1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift entspricht § 35 BetrVG und regelt die Aussetzung von Beschlüssen des BR durch die JAV. Eine Befugnis, ihre eigenen Beschlüsse auszusetzen, hat die JAV nicht, allerdings kann sie die von ihr gefassten Beschlüsse wieder aufheben. Dies geht jedoch nur, solange die aufzuhebenden Beschlüsse noch nicht nach außen, insbesondere auch gegenüber dem BR, wirksam geworden sind.[1]

 

Rz. 2

Die Regelung des § 66 BetrVG gilt gem. § 73 Abs. 2b bzw. § 73b Abs. 2 BetrVG für die GesJAV und die KJAV.

[1] Fitting/Schmidt u. a., § 66 BetrVG Rz. 1.

2 Verfahren

2.1 Aussetzungsantrag

 

Rz. 3

Voraussetzung für die Aussetzung eines BR-Beschlusses ist ein entsprechender Antrag. Antragsberechtigt ist die JAV.

 

Rz. 4

Dem Aussetzungsantrag der JAV vorausgehen muss ein entsprechender Beschluss dieses Gremiums, einen Aussetzungsantrag zu stellen. Dieser Beschluss muss mit absoluter Mehrheit gefasst werden.[1]

 

Rz. 5

Im Aussetzungsantrag ist eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten geltend zu machen. Deshalb dürfte eine Aussetzung nur in Fällen in Betracht kommen, die die jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten "überwiegend" oder "besonders" i. S. d. § 67 BetrVG betreffen. Liegt eine "überwiegende" Betroffenheit vor, ist mithin die gesamte JAV nach § 67 Abs. 2 BetrVG stimmberechtigt[2], setzt der Aussetzungsantrag voraus, dass die Mehrheit der JAV gegen den BR-Beschluss, der ausgesetzt werden soll, gestimmt hat.[3] In Fällen, in denen die jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten "besonders" betroffen sind und deshalb gem. § 67 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die gesamte JAV ein Teilnahmerecht an den Sitzungen des BR hat, setzt der Aussetzungsantrag voraus, dass die JAV mehrheitlich erhebliche Bedenken gegen den vom BR zur Abstimmung gestellten Beschluss geltend gemacht hat.[4]

 

Rz. 6

Der Aussetzungsantrag kann formlos, also auch mündlich gestellt werden.

 

Rz. 7

Eine Antragsfrist ist ebenfalls nicht vorgesehen, zumindest nicht ausdrücklich. Allerdings ergibt sich eine Frist aus der Tatsache, dass der BR-Beschluss nur für eine Woche, gerechnet ab der Sitzung, in der er gefasst worden ist, ausgesetzt werden kann. Demzufolge kann der Aussetzungsantrag auch nur innerhalb einer Woche nach Beschlussfassung gestellt werden, anderenfalls ginge er ins Leere.[5] Wird der Antrag bereits in der BR-Sitzung, in der der auszusetzende Beschluss gefasst wurde, gestellt, ist dieser Antrag in der Niederschrift über die BR-Sitzung aufzunehmen.[6] Ein Aussetzungsantrag kann nicht mehr gestellt werden, wenn der Beschluss bereits durchgeführt ist, unabhängig davon, ob die Wochenfrist (s. o.) abgelaufen ist oder nicht.[7]

 

Rz. 8

Der Antrag ist grundsätzlich an den Vorsitzenden des BR zu richten. Er kann jederzeit zurückgenommen werden. In diesem Fall wird das Aussetzungsverfahren beendet.

[1] Fitting/Schmidt u. a., § 66 BetrVG Rz. 3.
[2] S. dazu unten Kommentierung zu § 67 BetrVG.
[3] Fitting/Schmidt u. a., § 66 BetrVG Rz. 4 m. w. N.
[4] Fitting/Schmidt u. a., § 66 BetrVG Rz. 4.
[5] Richardi/Annuß, § 66 BetrVG Rz. 6.
[6] Fitting/Schmidt u. a., § 66 BetrVG Rz. 3.
[7] Richardi/Annuß, § 66 BetrVG Rz. 5.

2.2 Aussetzung

 

Rz. 9

Wurde ein ordnungs- und fristgemäßer Aussetzungsantrag gestellt, ist der entsprechende Beschluss auszusetzen. Konkret bedeutet dies, dass der Beschluss für die angegebene Dauer nicht durchzuführen ist; der Beschluss wird also lediglich suspendiert, nicht aufgehoben.

 

Rz. 10

Die Aussetzung hat für die Dauer von einer Woche, gerechnet ab der BR-Sitzung, in der der Beschluss gefasst worden ist, zu erfolgen. Diese Frist kann grundsätzlich nicht verkürzt werden, es sei denn, die Angelegenheit wird noch während des Laufs der Frist einvernehmlich geregelt.

 

Rz. 11

Während der Dauer der Aussetzung soll eine Verständigung zwischen der Mehrheit im BR und den Antragstellern herbeigeführt werden. Zu den Verhandlungen können die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften von den Parteien unterstützend herangezogen werden. Eine Einschaltung der Gewerkschaften aus eigenem Recht scheidet dagegen aus.[1]

 

Rz. 12

Ist der Aussetzungsantrag offensichtlich unbegründet, ist er nicht zu berücksichtigen, der entsprechende Beschluss also nicht auszusetzen.

[1] Richardi/Annuß, § 66 BetrVG Rz. 8.

2.3 Erneute Beschlussfassung

 

Rz. 13

Nach Ablauf der Wochenfrist hat der BR erneut über die Angelegenheit zu beschließen, und zwar darüber, ob der alte Beschluss aufgehoben, abgeändert oder aufrechterhalten werden soll. Mithin ist Gegenstand der Beschlussfassung nicht der ursprüngliche Antrag, sondern der angegriffene Beschluss.[1] Durch die erneute Beschlussfassung wird das Aussetzungsverfahren abgeschlossen.

 

Rz. 14

Wird der angegriffene Beschluss vom BR bestätigt, kann ein erneuter Aussetzungsantrag nicht gestellt werden, und zwar weder von den ursprünglichen Antragstellern noch von anderen Antragsberechtigten.[2]

 

Rz. 15

Wird der angegriffene Beschluss vom BR in einzelnen Punkten modifiziert, ansonsten aber im Wesentlichen bestätigt, ist ein erneuter Aussetzungsantrag ebenfalls nich...

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