Rz. 14

Um die Chancengleichheit aller im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer beim Bemühen um ihr berufliches Fortkommen oder um den Erhalt des Arbeitsplatzes durch Qualifizierung zu wahren, gewährt § 98 Abs. 3 BetrVG dem Betriebsrat ein Vorschlagsrecht bezüglich der Teilnahme von Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern an berufsbildenden Maßnahmen. Dieses – wegen § 98 Abs. 4 BetrVG – erzwingbare Mitbestimmungsrecht greift in folgenden Fällen:

  • Durchführung betrieblicher Maßnahmen der Berufsbildung
  • Freistellung für außerbetriebliche Maßnahmen der Berufsbildung
  • Vollständige oder teilweise Kostentragung des Arbeitgebers für die Teilnahme an Maßnahmen der Berufsbildung, sofern der Arbeitgeber sich grundsätzlich zur Kostenbeteiligung bereit erklärt hat[1]

Das Beteiligungsrecht nach § 98 Abs. 3 und 4 BetrVG setzt voraus, dass der Betriebsrat zuvor eigene Vorschläge für die Person der Teilnehmer unterbreitet hat; die Belegschaftsvertretung kann sich nicht darauf beschränken, der vom Arbeitgeber getroffenen Auswahl zu widersprechen (BAG, Beschluss v. 20. 4.2010, 1 ABR 78/08[2]). Hiervon unberührt bleibt aber das Entscheidungsrecht des Arbeitgebers, ob eine Maßnahme und mit wie vielen Teilnehmern sie durchgeführt wird, welches Ausbildungsziel mit der Maßnahme verfolgt wird und inwieweit der Arbeitgeber die Kosten der Maßnahme trägt. Ferner gilt zu beachten, dass ein Mitbestimmungsrecht regelmäßig wegen § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG nicht besteht, wenn ein Verlagsunternehmer beabsichtigt, einen Redakteur zu einer Berufsbildungsmaßnahme zu entsenden (BAG, Beschluss v. 30.5.2006, 1 ABR 17/05).

 

Rz. 15

Der Arbeitgeber bestimmt – wie dargelegt – die Anzahl der Teilnehmer. Die Teilnehmerauswahl unterliegt dem Mitbestimmungsrecht, sofern der Betriebsrat auch tatsächlich Vorschläge hinsichtlich der Teilnehmer unterbreitet (BAG, Beschluss v. 8.12.1987, 1 ABR 32/86[3]).

 
Hinweis

Das Mitbestimmungsrecht des § 98 Abs. 3 BetrVG ist zwingend an Vorschläge des Betriebsrats gebunden. Ohne Vorschläge der Arbeitnehmervertretung obliegt die Teilnehmerauswahl für berufsbildende Maßnahmen allein dem Arbeitgeber.

Schlagen Arbeitgeber und Betriebsrat mehr Arbeitnehmer vor als tatsächlich Plätze für eine Maßnahme vorhanden sind und können sich die Betriebspartner im Rahmen einer Beratung nach § 97 BetrVG nicht einigen, entscheidet die Einigungsstelle verbindlich über die Teilnehmer unter Berücksichtigung der in § 96 Abs. 2 BetrVG verankerten Grundsätze. Nach herrschender Meinung erwächst einem ausgewählten Arbeitnehmer aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle ein Individualanspruch gegen den Arbeitgeber auf Teilnahme bzw. Freistellung und/oder Übernahme der Teilnahmekosten[4].

[1] ErfK/Kania, § 98 Rz. 15.
[2] NZA 2010, 902.
[3] NZA 1988, 401.
[4] Fitting, § 98 Rz. 34.

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