Straubs Seitenblick

Wie HR am Wort des Jahres 2025 mitgeschrieben hat


Serienelemente
Straubs Seitenblick: KI-Ära ist Wort des Jahres

Was bewegt die HR-Community? Reiner Straub, Herausgeber des Personalmagazins, widmet sich in einer neuen Serie aktuellen Personalthemen. In dieser Folge schreibt er darüber, warum es eine gute Nachricht ist, dass "KI-Ära" zum Wort des Jahres 2025 gekürt wurde.

"KI-Ära" wurde zum Wort des Jahres 2025 gewählt. Darüber können wir uns freuen. Doch wie kam es dazu und was zeichnet die KI-Ära eigentlich aus?

Am Sprachgebrauch lässt sich manchmal ganz gut ablesen, wie es um das Bewusstsein einer Person oder eines Landes bestellt ist. Nachdem die Gesellschaft für deutsche Sprache noch im Vorjahr "Ampel-Aus" zum Wort des Jahres gewählt hatte, machte sie allen klar: Das Jahr war vom politischen Streit und Stillstand geprägt, der Ausgang war wenig erfreulich. In diesem Jahr wählten die Sprachfürsten nun "KI-Ära" zum Wort des Jahres. Der Begriff setzte sich gegen "Deal" durch, dem Lieblingswort von Donald Trump, das offenbar auch hierzulande Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat. Zum Glück gewann nicht diese Import-Ware.

Die Aufklärungsarbeit zu KI zahlt sich aus

Nun also KI-Ära – für uns alle ist das eine erfreuliche Nachricht, eine Art Lohn für unsere Aufklärungsarbeit, die wir in diesem Jahr geleistet haben. Es waren gerade die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft, die Präsentationen erstellt, Statements verfasst und Mitteilungen verschickt haben, immer mit der Botschaft: KI ist wichtig für unsere Wirtschaft, für unsere Arbeit, für HR, für jeden von uns. KI ist ein Gamechanger. Auch die HR-Verantwortlichen haben einen großen Anteil daran. An den Messeständen der Personalmessen war das ablesbar, die ganze Software- und Dienstleiterbranche ist auf dem KI-Trip und will Unternehmen helfen, beim KI-Einsatz voranzukommen.

Jetzt hat uns die Gesellschaft für deutsche Sprache ganz offiziell attestiert: Unsere Aufklärungsarbeit war erfolgreich, die Botschaft ist angekommen: Wir leben in der KI-Ära! Ich bin wirklich erleichtert und weiß, dass ich ab heute in keiner Präsentation mehr sagen muss, wie wichtig KI ist.

Deutschland ist gut in die KI-Ära gestartet

Doch was heißt das eigentlich, was zeichnet eine "Ära" aus? Schauen wir doch im Duden nach. Dort steht: Eine Ära ist ein "durch eine Person oder Sache geprägtes Zeitalter." Sehr viel schlauer macht diese Antwort nicht. Dann nähern wir uns über die Umgangssprache. Es gibt die "Merkel-Ära", in der wir alle durch eine boomende Wirtschaft und ein umsichtiges Krisenmanagement gut gelebt haben, aber deren Schattenseiten wir heute ausbaden können. Es gab die "Internet-Ära", in der Briefe durch E-Mails ersetzt wurden, E-Commerce entstand und der PC zum Mittelpunkt vieler Jobs wurde.

Doch was bringt uns die KI-Ära? Wir wissen das noch nicht, haben aber eine Ahnung. Zunächst einmal sind wir in Deutschland ziemlich gut in die KI-Ära gestartet. Bei der Nutzung von Chat GPT liegen wir in Europa auf Platz eins, weltweit sind wir unter den Top drei. Wir sind doch keine Technikmuffel, wie das so häufig beschrieben wird, sondern offenbar begeisterungsfähig für neue Technologien.

Die Bevölkerung hat ein realistisches Bild von KI

Wir Deutsche haben auch schon eine Vorstellung davon, wo die guten und die schlechten Seiten liegen. Wir erwarten laut einer aktuellen Yougov-Umfrage große Fortschritte in der Medizin, der Kriminalitätsbekämpfung und im Verkehr – allerdings auch negative Auswirkungen auf Medien, Partnersuche und Jobsicherheit. Auch hier zeigen wir Deutschen uns von der besten Seite: Die Bevölkerung hat ein realistisches Bild, das sich nicht groß von dem der Experten unterscheidet. Ist das jetzt alles zu positiv? Warum habe ich nicht darüber geklagt, dass uns die Amerikaner und Chinesen bei KI abhängen und wir mal wieder hinterherhinken. Oder dass unsere Bevölkerung bereits von KI-Ära spricht, obwohl die epochalen Veränderungen erst am Anfang stehen?

In der Unternehmerschaft und auch der Wirtschaftspublizistik dominieren gegenwärtig die finsteren Töne. Während früher Umweltbewegungen die Apokalypse ausmalten, kommt das derzeit viel zu häufig aus der Wirtschaft. Wir neigen zu Extremen, überhören die Zwischentöne. Bei KI gibt es auch Anlass für Zuversicht. Wir gehören in der KI-Forschung zur Weltspitze, die Bevölkerung verfügt – wie eben beschrieben – über ein realistisches Bild und die Politik hat sich in den letzten Wochen verstärkt um das Thema gekümmert.

Jetzt liegt es auch an den Unternehmen, die Experimentierphase zu verlassen und KI in die Anwendung zu bringen – nicht nur in den Büros, auch in den Fabriken, auf den Straßen und in den Krankenhäusern. Das Arbeitsprogramm für 2026 lautet deshalb: Auf Aufrufe, wie wichtig KI sei, können wir verzichten, es geht ums Anpacken und die Umsetzung von KI-Projekten. Das ist eine anspruchsvolle und herausfordernde Gestaltungsaufgabe für das neue Jahr, die viele Konflikte mit sich bringen wird. Aber es ist eine Aufgabe, mit der wir das Land und die Betriebe voranbringen und unsere Jobs zukunftssicher machen können.


Über den Autor: Reiner Straub ist Herausgeber des Personalmagazins und schreibt über die Themen Management, Human Resources, Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt und Bildung. Er führt Gespräche mit Meinungsbildnern aus der Unternehmenspraxis, der HR-Szene und der Wissenschaft und beobachtet die Marktentwicklung.

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