Rz. 10

Gegenseitiges Nachgeben bedeutet, dass jeder Vertragspartner dem anderen Zugeständnisse irgendwelcher Art macht, mögen sie auch noch so geringfügig sein, und von den Vertragsparteien auch in unterschiedlichem Maße erfolgen (BSG, Urteil v. 12.12.2013, B 4 AS 17/13 R). Gibt nur eine Partei nach, so liegt kein Vergleich, sondern allenfalls ein Anerkenntnis oder ein Verzicht vor (BGHZ 39 S. 60, 64). Das Nachgeben kann sich auf materielle wie auch verfahrensrechtliche Positionen beziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 28.8.2008, 12 B 1170/08) und ist jedes Abrücken von dem im Verfahren günstigstenfalls erreichbaren Ergebnis. Durch das gegenseitige Nachgeben muss die Ungewissheit beseitigt werden. Dabei sind Teilvergleiche möglich. In verfahrensrechtlicher Hinsicht kann ein Nachgeben auch in der Rücknahme eines Rechtsbehelfs (z. B. Widerspruch oder Klage) bestehen, wenn dadurch auch eine weiter gehende materielle Rechtsposition aufgegeben wird, was regelmäßig der Fall sein wird (BSG, SozR 1500 § 101 Nr. 8, Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 56, Rz. 8 m. w. N.). Erfüllt die Verwaltung einen vom Bürger geltend gemachten Anspruch in vollem Umfange und nimmt daraufhin der Bürger seinen Rechtsbehelf zurück, liegt ein Nachgeben auf seiner Seite nicht vor, da dem Rechtsbehelf das Rechtsschutzbedürfnis durch das vollständige Nachgeben der Verwaltung (dem Anerkenntnis) entzogen worden ist (Engelmann, a. a. O.). Beispiele für ein Nachgeben der Behörde sind: Auflagenverzicht, Fristverlängerung, Vollstreckungsverzicht, Forderungsstundung und Ähnliches. Der Bürger kann andererseits z. B. verzichten auf Zinsen für eine geschuldete Leistung, Rückwirkung einer Leistungsbewilligung oder sein Einverständnis mit von der Behörde gewünschten Maßnahmen, etwa Heil- oder Rehabilitationsverfahren, erklären. Soweit das Nachgeben in einer Gegenleistung besteht, müssen die Einschränkungen des § 55 beachtet werden.

 

Rz. 11

Vergleiche über Beitragsforderungen können auch nach § 54 abgeschlossen werden, denn es kann zumindest insoweit eine Ungewissheit des Sachverhalts angenommen werden, wie die Möglichkeit der Realisierung der Beitragsforderung vorliegt. Darin ist ein Nachgeben der Behörde zu sehen.

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