Rz. 22

Grundsätzlich hätten nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. D. h. während der Dauer des Verfahrens (Widerspruchs- und/oder Klageverfahren) kann der Bescheid nicht vollzogen werden. Abweichend hiervon ordnet § 13 Abs. 2 ausdrücklich an, dass dem Widerspruch und der Anfechtungsklage in Angelegenheiten nach §§ 1-12 BEEG keine aufschiebende Wirkung zukommt. Damit handelt sich es um eine Regelung, nach der die aufschiebende Wirkung (Suspensiveffekt) von Widerspruch und Klage entfällt (§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG).

 

Rz. 23

Praktische Bedeutung hat die Regelung bei der Rücknahme oder Aufhebung der Bewilligung von Elterngeld sowie bei der Anordnung von Erstattungspflichten (§§ 44-48, 50 SGB X). Anwendung findet die Vorschrift z. B. in folgenden Konstellationen: War einem Berechtigten im ursprünglichen Bescheid mehr zugestanden worden, als er tatsächlich zu beanspruchen hatte, kann diese Rechtsposition mit Wirkung für die Zukunft oder – unter qualifizierten Voraussetzungen – auch für die Vergangenheit entzogen und ggf. Erstattung der zu viel bezogenen Leistung angeordnet werden (Entziehung oder Herabsetzung des Elterngelds, Aufhebungs- und Erstattungsbescheid[1]). Ohne die Regelung des § 13 Abs. 2 dürften Berechtigte, nachdem ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergangen ist, gegen den sie Widerspruch erhoben haben, die Leistung weiterhin im bisherigen Umfang beziehen und müssten (zunächst) keine Erstattung leisten. Dies würde dazu anreizen, Widerspruch und Klage zu erheben, um während der Dauer des Verfahrens die Leistung weiter zu beziehen oder zunächst nicht erstatten zu müssen. Dem wirkt die Regelung des Abs. 2 entgegen, wonach den Rechtsbehelfen keine solche aufschiebende Wirkung zukommt.

 

Rz. 24

Nicht gemeint sind dagegen die Fälle, in denen ein Berechtigter überhaupt oder höhere Leistungen nach §§ 1-12 BEEG erhalten will. Insoweit ist eine Leistungsklage zu führen (§ 54 Abs. 4 SGG). Auch bei einer vorläufigen Zahlungseinstellung nach §§ 26 Abs. 2 BEEG, 331 Abs. 1 SGB III[2] hat die Regelung keine Bedeutung. Die vorläufige Zahlungseinstellung ist eine rein tatsächliche Maßnahme (Realakt), die einem VA vorausgeht (vgl. auch § 331 Abs. 2 SGB III). Widerspruch und Anfechtungsklage sind gegen den sich anschließenden VA statthaft, der aber keine aufschiebende Wirkung hat.

 

Rz. 25

Aufgrund des § 13 Abs. 2 werden Leistungen ab Bekanntgabe eines Entziehungs- oder Herabsetzungsbescheids auf das nun bestimmte Niveau reduziert, Erstattungsbeträge sind alsbald zur Zahlung fällig. Dass der Adressat des Bescheids Widerspruch oder Anfechtungsklage erhebt, ändert hieran nichts. Der Bescheid bleibt trotz des Rechtsbehelfs vollziehbar. Mit der Regelung wird das Risiko der zuständigen Behörde reduziert, dass sich eine Rückforderung später als schwer vollstreckbar oder uneinbringlich erweist. Andererseits trägt der Berechtigte das Risiko, dass eine ihm zustehende Leistung nicht zeitgerecht erbracht wird. Wenn sich nämlich im Verfahren herausstellt, dass die Herabsetzung usw. der Leistung rechtswidrig war, erhält er die Leistung zwar nachgezahlt und ggf. verzinst, kann aber erst zu einem späteren Zeitpunkt über die Mittel verfügen.

[1] Vgl. auch Hissnauer, § 26 BEEG, Rz. 8 f.
[2] Dazu Hissnauer, § 26 BEEG, Rz. 12 f.

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