittwochnachmittag ging der Frage nach, was sich HR von solchen Forderungen versprechen kann. Unter den Teilnehmern herrschte weitgehend Konsens, die Debatte wurde begrüßt.

Debatte um künstliche Intelligenz wird begrüßt

Moderator und Herausgeber des Personalmagazins, Reiner Straub, musste deshalb tief schürfen, um dennoch unterschiedliche Meinungen zu Tage zu fördern, beispielsweise hinsichtlich der Zielsetzung, die solche Richtlinien verfolgen können. Reichen die Ethikrichtlinien um die öffentliche Meinungsbildung so weit voranzutreiben, dass sich Unternehmen schon aus wirtschaftlichen Gründen mit den jeweiligen Fragestellungen auseinandersetzen müssen, wie Scheller meint? Denn ähnliches sei bei der Klimadebatte – Stichwort Flugscham – heute bereits der Fall. Kramarsch hingegen wünscht sich, dass sich Anbieter und international agierende Konzerne letztlich den Forderungen anschließen und die Richtlinien unterschreiben. Grundsätzliche Kritik an der Debatte und an dem Inhalt der Richtlinien wird von keinem der Anwesenden geäußert.


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Haufe Online Redaktion