Kienbaum People Convention 2025

Vom Business Partner zum Business Accelerator


Kienbaum People Convention: HR als Business Accelerator

Das Meer am Standort Deutschland ist stürmisch, aber: "HR kann die Welle reiten." Mit diesem Statement appellierte Walter Jochmann an HR, die Resilienz der Unternehmen voranzubringen. Doch dafür muss sich die Personalfunktion neu positionieren. Wie, beschrieb der Managing Director und Partner von Kienbaum in seiner "Rede zur Lage der HR Nation".

Unter dem Motto "Standort Deutschland 25" ging es auf der diesjährigen Kienbaum People Convention um drei grundlegende Fragen: Was bedeuten die enormen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen für die Unternehmen? Welchen Beitrag kann HR für die Wettbewerbsfähigkeit leisten? Wie müssen Leadership und Leistungskultur neu gedacht werden?

Antworten lieferten neben dem geschäftsführenden Gesellschafter Fabian Kienbaum große Namen aus den Personal-Vorstandsetagen in Deutschland: Dr. Virginia Bastian (Roche Germany), Thomas Wessel (Evonik), Dr. Katharina Herrmann (Hubert Burda Media), Dr. Astrid Fontaine (Schaeffler), Dr. Michael Moser (Fresenius), Gunnar Kilian (Volkswagen) und Caroline Hanke (SAP). Sie legten dar, wie sich ihre Unternehmen transformieren und was HR dazu beiträgt, wie die Mitarbeitenden und Führungskräfte mitgenommen werden, wie sie ihre Workforce anpassen und wie Skillmanagement durchführen.

Diese Themen zogen sehr viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. 2.600 Personen hatten sich zur People Convention Serie angemeldet, zu der die virtuelle People Convention sowie weitere virtuelle Sessions gehören. Das waren etwas weniger als im Vorjahr, das einen Anmelde-Rekord von 3.600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern verzeichnete.

Die Rolle von HR in der Transformation

Die Einführung in die Thematik gab traditionell Kienbaum Managing Director und Partner Prof. Dr. Walter Jochmann in seiner "Rede zur Lage der HR Nation". Und er zeichnete kein positives Bild der aktuellen Situation in Deutschland, mit Blick auf Kriege und steigende Arbeitslosenzahlen. "Das Thema Angst ist real geworden", meinte er, aber es gebe auch Zeichen des Neuaufbruchs. "Vielleicht ist das eine neue Realität, auf die Unternehmen und die Personalbereiche eine Antwort finden müssen."

Wie kann diese aussehen? Die grundlegende Antwort lautet "Transformation". Laut Kienbaum HR-Strategie Studie 2025 steht bei vielen Unternehmen die Weiterentwicklung des Organisations- und Steuerungsmodells auf der Agenda, gefolgt von gravierenden IT- und Digitalisierungsprojekten, der Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen mit Portfoliooptimierung. An vierter Stelle geht es um Programme zu Unternehmenskultur, Purpose und Leadership. Und hier kommt HR als Treiber mit ins Spiel. "Wenn man mit HR-Experten redet, ist völlig klar: Wenn ich transformiere, ist das Gewinnen, Qualifizieren, Kommunizieren gegenüber den Belegschaften entscheidend", so Jochmann.

Wir haben Arbeitsaufträge, die über das Entwickeln und Ausrollen von Personalkonzepten hinausgehen.

Aktuell hat HR mit zahlreichen Themen zu kämpfen. An erster Stelle steht der Fachkräftemangel, der trotz der aktuellen Wirtschaftslage zahlreiche Berufe betrifft. Zudem müssen Arbeitgeber vorsichtig agieren, um das Arbeitgeberimage und die Wirksamkeit der Recruitingkanäle nicht zu gefährden. Personalkosten, Fehlzeiten und Mitarbeiterbindung sind ebenfalls weit vorn auf der Agenda. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Lern- und Veränderungsbereitschaft von Führungskräften. "Das heißt, wir haben Arbeitsaufträge, die über das Entwickeln und Ausrollen von Personalkonzepten hinausgehen", sagte Jochmann. "Die Frage ist, wie wir die Lösungsorientierung und Geschäftsnähe von HR stärken können."

Vom Business Partner zum Business Accelerator

Darauf ist HR nicht allzu gut vorbereitet. Mit "Es geht so", fasst Jochmann die aktuelle Lage der Personalfunktion in den Unternehmen zusammen. "Wir entwickeln uns nicht weiter", sagt er. Das Upskilling der Personalfunktion vollziehe sich nur in sehr kleinen Schritten. Nur die Hälfte der Studienteilnehmer erfüllten die Rahmenbedingungen, Business Partner/Business Enabler zu sein. Darüber hinaus sei klar erkennbar, dass HR nicht schlanker wird, trotz aller Bemühungen, Aktivitäten und Digitalisierung. "40 Prozent der HR-Kapazitäten liegen im administrativen Bereich, der uns allerdings in der Geschäftsentwicklung nicht weiterbringt", so Jochmann. Dagegen seien lediglich fünf Prozent der HR-Kapazitäten mit Architekten- und Scientist-Rollen besetzt. "Aus unserer Sicht müssen es mindestens 15 Prozent sein, damit der digitale Umbau in dieser transaktionalen HR-Funktion gelingen kann", appellierte er.

40 Prozent der HR-Kapazitäten liegen im administrativen Bereich, der uns allerdings in der Geschäftsentwicklung nicht weiterbringt.

Ein weiterer Appell: HR muss die Digitalisierung in den Unternehmensbereichen stärker begleiten, durch Skillmanagement-Aktivitäten. Aber aktuell engagierten sich nur 35 Prozent der HR-Bereiche in diesem Themenfeld, so Jochmann: "Das muss anders werden, ansonsten verpassen wir die Züge, die wirklich wichtig sind für die Unternehmensentwicklung."

Wie kann eine zielführende Weiterentwicklung von HR aussehen? Wie kann der Personalbereich zu einem Business Accelerator werden, der die Transformation begleitet und einen wirklichen Mehrwert schafft? Laut Jochmann liegt die Lösung nicht darin, ein neues Organisationsmodell zu erfinden. Das Säulenmodell von Dave Ulrich sei weiterhin eine gute Grundlage. Wichtig sei ein Skill-Shift. "Wir werden keine beratungs- und technologieorientierte HR-Funktion mit Menschen, die primär HR-Expertise mit sich bringen", so Jochmann. "Wir brauchen 30 oder 40 Prozent Menschen in HR, die nicht aus HR kommen, sondern aus Technologie und Geschäft."

Neue Rollen im Personalbereich

Darüber hinaus ist es sinnvoll, auf Basis des Säulenmodells weiter Rollen einzuführen, zum Beispiel Product Owner, die komplett für die Organisation das Produkt eines digitalen Leadership-Assistenten, eines Chatbots oder eines Onboarding Days gestalten – über alle Personalprozesse hinweg. Weitere Rollen sind Solution Owner, die Risiken wie das Fehlzeiten- oder Personalkostenmanagement über das gesamte Unternehmen hinweg betreuen, sowie Prozess Owner, wie es sie zum Beispiel für den Recruiting-Prozess gibt.

Jochmanns Empfehlungen auf dem Weg zum Business Accelerator: "Als erstes können wir unabhängig von der Organisation diese Rollen platzieren – als Second Layer Modell – und als zweite Zündungsstufe eine verantwortliche Person je Geschäftsmodell definieren." So könne eine enge und tiefe Zusammenarbeit entstehen, mit starker Wirkung. Sein Fazit mit Blick auf die stürmische See Deutschland: "Ich bin davon überzeugt, dass HR die Welle reiten kann. Ich glaube, dass die Antwort nicht die Suche nach einem Nachfolgemodell von Dave Ulrich ist, sondern ein Empowerment durch eine duale Matrix, indem wir weitere Rollen auf die HR-Funktion legen."

Die Schlüsselrolle von HR nutzen  

In der anschließenden Fragerunde mit Reiner Straub, Herausgeber des Personalmagazins, ging es unter anderem um die Frage: Ist die Lage besser als die Stimmung? Denn die Kienbaum HR-Strategie Studie 2025 lieferte ein viel besseres Bild als Verbände oder Wirtschaftsjournalisten berichten. Laut Jochmann kann ist das mit Blick auf die Unternehmen durchaus anzunehmen. Allerdings fehle bei den Transformationsaktivitäten der Unternehmen vielfach der Einfluss der HR-Bereiche – und zwar nicht nur mitmachend, sondern gestaltend.

Künstliche Intelligenz war natürlich auch ein Thema auf der Kienbaum People Convention. Über "KI und die Zukunft der Arbeit" sprach Prof. Dr. Katharina Hölzle, Leiterin des Instituts für Arbeitswissenschaft IAT der Universität Stuttgart sowie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Auch sie rief die Vertreterinnen und Vertreter des Personalbereichs zu mehr Aktivität auf: "HR kommt eine Schlüsselrolle bei der Einführung von KI zu. Nehmen Sie diese Rolle wahr und nutzen Sie sie." Das betreffe sowohl die Schulung der Mitarbeitenden als auch die kulturelle Veränderung im Unternehmen. Denn mit der Zeit steige nicht nur die Zustimmung der Beschäftigten, sondern auch die Lust, KI einzusetzen.


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