Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung. Unterrichtung. Umfang. Unterrichtungspflicht. Bewerbungsunterlagen. Auswahlrichtlinie

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Vorlage von Bewerbungsunterlagen nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG erstreckt sich „nur” auf Unterlagen, also schriftlich niedergelegte Erkenntnisse, nicht aber auf den Inhalt von Bewerbungsgesprächen, solange keine schriftliche Dokumentation erfolgt ist.

 

Normenkette

BetrVG § 95 Abs. 1 S. 1, § 99 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 07.05.2008; Aktenzeichen 8 BV 199/07)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 1 ABN 26/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 07.05.2008 – 8 BV 199/07 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt lautet:

Die Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung des Arbeitnehmers V1 S3 in die Position des stellvertretenden Bereichsleiters „Klassisches Spiel” und zur Umgruppierung des genannten Arbeitnehmers in die Entgeltgruppe 8 mit 26 Punkten des Änderungstarifvertrages zu § 7 des Entgeltrahmentarifvertrages für die punktbesoldeten Mitarbeiter/innen in der Spieltechnik und in der Kasse vom 01.01.1996 wird ersetzt.

Es wird festgestellt, dass die vorläufige Versetzung des Arbeitnehmers V1 S3 in die Position des stellvertretenden Bereichsleiters „Klassisches Spiel” aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten darum, ob der Betriebsrat im Rahmen des § 99 BetrVG ordnungsgemäß beteiligt worden ist und seine Zustimmung wirksam verweigert hat; weiterhin geht es um die Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung einer personellen Einzelmaßnahme.

Die Arbeitgeberin betreibt in NRW mehrere Spielcasinos – unter anderem in D2-H1, wo derzeit ca. 320 Arbeitnehmer tätig sind. Rund 180 der Beschäftigten kommen im Bereich der Spieltechnik zum Einsatz, der sich wiederum untergliedert in die Bereiche „Automatenspiel” und „Klassisches Spiel” (mit Französischem und Amerikanischem Roulette, Black Jack und Poker).

Der Bereich „Klassisches Spiel” wird von einem Bereichsleiter geführt. Ihm nachgeordnet sind vier stellvertretende Bereichsleiter, zu deren Aufgaben es gehört, im administrativen Bereich und der Aufsicht im Saal tätig zu werden. Der stellvertretende Bereichsleiter B2 schied zum 30.04.2007 aus. Das Arbeitsverhältnis zum weiteren stellvertretenden Bereichsleiter W3 wurde aus Altersgründen zum 31.05.2008 beendet, wobei dieser Arbeitnehmer tatsächlich nur noch bis zum Ende des Jahres 2007 im Betrieb tätig war.

Unter dem 31.08.2007 (Bl. 39 d. A.) schrieb die Arbeitgeberin die Position eines stellvertretenden Bereichsleiters intern aus, wobei sie folgende Voraussetzungen aufstellte:

  • abgeschlossene Schul-/Berufsausbildung
  • erfolgsorientierte, mehrjährige Casinolaufbahn, wünschenswert ist Erfahrung als Saalchef, Spielaufsicht, Tischchef, Floormen oder Pitboss
  • betriebswirtschaftliche, sowie arbeitsrechtliche Kenntnisse
  • Führungskompetenz und Teamgeist
  • analytisches, konzeptionelles Denken
  • Serviceorientierung, Flexibilität, sowie die Bereitschaft sich nötigenfalls auch örtlich zu verändern
  • gute Fremdsprachenkenntnisse

Es bewarben sich insgesamt 13 Beschäftigte, darunter der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende T3.

Mit Schreiben vom 23.10.2007 (Bl. 41 f. d. A.) beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur „Umgruppierung” des Arbeitnehmers S3.

Nach der am 30.10.2007 (Bl. 43 f. d. A.) erfolgten Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat stellte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 20.12.2007 erneut einen Antrag auf „Umgruppierung”, der auszugsweise wie folgt lautet:

„…

In der neuen Funktion wird Herr S3 wie bereits mitgeteilt administrative Aufgaben wahrnehmen u. den Bereichsleiter „Klassisches Spiel” vertreten.

Eine Eingruppierung erfolgt in die EG 8 mit 26 Punkten. In den folgenden Jahren erhält Herr S3 entsprechend den tariflichen Regelungen jeweils einen Punkt bis zur Erreichung der Mindestpunktzahl der EG 8.

Für die zweite zu besetzende Stelle haben wir bisher noch keine abschließende Entscheidung getroffen.

Die auf die sowohl intern als auch extern ausgeschriebene Position eingegangenen Bewerbungsunterlagen (B3, D5; F1, G3; G4, J1; G5, P2; K1, T4; K2, R3; K3, R4; N2, W4; P3, A4; P4, U1; S3, V1; T3, S5; V2, O1) haben wir als Anlage nochmals beigefügt.

Darüber hinaus erhalten Sie Bezug nehmend auf Ihre ablehnende Stellungnahme vom 30.10.2007 eine erweiterte Aufstellung der Qualifikationen der Bewerber. Wir weisen darauf hin, dass diese Aufstellung mit viel Arbeit verbunden ist obwohl unseres Erachtens kein derart weitgehendes Informationsrecht des Betriebsrats besteht. Bei den gewünschten Informationen handelt es sich teilweise um nicht den Bewerbungsunterlagen oder Personalakten zu entnehmende Auskünfte, die über unseren Einflussbereich hinausgehen und/oder für die ausgeschriebene Position irrelevant sind. Wir bitten daher, in zukünftigen Verfahre...

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