Das Jahr 2025 war für HR ein schwieriges Jahr, in der Industrie sogar schlimmer als das Corona-Jahr 2020. Peter Leibinger, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), sprach vor wenigen Tagen von der "schwersten Wirtschaftskrise in der Nachkriegszeit" und beobachtet in den Unternehmen eine Stimmung, die "extrem negativ, teils regelrecht aggressiv" sei. Aus der HR-Community hat sich niemand so drastisch wie der BDI-Präsident geäußert; die Töne sind hier konzilianter, doch die Stimmung ist auch hier gedämpft.
Rückkehr der goldenen Handschläge
In der Industrie haben die HR-Bereiche derzeit gewaltige Kosten- und Personalabbauprogramme zu schultern, die häufig über "sozialverträgliche" Freiwilligenprogramme laufen. Es werden goldene Handschläge verteilt, statt Brücken in andere Beschäftigung zu bauen. Man schaut auf die Vorteile des eigenen Betriebs; negative Auswirkungen auf Gesellschaft und Volkswirtschaft nimmt man in Kauf. Fast alle CHROs, mit denen ich gesprochen habe, sind sich dessen bewusst; viele engagieren sich in der Allianz der Chancen. Es gibt Pilotprojekte für "von Arbeit in Arbeit", doch bestimmend bleibt, dass arbeitsfähige und gut qualifizierte Menschen in den Ruhestand geschickt werden.
Für so manchen CHRO enden solche Prozesse auch bitter. Gunnar Kilian beispielsweise hatte dem Betriebsrat mit der Vereinbarung "Zukunft Volkswagen" den Abbau von 35.000 Arbeitsplätzen in Deutschland abgerungen, was diesen zur "Retourkutsche" veranlasste: Kilian musste im Sommer nach getaner Arbeit gehen, da der Betriebsrat die Zustimmung zu seiner Vertragsverlängerung verweigerte.
MAGA läuft ins Leere
Die Angriffe der MAGA-Bewegung auf Diversitäts-Initiativen sorgten in HR für große Beunruhigung. International tätige Konzerne wie die Telekom sind im US-Geschäft der Direktive der US-Regierung gefolgt, haben aber in Deutschland am bisherigen Kurs festgehalten. Einzig die SAP hat sich hierzulande blamiert und wurde in der "Heute Show" vorgeführt. Die Charta der Vielfalt verzeichnete in diesem Jahr ein Mitgliederwachstum. Und auch das "Inklusionsbarometer Arbeit 2025", das Ende November veröffentlicht wurde, zeigt: Die Betriebe leiten kein "Rollback" ein; Diversität bleibt ein wichtiges Thema für die HR-Bereiche.
Bei der Diversität herrscht Konsens; eine Polarisierung der Debatten brachte hingegen der Umgang mit der Wirtschaftskrise. Die "Hard-Work-Gruppe" steht der "Good-Work-Gruppe" gegenüber. Während die einen wieder auf klassische Instrumente wie Leistungsbeurteilung, Zielvereinbarungen, Rückkehr ins Office und straffere Führung setzen, wird das von den anderen reflexhaft und kategorisch als "Managementmethode aus dem letzten Jahrhundert" abgelehnt. Der Glaube an Innovationskraft durch Empowerment, Shared Leadership und offene Unternehmenskultur ist ungebrochen. Der kulturelle Graben zwischen den Gruppen ist tief; die Mehrheit in HR steht im Good-Work-Lager und tut sich schwer damit, sich inhaltlich mit den Argumenten der Gegenseite auseinanderzusetzen. Es prallen Grundüberzeugungen aufeinander.
Die neuen Benchmarks in HR
Auch die Benchmarks für gute Personalarbeit haben sich in diesem Jahr weiter verschoben: Früher setzten die Unternehmen der Autobranche die Standards; in diesem Jahr spielten sie bei den Preisverleihungen (Deutscher Personalwirtschaftspreis, HR Excellence Awards, CHRO of the Year) keine Rolle mehr. Maßstäbe setzen zunehmend Unternehmen der IT- und Technologiebranche; auch Handel und Dienstleistung holen stark auf. Mit Julia Bangerth hat die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) erstmals eine Vertreterin der IT-Branche und des Mittelstandes zur Vorstandsvorsitzenden gewählt; zudem ist mit Infineon ein zweites IT-Unternehmen im Vorstand vertreten. Das zeigt den Wandel deutlich.
Zu wenig Tempo bei KI
Und was waren die Zukunftsthemen? Die HR-Bereiche standen unter Kostendruck, haben aber gleichzeitig weiter in die Digitalisierung investiert, wie Jens Bender in seinem Konjunkturbarometer 2025 berichtet. Das ist die positive Botschaft. Treiber der Entwicklung war Künstliche Intelligenz (KI); neun von zehn Betrieben sehen hier große Zukunftschancen. KI war auch das dominierende Thema auf den HR-Konferenzen. Das Interesse am Thema war groß, doch die meisten Betriebe befinden sich noch in einer Experimentierphase. Einige wenige, wie Infineon, Allianz oder Schwarz, sind bereits in der Umsetzungsphase und bauen mit Hilfe von KI neue HR-Prozesse. HR braucht hier mehr Entschlossenheit und Tempo.
Falsche Debatten
2025 war für HR insgesamt ein Jahr des Stillstandes. Ein zu großer Teil der HR-Community wehrt die harten und unangenehmen Themen ab, verliert damit an Standing in mancher Unternehmensführung. Statt über Wege aus der Wirtschaftskrise zu diskutieren, kommen wieder Debatten über "No HR" oder den Platz "am Entscheidertisch" hoch. Damit tut sich HR keinen Gefallen. Sichtbar wird damit nur die Verunsicherung, die die Wirtschaftskrise auch in der HR-Community verbreitet hat.
Über den Autor: Reiner Straub ist Herausgeber des Personalmagazins und schreibt über die Themen Management, Human Resources, Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt und Bildung. Er führt Gespräche mit Meinungsbildnern aus der Unternehmenspraxis, der HR-Szene und der Wissenschaft und beobachtet die Marktentwicklung.