Nach § 31 Abs. 1 BBiG besitzt in den Fällen des § 30 Abs. 2 und 4 BBiG auch derjenige die für die fachliche Eignung erforderlichen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, der die Voraussetzungen für die Anerkennung seiner Berufsqualifikation nach der RL 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen erfüllt, sofern er eine angemessene Zeit in seinem Beruf praktisch tätig gewesen ist.

Angesichts der Tatsache, dass der Meisterbrief im Handwerk erst den vollen Zugang zur eigenverantwortlichen Berufsausübung eröffnet, bestand besonders auch im Handwerk die nicht ganz unberechtigte Sorge, die EU-weit einzigartig hohen Qualifikationsanforderungen in der Bundesrepublik könnten vor dem Hintergrund der "meisterfreien" Berufsausübung im übrigen Europa zerstört und der qualifikatorische Maßstab des deutschen Handwerks durch minder qualifizierte Ausländer unterwandert werden.

Im Zusammenwirken mit der EU-weiten Niederlassungs- und Berufsfreiheit wurden "Schmalspur-Handwerker" befürchtet, mit allen sich daraus ergebende Risiken auch für die Abnehmer handwerklicher Leistungen. Insbesondere die Gruppe der 41 zulassungspflichtigen Handwerke nach § 1 Abs. 1 HwO sah sich einer ausufernden "Billiglohn-Konkurrenz" ungeahnten Ausmaßes ausgesetzt.

6.1 EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

Die RL 2005/36/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 7.9.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen[1] trifft detaillierte Regelungen dazu, wie die im Heimatland oder einem Drittland (also z.  B. Schweiz, Norwegen, USA) erworbenen Berufsabschlüsse EU-weit den Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnen sollen. Auf diese EU-Richtlinie nimmt § 31 BBiG Bezug, ohne aber die Inhalte der Richtlinie in ihren wesentlichen Bezügen abzubilden.

In insgesamt 44 Erwägungsgründen (also einer Art "juristischem Vorwort") beschreibt die EU die wesentlichen Motive und Inhalte der dann nachfolgenden Regelungen. Nach Nr. 3 der Erwägungsgründe gibt die Richtlinie Personen, die ihre Berufsqualifikationen in einem Mitgliedstaat erworben haben, Garantien hinsichtlich des Zugangs zu demselben Beruf und seiner Ausübung und seiner Ausübung in einem anderen Mitgliedstaat unter denselben Voraussetzungen wie Inländern. Sie schließt jedoch nicht aus, dass der Migrant nicht diskriminierende Ausübungsvoraussetzungen, die dieser Mitgliedstaat vorschreibt, erfüllen muss, soweit diese objektiv gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.

Unter Nr. 15 der Erwägungsgründe heißt es dann weiter dazu: Da die Mindestanforderungen an die Ausbildung für die Aufnahme und Ausübung der unter die allgemeine Regelung fallenden Berufe nicht harmonisiert sind, sollte der Aufnahmemitgliedstaat die Möglichkeit haben, eine Ausgleichsmaßnahme vorzuschreiben. Diese Maßnahme sollte dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und insbesondere die Berufserfahrung des Antragstellers berücksichtigen. Weiter heißt es: Die Erfahrung zeigt, dass die Möglichkeit, dem Migranten nach seiner Wahl einen Anpassungslehrgang vorzuschreiben, hinreichende Garantien hinsichtlich seines Qualifikationsniveaus bietet, so dass jede Abweichung von dieser Wahlmöglichkeit in jedem Einzelfall durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein müsste.

[1] ABl. L 255/22 v. 30.9.2005.

6.2 Geltungsbereich und Wirkung der Richtlinie

Nach Art. 2 Abs. 1 der EU-Vorschrift gilt die Richtlinie für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates, die als Selbstständige oder abhängig Beschäftigte, einschließlich der Angehörigen der freien Berufe, einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihre Berufsqualifikation erworben haben, ausüben wollen.

§ 31 Abs. 2 BBiG sieht weiterhin vor, dass die Anerkennung (= Akzeptanz der Gleichwertigkeit von EU-ausländischer mit deutscher Berufszulassungsregel) unter den in Art. 14 der Richtlinie aufgeführten Voraussetzungen davon abhängig gemacht werden kann, dass der (nichtdeutsche) Antragsteller zunächst einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang ableistet oder eine Eignungsprüfung ablegt.

6.3 Anpassungslehrgang

Die Definition des "Anpassungslehrgangs" und damit der Maßstab für das, was in Deutschland maximal in dieser Beziehung gefordert werden darf, enthält Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der EU-Richtlinie.

Der "Anpassungslehrgang" ist demzufolge die Ausübung eines reglementierten Berufs, die in dem Aufnahmemitgliedstaat unter der Verantwortung eines qualifizierten Berufsangehörigen erfolgt und gegebenenfalls mit einer Zusatzausbildung einhergeht. Der Lehrgang ist Gegenstand einer Bewertung. Die Einzelheiten des Anpassungslehrgangs und seiner Bewertung sowie die Rechtsstellung des beaufsichtigten zugewanderten Lehrgangsteilnehmers werden von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates festgelegt.

Die Rechtsstellung des Lehrgangsteilnehmers im Aufnahmemitgliedstaat, insbesondere im Bereich des Aufenthaltsrechts sowie der Verpflichtungen, sozialen Rechte und Leistungen, Vergütungen und Bezüge wird von den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaates gemäß dem geltenden Gemeinschaftsrecht festgelegt.

Die Vorschrift des § 31...

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