Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 10.07.1990; Aktenzeichen 2 Ca 2097/89)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 10.07.1990 – 2 Ca 2097/89 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 16.691,21 nebst 4% Zinsen auf DM 9.348,25 seit dem 3.3.1989 und auf DM 7.342,96 seit dem 23.11.1990 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz werden der Beklagten auferlegt, soweit sie durch den durch Urteil entschiedenen Teil des Berufungsverfahrens entstanden sind.

Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz betreffend die Klägerinnen 1., 4., 5., 7. und 8. mit einem Gesamtstreitwert von DM 69.964,05 trägt die Beklagte 13,4%.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob die zwischen ihnen getroffene Lohnabsprache sittenwidrig und welcher Lohn als üblich i. S. v. § 612 II BGB geschuldet sei.

Die in der Berufungsinstanz allein verbliebene Klägerin zu 4), im folgenden Klägerin, ist bei der Beklagten seit dem 16.3.1988 zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von DM 620, bei einer 40-Stunden-Woche als angelernte Datentypistin tätig.

In dem schriftlichen „Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte” heißt es in § 2, daß die Angestellte als Datatypistin angelernt wird, wobei die Anlernzeit 1 Jahr betragen soll. Die Probezeit betrug 3 Monate.

Bei der Gehaltsvereinbarung unter § 3 befindet sich der Eintrag „Siehe Punkt 2”.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 168 d.A. Bezug genommen.

Daneben besteht ein Einarbeitungsplan, der sich über ein Jahr erstreckt (Bl. 59 f d.A:)

Der Plan ist bei der Einstellung nicht besprochen worden. Die Klägerin hat sich vor der Einstellung 4 halbe Tage lang ohne Vergütung über die zu erwartende Tätigkeit informiert

Mit der der Beklagten aa 3.3.1988 zugestellten Klage macht sie geltend, die vereinbarte Vergütung sei sittenwidrig und verlangt für die Zeit ab ihrer Einstellung die übliche Vergütung, d. h. die nach dem Gehaltstarifvertrag des Zeitungsverlagsgewerbes für Niedersachsen/Bremen. Sie errechnet für die Zeit vom 16.3.1988 bis zum 21.10.1988 einen monatlichen Differenzbetrag von DM 1267,– brutto (DM 1917,– brutto Tarifgehalt – DM 620,– brutto), d. h. insgesamt DM 9348,– brutto.

Im übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 I ZPO Abstand genommen.

Das Arbeitsgericht hat am 10.7.1990 das folgende Urteil verkündet:

  1. Die Klagen werden abgewiesen.
  2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Klägerin

    zu …

    zu 4. festgesetzt auf DM 9348,25

    zu …

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

In den Entscheidungsgründen hat es i.w. ausgeführt, die Ansprüche seien verwirkt. Die Ansprüche bestünden aber auch nicht, weil ein Fall des Wuchers nach § 138 II BGB nicht vorliege, auch kein Fall der Sittenwidrigkeit.

Gegen dieses der Klägerin am 22.8.1990 zugestellte Urteil hat sie am 21.9.1990 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.11.1990 an diesem Tage begründet.

Sie erweitert die Klage auf die Zeit vom 23.10.1989 bis zum 11.2.1990, in der sie für 750,– DM brutto monatlich gearbeitet hat, und verlangt für den gesamten Zeitraum gemäß näherer Berechnung (Bl. 144–145 d.A.) die übliche Vergütung von DM 2206,– brutto monatlich, insgesamt DM 16691,21 brutto. Der Betrag von DM 2206,– ist der vom Statistischen Landesamt ermittelte durchschnittliche Bruttomonatsverdienst für kaufmännische Angestellte in einfacher, schematischer oder mechanischer Tätigkeit, die keine Berufsausbildung erfordert. Sie legt dar, daß sich mangels einer tariflichen Regelung für das Dienstleistungsgewerbe dieser Art. vergleichbare Vergütungen für Datatypistinnen in verschiedenen anderen Branchen ergeben und das selbst einfache Büroarbeiten oder Bürohilfsarbeiten entsprechend bezahlt würden.

Sie behauptet, der Anlernplan sei nicht durchgeführt, ein systematischer Unterricht nicht erteilt worden. Sie sei von Anfang an als Datatypistin entsprechend ihrem Kenntnisstand vollwertig eingesetzt worden. Sie habe in der ersten Zeit Erläuterungen und Anweisungen erhalten, wie die Daten in den Computer einzugeben seien. Die Anweisungen hätten sich auf wenige Minuten täglich beschränkt. Nach 2–3 Wochen habe sie einfache Daten selbständig eingegeben; bei außergewöhnlichen und schwierigen Vorgängen sei auch nur eine kurze Anweisung erfolgt, bis sie nach 3 Monaten in der Lage gewesen sei, alle anfallenden Arbeiten selbständig zu erledigen. Es habe ausreichend einfache Arbeiten gegeben, mit denen nicht nur sie, sondern auch ihre Kolleginnen ausgelastet waren. Daß sie sich damit zugleich eingearbeitet habe, sei ein Nebeneffekt gewesen. Sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 16691,21 nebst 4 % Zinsen auf DM 9348,25 seit Klageerhebung und DM 7342,96 seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, die Vergütung sei mit Rücksicht auf den Ausbildungsstatus gerechtfertigt.

Einige T...

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