Rz. 1

Öffentliche Auftraggeber sollen Waren, Bau- und Dienstleistungen im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren beschaffen.[1] Mit § 19 will der Gesetzgeber verhindern, dass der Wettbewerb zwischen Unternehmen nicht um die besseren Produkte und Dienstleistungen, sondern zulasten der Arbeitnehmer durch die Vereinbarung immer niedrigerer Löhne stattfindet.[2] Einen wesentlichen Grundsatz des Vergaberechts formuliert § 128 Abs. 1 GWB. Danach haben Unternehmen bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem TVG mit den Wirkungen des AEntG für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 AEntG oder einer nach § 3a AÜG erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden. Als zuverlässig im vergaberechtlichen Sinne gilt ein Bieter, der seinen gesetzlichen Verpflichtungen in der Vergangenheit nachgekommen ist.[3] Das Merkmal der Gesetzestreue stellt daneben keine weitere Anforderung an den Bieter[4], sondern hat klarstellenden Charakter.[5] Gesetzestreu und damit zuverlässig ist ein Unternehmen, das seiner Verpflichtung aus § 20 MiLoG nachkommt und den allgemeinen Mindestlohn rechtzeitig zahlt. Bieter, die wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 21 MiLoG mit einer Geldbuße von wenigstens 2.500 EUR belegt worden sind, gelten i. S. v. § 19 grds. als unzuverlässig. Sie sollen daher von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. § 19 sieht damit als weitere Sanktion einer Ordnungswidrigkeit nach § 21 MiLoG neben der Geldbuße den zeitweiligen Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge vor. Diese Sanktion spricht im Unterschied zum Bußgeldbescheid, den der Zoll erlässt, der öffentliche Auftraggeber aus, an dessen Wettbewerb um einen öffentlichen Auftrag ein Bewerber teilnimmt.

 

Rz. 2

Die Höhe der Geldbuße, die zu einem Vergabeausschluss bzw. zu einer Vergabesperre führen kann, ist mit 2.500 EUR nur auf den ersten Blick hoch. Im Verhältnis zur Bußgeldandrohung für Ordnungswidrigkeiten nach § 21 MiLoG ist der Betrag jedoch niedrig. Mindestlohnverstöße i. S. v. § 21 MiLoG sind mit Geldbuße von bis zu 500.000 EUR bedroht. Nach § 17 Abs. 4 OWiG soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Tat gezogen hat, d. h. die nicht gezahlten Löhne, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß nicht aus, darf es überschritten werden. Daher kann eine Geldbuße im Einzelfall weit über 500.000 EUR liegen. Die Verletzung einer sogenannten Nebenpflicht, d. h. der Pflichten zur Arbeitszeitaufzeichnung und Bereithaltung von Unterlagen nach § 17 MiLoG, der Meldepflichten von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland nach § 16 MiLoG oder die Duldungs- und Mitwirkungspflichten bei Prüfungen nach § 15 i. V. m. § 5 SchwarzArbG, ist mit Geldbuße von bis zu 30.000 EUR bedroht. Angesichts der Höhe dieser Bußgeldandrohungen ist das Risiko, dass eine Geldbuße von wenigstens 2.500 EUR festgesetzt wird, relativ groß. Bereits die Höhe der festgesetzten Geldbuße kann für das betroffene Unternehmen existenzgefährdend sein. Dies gilt erst recht für Betriebe, wie z. B. Straßenbauunternehmen oder Gebäudereinigungsbetriebe, die ganz oder überwiegend von der Erteilung öffentlicher Aufträge abhängig sind. Für diese kann eine Geldbuße von wenigstens 2.500 EUR den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und damit auch das Aus bedeuten.

 

Rz. 3

§ 19 gilt nur für Auftraggeber i. S. v. § 98 GWB. Schreibt ein privates Unternehmen einen Auftrag aus, findet § 19 keine Anwendung.

[2] BT-Drucks. 18/1558 S. 32.
[3] Ziekow/Völlink, § 97 Vergaberecht, Rz. 99; Weyand, 4. Aufl. 2013, Teil 1, § 97 Vergaberecht, Rz. 774.
[4] Ziekow/Völlink, § 97 Vergaberecht, Rz. 100.
[5] BT-Drucks. 16/11428 S. 33.

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