Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. innerer Zusammenhang. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Zivil- und Katastrophenschutz. Jugendzeltlager. Nachwuchsförderung und -pflege

 

Leitsatz (amtlich)

Teilnehmer an einem Jugendzeltlager eines Vereines des Zivil- und Katastrophenschutzes (hier: DLRG) können auch dann gegen Arbeitsunfall versichert sein, wenn es sich um eine bloße Jugendfreizeit handelt, die nicht mit Lehrgängen oder sonstigen Ausbildungsmaßnahmen verbunden ist, aber der Nachwuchsförderung und -pflege dient.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 08.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2007 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Unfall des Klägers vom 04.06.2006 um einen Arbeitsunfall handelte.

3. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger bei einem Unfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Der zum damaligen Zeitpunkt 11 Jahre alte Kläger erlitt während einer Pfingstfreizeit der DLRG N., deren Mitglied er ist, einen Unfall, als er eine Mineralwasserflasche, die ihm zugeworfen wurde, nicht auffangen konnte, diese ihm ins Gesicht flog und er sich dadurch an der Lippe und an einem Zahn verletzte.

In der Einladung der DLRG N. zu der Pfingstfreizeit hieß es, es werde von Samstag, den 03. Juni 2006, bis zum Montag, den 05. Juni 2006, ein Zeltlager durchgeführt. Dabei gebe es jede Menge Spiel und Spaß, wie beispielsweise eine Nachtwanderung, Lagerfeuer, Spiele und vieles mehr. Teilnahmeberechtigt seien Kinder und Jugendliche der DLRG N. und der DLRG A. zwischen 8 und 14 Jahren. Die Teilnehmerzahl sei auf 20 begrenzt.

Die Bundesgeschäftsstelle der DLRG teilte der Beklagten am 19.07.2006 mit, der Unfall des Klägers habe sich nicht während einer Schwimmausbildung ereignet. Die Pfingstfreizeit falle in den Bereich der jungendpflegerischen Maßnahmen. Der Bundesverband der Unfallkassen habe in einem Rundschreiben vom 15.07.1991 den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 12 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) für Kinder vom vollendeten 10. Lebensjahr an bei der Teilnahme an jugendpflegerischen Tätigkeiten, die die DLRG-Jugend als Jugendorganisation neben den reinen Ausbildungs- und Übungsmaßnahmen durchführt, bejaht.

Durch Bescheid vom 08.12.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls des Klägers vom 04.06.2006 als Arbeitsunfall ab.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 15.02.2007 zurück. Zur Begründung führte sie aus, Tätigkeiten zur Pflege des Gemeinschaftslebens seien zwar grundsätzlich als den spezifischen Belangen und Interessen von Kindern gerecht werdender Teil der Ausbildung in der Hilfeleistungsorganisation aufzufassen, soweit es sich um eine offizielle Veranstaltung des Vereins handele. Voraussetzung für den Versicherungsschutz sei jedoch, dass die Teilnahme an jugendpflegerischen Tätigkeiten neben reinen und somit versicherten Ausbildungs- und Übungsmaßnahmen der Hilfeleistungsorganisation erfolge. Versicherungsschutz bestehe daher nicht für diejenigen Kinder und Jugendlichen, die nicht an einer Rettungsschwimmerausbildung teilnähmen. Im Bereich der DLRG dürften Kinder frühestens ab dem 12. Lebensjahr an einer Rettungsschwimmerausbildung teilnehmen. Da der Kläger zum Unfallzeitpunkt das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe, sei ihm die Teilnahme an einer Rettungsschwimmerausbildung nicht erlaubt, sodass in diesem Alter auch die Teilnahme an der von der DLRG organisierten Pfingstfreizeit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.

Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben.

Er trägt vor, das Bundessozialgericht (BSG) habe in ständiger Rechtsprechung einen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII auch dann bejaht, wenn Unfälle sich bei organisatorischen und verwaltenden Tätigkeiten, bei Übungen, Dienstsport, Werbemaßnahmen und sogar bei gesellschaftlichen Veranstaltungen ereignet hätten. Die im ehrenamtlichen Bereich tätigen Hilfeleistungsunternehmen hätten traditionell Kinder und Jugendliche in Jugendabteilungen, um Nachwuchs heranzubilden. Die Pflege des Gemeinschafslebens im Kinder- und Jugendbereich diene der Förderung des Nachwuchses und damit den Zwecken des Unternehmens. Unfälle bei der Pflege des Gemeinschaftslebens im Nachwuchsbereich stünden daher im notwendigen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Im Übrigen treffe der Vortrag der Beklagten nicht zu, dass die Rettungsschwimmerausbildung erst ab dem 12. Lebensjahr stattfinden könne. Lediglich für die Ablegung der Prüfungen sei das Erreichen des 12. Lebensjahres Voraussetzung. Die eigentliche Ausbildung könne aber auch schon früher beginnen. Wenn Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr bei der Teilnahme an einem Fußballturnier versichert seien (SG Detmold vom 22.05.2002, Az.: S 14 U 56/01), müsse dies erst recht für Teilnehm...

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