Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist ein Recht verwirkt, wenn der Gläubiger es längere Zeit nicht ausgeübt hat (Zeitmoment), der Schuldner darauf vertraut hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen werden, und diesem die Erfüllung unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben auch nicht mehr zuzumuten ist (Umstandsmoment).

Für das Zeitmoment kommt es dabei entscheidend auf die letzte Mobbinghandlung an. Allerdings sind ein bloßes Zuwarten oder die Untätigkeit des Anspruchstellers allein nicht als "treuwidrig" anzusehen.[1]

Zum Zeitablauf müssen daher besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzukommen.[2]

Ein Unterlassen der Geltendmachung von Ansprüchen begründet nach Auffassung des BAG nur dann ein Umstandsmoment, wenn aufgrund zusätzlicher besonderer Umstände eine Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung besteht. Um eine effektive Rechtsverteidigung zu ermöglichen, entspricht es zwar regelmäßig dem Interesse des Anspruchsgegners, sich zeitnah gegen Mobbingvorwürfe zur Wehr setzen zu können.[3] Nach dem BAG darf in der vorzunehmenden Gesamtabwägung aber zur Begründung der Verwirkung nicht auf eventuelle Beweisschwierigkeiten aufseiten des Anspruchsgegners abgestellt werden. So hat das BAG das Zuwarten eines vermeintlichen Mobbingopfers von 2 Jahren bis zur Klageerhebung nicht als die Verwirkung begründende Treuwidrigkeit angesehen. Das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung dürfe in seiner Anwendung nicht dazu führen, dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen wird.[4] Damit dürfte eine Verwirkung von auf Mobbing gestützte Schmerzensgeldansprüche vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht angenommen werden können, wenn zu dem Unterlassen der Geltendmachung von Ansprüchen keine weiteren Umstände hinzukommen.

Auch eine vertragliche oder tarifliche Ausschlussfrist wegen der systematischen, sich aus mehreren einzelnen Handlungen zusammensetzenden Mobbing-Verletzungshandlungen beginnt regelmäßig (erst) mit der zeitlich letzten Mobbing-Handlung zu laufen. Wesensmerkmal der als Mobbing bezeichneten Form der Persönlichkeitsrechtsverletzung ist die systematische, sich gerade aus vielen einzelnen Handlungen zusammensetzende Verletzungshandlung, wobei den einzelnen Handlungen bei isolierter Betrachtung eine rechtliche Bedeutung oft nicht zukommt. Hierzu stünde im Widerspruch, wenn der Lauf der Ausschlussfrist mit Abschluss einer jeden einzelnen Handlung begänne. Dementsprechend beginnt die Ausschlussfrist in Mobbing-Fällen nach der Rechtsprechung regelmäßig mit Abschluss der zeitlich letzten vorgetragenen "Mobbing-Handlung".[5] Allerdings greifen jedenfalls die vertraglichen Ausschlussfristen nicht, soweit der Arbeitgeber vorsätzlich handelt. Dass ein Arbeitgeber seine eigene Haftung für Vorsatz nicht ausschließen kann, ergibt sich, auch wenn es sich nicht um einen Formulararbeitsvertrag handelt, schon aus § 276 Abs. 3 BGB.[6]

Einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst, steht § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegen, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur "durch Rechtsgeschäft" verbietet.[7] Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Stuttgart erfasst die Ausschlussfrist des § 37 TVöD unabhängig von der Anspruchsgrundlage auch Schadens- und Schmerzensgeldansprüche wegen vorsätzlicher Pflichtverletzungen und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, z. B. wegen Mobbings.[8] Dies kann aber nicht gelten, wenn die tarifliche Ausschlussfrist kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das für das Arbeitsverhältnis einschlägige Tarifwerk als Ganzes zur Anwendung kommt.[9]

§ 202 Abs. 1 BGB verbietet über den Gesetzeswortlaut hinaus nicht nur Vereinbarungen zur Verjährung von Ansprüchen wegen Vorsatzhaftung, sondern in analoger Anwendung auch Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen.[10]

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