Rz. 44

Abs. 4 Satz 1 regelt den Mindestbetrag des monatlichen Elterngeldes. Er wird auch als sog. "Sockelbetrag"[1] bezeichnet und beläuft sich auf 300 EUR monatlich. Der Mindestbetrag ist unabhängig von Einkommen und Bedürftigkeit. Er wird grds. an alle Berechtigten gezahlt, jedoch nur subsidiär und nicht zusätzlich zum einkommensabhängigen Elterngeld nach Abs. 1-3. Es handelt sich beim Mindestbetrag um eine staatliche Fürsorgeleistung, die weder durch andere Ersatzleistungen verdrängt wird (§ 3 Abs. 2 BEEG), noch bei der Berechnung von anderen Sozialleistungen und Unterhaltsansprüchen zur Anrechnung führt (§§ 10 und 11 BEEG); außer bei Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und nach § 6a BKGG (§ 10 Abs. 5 Satz 1 BEEG), es sei denn, der Elterngeldberechtigte war vor der Geburt des Kindes[2] erwerbstätig (§ 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG[3]). Der Mindestbetrag als sog. Grundstockelterngeld stellt eine Anerkennung der Erziehungs- und Betreuungsleistung des Elternteils durch den Gesetzgeber dar.[4] Dennoch ist der Mindestbetrag steuerpflichtiges und steuerbares Einkommen[5] und damit bspw. bei der Berechnung des Unterhaltshöchstbetrages gem. § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG in vollem Umfang zu berücksichtigen.[6]

 

Rz. 45

Der Mindestbetrag ist damit eine zusätzliche finanzielle Unterstützung, die insbesondere zur Anwendung kommt, wenn

  • im maßgeblichen Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes (Abs. 1 Satz 3) kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wurde, wie Abs. 4 Satz 2 ausdrücklich hervorhebt,
  • das im maßgeblichen Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit so gering ist, dass es trotz Anhebung nach Abs. 2 zu keinem Elterngeld führt, das mindestens 300 EUR beträgt,
  • das nach der Geburt des Kindes erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit nahezu unverändert dem erzielten Einkommen vor der Geburt entspricht,
  • das Erwerbseinkommen unverändert fortbesteht,
  • bei Besserverdienenden selbst unter Anwendung des Abs. 3 kein oder nur ein geringerer Anspruch auf Teilelterngeld besteht.
 

Rz. 46

Der Mindestbetrag bezieht sich nur auf das Elterngeld nach Abs. 1-3. Die Zuschläge nach § 2a BEEG können den Mindestbetrag allerdings aufstocken. Auch § 4 BEEG findet Anwendung[7], was zur Folge hat, dass auch das in den Partnermonaten zustehende Elterngeld auf den Mindestbetrag von 300 EUR angehoben wird, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes zwar erwerbstätig war, das erzielte Einkommen aber so gering war, dass sich nach Abs. 1-3 ein geringeres Elterngeld ergeben würde. Umgekehrt wird allerdings der Mindestbetrag beim Elterngeld Plus halbiert[8], was dem Konzept des Elterngeld Plus entspricht, denn dieses basiert darauf, dass es doppelt so lange bezogen werden kann, dafür aber in der Höhe halbiert wird[9].

 

Rz. 47

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1: Mindestbetrag

Hat ein Elterngeldberechtigter aus einer geringfügigen Tätigkeit vor der Geburt des Kindes monatlich durchschnittlich lediglich 250 EUR an Erwerbseinkommen erzielt, steigt zwar der Prozentsatz des Abs. 1 Satz 1 von 67 % nach Abs. 2 auf 100 %. Dem Berechtigten wird aber kein errechnetes Elterngeld i. H. v. 250 EUR bewilligt. Er erhält vielmehr nach Abs. 4 den Mindestbetrag an Elterngeld i. H. v. 300 EUR.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2: Mindestbetrag

Hat ein Elterngeldberechtigter vor der Geburt des Kindes durchschnittlich monatlich 400 EUR an Erwerbseinkommen erzielt und nimmt er ab dem 7. Lebensmonat des Kindes eine Teilzeittätigkeit auf, aus der er ein durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen i. H. v. 200 EUR erzielt, beläuft sich das Elterngeld in den ersten 6 Lebensmonaten nach Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 auf 388 EUR (97 % von 400 EUR) und vom 7. Lebensmonat an auf den Mindestbetrag nach Abs. 4 i. H. v. 300 EUR, weil das nach Abs. 3 errechnete Elterngeld lediglich 194 EUR (97 % der Differenz zwischen 400 EUR und 200 EUR) betragen würde.

[1] Vgl. bspw.: Brose/Weth/Volk/Brose, 9. Aufl. 2020, § 2 BEEG, Rz. 54; Ross/Bieresborn/Grösslein-Weiß, 2. Aufl. 2020, § 2 BEEG, Rz. 19.
[2] Zur Frage wie die Voraussetzung ‹vor der Geburt› der Rückausnahmeregelung des § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG zu verstehen sein könnte, vgl. SG Stralsund, Urteil v. 10.4.2019, S 7 AS 147/17, juris, Rz. 22-24.
[3] Zur Verfassungsmäßigkeit der Berücksichtigung des Mindestelterngeldes als Einkommen beim Kinderzuschlag: BSG, Urteil v. 26.7.2016, B 4 KG 2/14 R, BSGE 122,11, SozR 4-5870 § 6a Nr. 7, Rz. 16-45, NZS 2017, 28 ff., juris, Rz. 16-45, mit zustimmender Anmerkung von: Schneider, NZS 2017, 34, 35. Zur Verfassungsmäßigkeit der Berücksichtigung des Mindestelterngeldes als Einkommen beim Arbeitslosengeld II vgl.: BSG, Urteil v. 1.12.2016, B 14 AS 28/15 R, juris, Rz. 22-36 sowie BSG, Urteil v. 26.7.2016, B 4 AS 25/15 R, juris, Rz. 13 als obiter dictum. Aus sozialpolitischer Sicht kritisch hierzu: Geene, ArchsozArb 2019, 40, 42 (Verfestigung von Verarmungstendenzen). Aus verfassungsrechtlicher und rechtsphilosophischer Sicht kritisch hierzu: Beaucamp, NZS 2021, 745, 749.
[4] Vgl. BSG, Ur...

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