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Für die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gilt nach § 351 Abs. 1 SGB III der § 26 Abs. 2 mit der Abweichung, dass sich der zu erstattende Betrag um den Betrag der Leistung mindert, der in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht gezahlt worden ist. § 27 Abs. 2 Satz 2 (Verjährung bei Beanstandung der Wirksamkeit von Beiträgen) gilt nicht.

Der Erstattungsanspruch steht demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat. Die Vorschriften über die Verzinsung und Verjährung des Erstattungsanspruchs (vgl. § 27) sowie über die Verrechnung des Erstattungsanspruchs gelten entsprechend.

Die BA ist nach dem Urteil des BSG v. 15.12.1994 (12 RK 69/93) berechtigt, Ansprüche auf Erstattung von Beiträgen mit eigenen Forderungen aufzurechnen.

Es wurde allgemein die Auffassung vertreten, dass nur der Versicherte Leistungen bezogen hat, so dass die Leistungen auch nur gegen den Erstattungsanspruch des Versicherten aufgerechnet werden können. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat jedoch mit rechtskräftigem Urteil v. 11.2.1993 (L 9 Ar 109/92) nach Bezug von Kurzarbeitergeld anders entschieden. Danach kommt es letztlich nicht darauf an, wem die in der irrtümlichen Annahme der Beitragspflicht gezahlte Leistung zugute gekommen ist.

 
Praxis-Beispiel

Ein Ehemann wurde von 1994 an aufgrund eines Arbeitsvertrages als Maurer im Baugeschäft seiner Ehefrau tätig. Diese führte als Arbeitgeberin auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ab. Im September 1996 meldete sich der Ehemann nach einer Kündigung durch seine Ehefrau arbeitslos und erhielt von September bis Oktober 1996 Arbeitslosengeld (Alg) i. H. v. rund 2.600,00 DM bewilligt. Dann setzte er die Tätigkeit für die Firma seiner Ehefrau fort. Als der Ehemann sich im Oktober 1997 wiederum arbeitslos meldete, lehnte die BA den Antrag auf Alg ab, weil kein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Daraufhin beantragte das Ehepaar die Erstattung der von 1994 bis 1997 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von rund 9.300,00 DM, weil eine beitragspflichtige Beschäftigung nicht bestanden habe und die Beiträge daher zu Unrecht entrichtet worden seien. Die BA lehnte eine Rückzahlung ab, weil sich nach der vorgeschriebenen Minderung des Erstattungsbetrages um die – hier wesentlich höheren – erbrachten Leistungen nach § 351 Abs. 1 Satz 1 SGB III ein Zahlbetrag zugunsten des Ehepaars nicht mehr ergebe. Das Ehepaar hat im Laufe des Verfahrens eingeräumt, dass die Erstattungsforderung um das Alg von rund 2.600,00 DM gemindert werden darf, sich aber gegen eine Anrechnung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) gewandt, weil sie nicht auf den Beiträgen beruhe.

Das Ehepaar hatte nach dem Urteil des BSG v. 25.3.2004 (B 12 AL 1/03 R) keinen Anspruch auf Erstattung der Beiträge, die in der Zeit vor dem Alg-Bezug entrichtet worden sind. Insofern ist der zu erstattende Betrag nach § 351 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht nur um das gezahlte Alg, sondern auch um die gezahlte Alhi zu mindern, sodass ein Zahlbetrag zugunsten des Ehepaars nicht verbleibt. Unbegründet war die Revision der BA hingegen, soweit es um die Erstattung der Beiträge geht, die nach dem Bezug des Alg entrichtet worden sind. Bei diesen Beiträgen scheidet eine Minderung um die erbrachten Leistungen aus, weil diese weder unmittelbar noch mittelbar auf der irrtümlichen Annahme von Versicherungspflicht (Beitragspflicht) in der Zeit nach dem Alg-Bezug beruhten.

Zu beachten ist das zum 1.1.2005 eingeführte, von der Einzugsstelle einzuleitende obligatorische Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2, wenn sich aus der Meldung nach § 28a ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Zur Neuregelung des Verfahrens zur Feststellung des Erwerbsstatus zum 1.4.2022 vgl. instruktiv Freudenberg, B+P 2022 S. 268.

Zur Verjährung des Erstattungsanspruchs:

 

Beispiel 1:

Eine Arbeitnehmerin war seit 1977 nur noch in einem zeitlichen Umfang abhängig beschäftigt, der zur Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung führte. Im November 1997 beantragte sie, ihr die gleichwohl bis 1997 zu Unrecht entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Die BA erstattete ihr lediglich die von 1993 bis 1997 gezahlten Beiträge und berief sich im Übrigen auf die Verjährung des Erstattungsanspruchs. Das LSG Nordrhein-Westfalen (L 9 AL 103/90) hat der Berufung der Arbeitnehmerin für die von 1987 bis Dezember 1992 gezahlten Beiträge stattgegeben und ausgeführt, bei einer 1991 ordnungsgemäß durchgeführten und umfassenden Betriebsprüfung der Einzugsstelle hätte die Beitragsfreiheit festgestellt werden müssen. Tatsächlich sei jedoch keine Beanstandung erfolgt. Es liege somit ein fehlerhaftes Verhalten der Einzugsstelle vor, sodass die BA nach pflichtgemäßem Ermessen gehalten gewesen sei, für die von 1987 bis 1992 entrichteten Beiträge von der Verjährungseinrede abzusehe...

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