Rz. 4

Während § 1 Abs. 1 den sachlichen Anwendungsbereich beschreibt, legt § 1 Abs. 2 den persönlichen Anwendungsbereich fest. Das EFZG gilt für alle Arbeitnehmer. Nach § 1 Abs. 2 sind dies Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

 

Rz. 5

Die Regelung des § 1 Abs. 2 definiert den Begriff des Arbeitnehmers aber nur scheinbar, denn er gibt keine Hilfestellung für die Antwort auf die Frage, wie Arbeitnehmer und selbstständig Tätige voneinander abzugrenzen sind. § 1 Abs. 2 setzt vielmehr den allgemeinen Begriff des Arbeitnehmers voraus, wie er in der Rechtsprechung entwickelt worden ist. Arbeitnehmer ist hiernach, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen gegen Entgelt zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (vgl. BAG, Urteil v. 24.3.2004, 5 AZR 233/03; BAG, Urteil v. 20.8.2003, 5 AZR 610/02[1]). Daran hat sich auch durch die Einführung des § 611a BGB (Arbeitsvertrag) nichts geändert. Nach § 611a BGB wird der Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.

 

Rz. 6

Der Arbeitnehmer schuldet im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur die Erbringung seiner Arbeitsleistung, nicht aber einen bestimmten Arbeitserfolg. Sieht die vertragliche Verpflichtung die Herbeiführung eines bestimmten Arbeitsergebnisses (Erfolgs), z. B. die Herstellung oder die Verschaffung eines Werks (Errichtung eines Gebäudes, Erstattung eines Gutachtens etc.) vor, handelt es sich in der Regel um einen Werkvertrag i. S. d. §§ 631 ff BGB, nicht aber um einen Arbeitsvertrag.

 

Rz. 7

Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem freien Dienstverhältnis i. S. d. § 611 Abs. 1 BGB ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit. Die persönliche Abhängigkeit ist nicht gleichbedeutend mit wirtschaftlicher Abhängigkeit, sondern folgt aus der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. Bei Personen, die in wirtschaftlicher Abhängigkeit für einen anderen Dienste leisten, handelt es sich um arbeitnehmerähnliche Personen. Diese gehören nicht zum Kreis der Arbeitnehmer (BAG, Urteil v. 11.10.2000, 5 AZR 289/99). Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt (BAG, Urteil v. 26.9.2002, 5 AZB 19/01[2]). Selbstständig ist daher, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.[3]

 

Rz. 8

Für die Feststellung der persönlichen Abhängigkeit können u. a. folgende Abgrenzungskriterien herangezogen werden, denen unterschiedliches Gewicht zukommt[4]:

  • Starke Indizwirkung haben

    • Weisungsgebundenheit (Art, Ort, Umfang, Inhalt etc. der Tätigkeit),
    • Existenz von Vorgesetzten,
    • Unzulässigkeit weiterer Tätigkeiten und
    • Gestellung von Arbeitsmitteln.
  • Schwache Indizwirkung haben hingegen

    • Form der Vergütung (Honorar oder Zeitlohn),
    • Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen,
    • Behandlung von Urlaub und Krankheit,
    • Bezeichnung des Vertragsverhältnisses und
    • Führung von Personalakten.
 
Praxis-Beispiel

Keine Arbeitnehmer sind wegen des Fehlens der persönlichen Abhängigkeit

Keine Arbeitnehmer sind wegen des Fehlens eines privatrechtlichen Vertrags u. a.

  • Beamte, Richter, Soldaten und Zivildienstleistende, da diese auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses tätig werden[6];
  • Absolventen eines freiwilligen sozialen/ökologischen Jahres, da diese auf gesetzlicher Grundlage tätig werden[7];
  • Strafgefangene, die Dienste im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses leisten (§ 41 StVollzG; vgl. BAG, Urteil v. 18.11.1986, 7 AZR 311/85[8]), anders aber bei Freigängern i. S. d. § 39 StVollzG[9];
  • Beschäftigte im Rahmen einer krankenversicherungsrechtlichen Wiedereingliederungsmaßnahme[10], da diese ein Rechtsverhältnis eigener Art begründet (BAG, Urteil v. 29.1.1992, 5 AZR 37/91)[11]; Beschäftigte im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sind hingegen Arbeitnehmer[12];
  • Beschäftigte, die eine Mehraufwandsentschädigung gem. § 16d Abs. 7 SGB II erhalten (sog. "Ein-Euro-Jobber");
  • Geistliche, Diakonissen, Ordensangehörige, DRK-Schwestern.[13]
 

Rz. 9

Nicht anspruchsberechtigt sind ferner Beschä...

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