Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit von Vollmachts- und Lohnabtretungsklauseln in AGB für Ratenkreditverträge.

 

Normenkette

BGB §§ 164, 398; AGBG § 9

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg (Urteil vom 23.02.1988; Aktenzeichen 3 U 2870/87)

LG Nürnberg-Fürth

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. Februar 1988 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein Verbraucherverband i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Die Beklagte ist ein Kreditinstitut, das außer Teilzahlungsfinanzierungen auch allgemeine Bankgeschäfte betreibt. Sie arbeitet im Rahmen der Teilzahlungsfinanzierung vor allem mit dem Versandhaus Qu. in F. zusammen.

Die Parteien streiten im Verfahren nach § 13 AGBG über die Zulässigkeit folgender von der Beklagten in ihren Kreditvertragsformularen verwendeten Klauseln:

(Vollmachtsklausel)

Der 1. Kreditnehmer und 2. Kreditnehmer übernehmen für diesen Kredit die gesamtschuldnerische Haftung und bevollmächtigen sich – bis auf schriftlichen Widerruf – gegenseitig zur Entgegennahme aller Erklärungen seitens der N. Bank sowie zur Beantragung von Stundungen und Laufzeitverlängerungen …

Lohnabtretung.

Ich/Wir trete(n) hiermit zur Sicherung der Ansprüche der N. Bank dieser den jeweils pfändbaren Teil meiner/unserer Lohn-, Gehalts-, Provisions- oder sonstiger Ansprüche sowie die gem. §§ 53 Abs. 3, 54 Abs. 3 Ziff. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) – Erstes Buch – abtretbaren Teile etwaiger Ansprüche auf Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld sowie auf Arbeitslosenhilfe, Erwerbsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente, gegen die jeweiligen Arbeitgeber, Dritte oder den jeweiligen Leistungsträger ab. Die N. Bank wird auf Verlangen – sofern alle ihre Forderungen ausgeglichen sind – die Ansprüche zurückübertragen.

Das Landgericht (ZIP 1987, 1381) hat der Beklagten die Verwendung der Vollmachtsklausel untersagt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht (WM 1988, 1188 = WuB I F 4.-2.88 mit Anm. Weber) hat den Unterlassungsanspruch auch auf die Abtretungsklausel erstreckt. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Vollmachtsklausel nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. In AGB für Ratenkreditverträge, so führt es aus, könne für die Entgegennahme wichtiger Erklärungen der Bank – wie der Kündigung wegen Zahlungsverzuges – im Blick auf die damit verbundenen schwerwiegenden Folgen eine gegenseitige Bevollmächtigung der Darlehensnehmer nicht vorgesehen werden. Auch soweit die Klausel die gegenseitige Vertretung der Kreditnehmer bei der Beantragung von Stundungen und Laufzeitverlängerungen vorsehe, halte sie der Inhaltskontrolle nicht stand, weil solche Erklärungen für den Vertretenen zusätzliche Kosten verursachten.

Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Soweit die beanstandete Klausel die gegenseitige Bevollmächtigung der gesamtschuldnerisch haftenden Darlehensnehmer zur Entgegennahme aller Erklärungen der Bank zum Inhalt hat, hält sie der Nachprüfung gemäß § 9 AGBG nicht stand. Das entspricht der nahezu einhelligen Auffassung des Schrifttums (Wolf in Wolf/Horn/Lindacher AGBG 2. Aufl. § 9 Rn. V 75; derselbe EWiR § 9 AGBG 9/88 S. 525; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 5. Aufl. Anh. §§ 9 bis 11 Rn. 921; Graba in Schlosser/Coester-Waltjen/Graba AGBG § 9 Rn. 139; Staudinger/Schlosser BGB 12. Aufl. § 9 AGBG Rn. 41; Soergel/Stein BGB 11. Aufl. § 9 AGBG Rn. 117; Palandt/ Heinrichs BGB 48. Aufl. § 9 AGBG Rn. 7 v; a.M. Weber WuB I F 4.-2.88). Soweit das OLG Köln (WM 1987, 1548, 1550) einen abweichenden Standpunkt vertritt, beschränken sich seine Ausführungen auf die gegenseitige Bevollmächtigung gesamtschuldnerisch haftender Eheleute. Der vom Berufungsgericht ebenfalls zitierte, in MDR 1983, 670 veröffentlichte Beschluß des Oberlandesgerichts Zweibrücken befaßt sich mit der Empfangsbevollmächtigung nur unter dem Gesichtspunkt des § 10 Nr. 6 AGBG.

a) Die beanstandete Klausel sieht die gegenseitige Bevollmächtigung der Kreditnehmer zur Entgegennahme aller Erklärungen der Beklagten vor. Die Vertretung erstreckt sich also auch auf den Empfang vertragsbeendender Erklärungen wie der Kündigung. Außerdem soll die Bevollmächtigung unabhängig davon gelten, in welchem Verhältnis die Kreditnehmer zueinander stehen. Mit diesem Inhalt verstößt die Klausel gegen § 9 AGBG.

aa) Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, daß die Klausel, soweit sie sich auf die Entgegennahme von Kündigungen bezieht, nicht schon nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam ist. Zwar gehört der Grundsatz der Einzelwirkung, wie er als Bestandteil des dispositiven Rechts in § 425 BGB – auch für die Kündigung – seinen Ausdruck gefunden hat, zu den wesentlichen Grundgedanken der Regelung der Gesamtschuld (Wolf/Horn/Lindacher a.a.O.; Ulmer/ Brandner/Hensen a.a.O.; Staudinger/Schlosser a.a.O.; vgl. auch Selb in MünchKomm 2. Aufl. § 425 Rn. 1 und 14). § 425 BGB wird jedoch durch die Klausel nicht abbedungen; diese schaltet den Grundsatz der Einzelwirkung vielmehr dadurch aus, daß sie gemäß § 164 Abs. 3 BGB die gegenseitige Bevollmächtigung der Darlehensnehmer vorsieht.

bb) Indessen ist die Klausel nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil sie die Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die gegenseitige Bevollmächtigung der Kreditnehmer läuft dem gesetzgeberischen Leitbild der Einzelwirkung (§ 425 BGB) der Sache nach zuwider, ohne daß hierfür ein anerkennenswertes Bedürfnis besteht.

Da mehrere gesamtschuldnerisch haftende Darlehensnehmer nicht in einem Gemeinschaftsverhältnis zueinander stehen, kann nach dem Grundsatz des § 425 BGB die Darlehensforderung nur gegenüber jedem gesondert fällig gestellt werden (Selb a.a.O. Rn. 4 und 5). Eine AGB-Klausel, die diese Regelung abbedingen würde, wäre im Zweifel unwirksam (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). Indem die Beklagte in ihren AGB die gegenseitige Bevollmächtigung der gesamtschuldnerisch haftenden Kreditnehmer zur Entgegennahme auch von Kündigungserklärungen vorsieht, versucht sie, entgegen § 425 BGB eine Gesamtwirkung zu erzielen, gleichzeitig aber die Rechtsfolge aus § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG zu vermeiden. Sie verschafft sich damit die Möglichkeit, das Darlehen einem Kreditnehmer gegenüber fällig zu stellen, ohne daß dieser hiervon Kenntnis erlangt. Mit dieser Regelung unterläuft sie den Grundsatz der Einzelwirkung (vgl. die unter I 1 angeführten Belegstellen aus dem Schrifttum).

Darüber hinaus steht die Klausel auch mit dem in § 10 Nr. 6 AGBG enthaltenen Rechtsgedanken nicht im Einklang. Indem sie jeden Gesamtschuldner zum Empfangsbevollmächtigten des anderen macht, kommt sie in ihrer Wirkung zu Lasten des Vertretenen einer Zugangsfiktion gleich. Dies ist bei der Beurteilung im Rahmen des § 9 Abs. 1 AGBG mitzuberücksichtigen (Wolf EWiR a.a.O.).

Ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten am Fortbestand der Klausel ist nicht ersichtlich. Die Hereinnahme eines weiteren Kreditnehmers in den Vertrag dient allein dem Bestreben der Beklagten, sich eine zusätzliche Sicherheit zu verschaffen. Daß die Durchführung eines solchen Vertrages regelmäßig einen höheren Verwaltungsaufwand erfordert als ein Vertrag mit nur einem Schuldner, liegt in der Natur der Sache. Dies muß die Beklagte hinnehmen. Sie kann nicht einerseits den Vorteil, mehrere gesamtschuldnerisch haftende Schuldner zu haben, in Anspruch nehmen und auf der anderen Seite die damit verbundenen Nachteile zu vermeiden suchen, indem sie die Rechtslage in wesentlichen Punkten zu Lasten der Kreditnehmer durch AGB verändert.

Demgegenüber ist das Interesse eines jeden Kreditnehmers, von der ihm gegenüber ausgesprochenen Kreditkündigung alsbald Kenntnis zu erlangen, evident. Erst sie ermöglicht es ihm, mit der Beklagten in Verhandlungen über die „Rücknahme” der Kündigung einzutreten, eine Umschuldung zu versuchen oder sonstige Maßnahmen zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu treffen. Die Tatsache, daß die Beklagte sich bei wirksamer Kündigung nicht auf Verhandlungen mit ihrem Kreditnehmer einzulassen braucht, ändert an dieser Beurteilung nichts.

Die Beklagte kann auch nicht davon ausgehen, daß die mehreren Darlehensnehmer ihr Verhalten der Vollmachtsklausel entsprechend einrichten, also die ihnen zugegangenen Erklärungen der Beklagten erforderlichenfalls an den anderen Schuldner weiterleiten. Hierfür mag im Verhältnis von Ehegatten zueinander bei intakter Ehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen (dazu Wolf/Horn/Lindacher a.a.O.; Wolf EWiR a.a.O.); im Falle des Getrenntlebens ist dies jedoch ebensowenig wie bei anderen Gesamtschuldnern gewährleistet. Im übrigen trifft die Mitkreditnehmer aufgrund des Gesamtschuldverhältnisses, das ein Gemeinschaftsverhältnis zwischen ihnen nicht begründet, auch keine gegenseitige Erkundigungs- oder Mitteilungspflicht.

Eine unangemessene Benachteiligung der Darlehensnehmer läßt sich schließlich auch nicht mit der Begründung verneinen, die Empfangsvollmacht sei jederzeit widerruflich. Abgesehen davon, daß der Widerruf nur für die Zukunft wirkt, wäre die Annahme lebensfremd, ein Darlehensnehmer würde sogleich nach Abschluß des Vertrages von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Die Vollmachtsklausel ist ersichtlich darauf angelegt, daß dies nicht geschieht, die Beklagte vielmehr die organisatorischen Erleichterungen, die ihr die gegenseitige Bevollmächtigung der Kreditnehmer bieten soll, auch ausschöpfen kann.

2. Die Vollmachtsklausel verstößt auch insoweit gegen § 9 Abs. 1 AGBG, als sie die gegenseitige Bevollmächtigung der Kreditnehmer vorsieht, Stundungen und Laufzeitverlängerungen zu beantragen (ebenso Wolf/Horn/Lindacher a.a.O. Rn. V 75; Wolf EWiR a.a.O.).

a) Es ist allgemein anerkannt, daß eine AGB-Klausel in Ratenkreditverträgen, durch die sich mehrere Antragsteller gegenseitig bevollmächtigen, weitere Darlehen füreinander aufzunehmen, die Kreditnehmer ungemessen benachteiligt, weil sie ihnen ein unkalkulierbares Haftungsrisiko aufbürdet (OLG Frankfurt NJW 1982, 583; Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. Rn. 920; Staudinger/Schlosser a.a.O.; Kötz in MünchKomm 2. Aufl. § 9 AGBG Rn. 48; Soergel/Stein a.a.O.; Palandt/Heinrichs a.a.O.; vgl. auch OLG Frankfurt WM 1977, 26). Auch sonst können solche Klauseln nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam sein, wenn die Vollmacht jedem Kreditnehmer Geschäfte erlaubt, die den anderen in nicht ganz unerheblichem Umfang verpflichten oder sonst belasten, ohne daß dafür aus der Sicht der Bank ein überwiegendes Bedürfnis besteht (Wolf/Horn/Lindacher a.a.O. Rn. V 74). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

b) Die beanstandete Klausel differenziert nicht zwischen den verschiedenen Fallgestaltungen, die sich bei Zahlungsschwierigkeiten oder Leistungsunwilligkeit des einen oder des anderen Kreditnehmers ergeben können. Nach ihr kann ein Kreditnehmer die Stundung oder Laufzeitverlängerung auch dann mit Wirkung für den anderen beantragen, wenn dieser bereit und imstande ist, die Vertragserfüllung zu übernehmen. Das ist mit § 9 Abs. 1 AGBG unvereinbar.

Die Beklagte hat kein schutzwürdiges Interesse an der Verwendung der so verstandenen Klausel. Gerät nur einer der Kreditnehmer in Zahlungsschwierigkeiten und kann der andere die Darlehensverbindlichkeit (weiterhin) erfüllen, so ist die einheitliche Abwicklung des Vertrages gegenüber beiden Gesamtschuldnern nicht gefährdet. Einer Stundung oder Laufzeitverlängerung bedarf es dann nicht. Es verursacht auch keine nennenswerten zusätzlichen Schwierigkeiten, wenn die Beklagte in diesen Fällen den anderen Kreditnehmer auf Vertragserfüllung in Anspruch nimmt.

In solchen Fällen läuft eine Stundung oder Laufzeitverlängerung den Interessen des zweiten Kreditnehmers, der zur Übernahme der Zins- und Tilgungsleistungen bereit ist, ersichtlich zuwider. Derartige Vertragsänderungen verursachen in aller Regel nicht unerhebliche zusätzliche Kosten, die aus der Sicht aller Vertragspartner, insbesondere des leistungsbereiten Kreditnehmers, überflüssig sind. Der Umstand, daß die gegenseitige Bevollmächtigung der Kreditnehmer zur Entgegennahme von Erklärungen der Beklagten unwirksam ist, bietet dabei dem leistungsbereiten Schuldner keinen Schutz. Beantragt der erste Kreditnehmer die Stundung oder Laufzeitverlängerung im Namen des zweiten, so kann die Beklagte diesen Antrag zwar nicht dem ersten Kreditnehmer gegenüber annehmen, weil dessen Empfangsvollmacht unwirksam ist. Das hindert sie aber nicht, die Annahme unmittelbar dem zweiten Kreditnehmer gegenüber zu erklären.

II.

Das Berufungsgericht hält auch die Abtretungsklausel für unwirksam (§ 9 Abs. 1 AGBG), weil sie eine unvertretbare Übersicherung der Beklagten bewirke. Auch in diesem Punkt hält das angefochtene Urteil der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Die Vorausabtretung künftiger Lohn-, Gehalts-, Provisions- und Sozialleistungsansprüche ist grundsätzlich zulässig (Senatsurteil vom 24. November 1975 – III ZR 81/73 – WM 1976, 151 m.w.N.). Sie kann auch in AGB für Ratenkreditverträge wirksam vereinbart werden (Graf von Westphalen in Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner AGBG Bd. III 2. Aufl. Tz. 12.2 Rn. 4; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher a.a.O. § 9 Rn. S 117; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. Rn. 753; Staudinger/Schlosser a.a.O. Rn. 46). Solche Klauseln halten der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG aber nur dann stand, wenn sie Zweck und Umfang der Zession sowie die Voraussetzungen, unter denen der Verwender von ihr Gebrauch machen darf, hinreichend eindeutig bestimmen und zu einem vernünftigen, die schutzwürdigen Belange beider Vertragspartner angemessen berücksichtigenden Interessenausgleich führen. Dabei ist das Sicherungsinteresse der Bank, der in solchen Fällen als einziges Kreditsicherungsmittel häufig nur die künftigen Lohn-, Gehalts-, Provisions- oder Sozialleistungsansprüche des Kreditnehmers zur Verfügung stehen, gegen das Interesse des Kunden an der Erhaltung seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit abzuwägen. Einer unverhältnismäßigen Übersicherung der Bank ist durch geeignete Ausgestaltung der Geschäftsbedingungen von vornherein zu begegnen (dazu Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O. Rn. 1 ff; Kohte ZIP 1988, 1225 ff; s. auch BGHZ 98, 303, 308).

2. Die streitige Klausel erfaßt verschiedene Fallgestaltungen. Die Beklagte verwendet sie sowohl für Anschaffungsdarlehen (Bestellungen des Kunden beim Versandhaus Quelle) als auch für Barkredite. In beiden Fällen sieht das Vertragsformular vor, daß neben dem „1. Kreditnehmer” ein „2. Kreditnehmer” Vertragspartner werden kann; bei Ehepaaren sind „beide Unterschriften erforderlich”. Wird das Darlehen zur Finanzierung eines Kaufvertrages gewährt, so läßt sich die Beklagte – wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei feststellt – in aller Regel zusätzlich den Kaufgegenstand zur Sicherheit übereignen. Soweit die Revision diese Feststellung beanstandet, übersieht sie, daß das Berufungsgericht einen entsprechenden Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten zurückgewiesen hat.

3. Das Interesse der Beklagten, die Vorausabtretung als Sicherungsmittel in Anspruch nehmen zu können, ist in den Fällen am stärksten ausgeprägt, in denen ihr bei der Vergabe von Barkrediten nur jeweils ein Kreditnehmer gegenübersteht. Schon bei dieser Fallgestaltung ist der Klausel indessen die rechtliche Anerkennung nach § 9 Abs. 1 AGBG zu versagen.

a) Eine Vorausabtretung ist nur zulässig, wenn die abgetretene Forderung genügend bestimmt oder bestimmbar ist (BGHZ 7, 365, 367, st.Rspr.). Dieser Rechtsgrundsatz findet auch in die Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG Eingang. Dem Erfordernis, in AGB die Rechte und Pflichten der Vertragspartner klar, bestimmt und für den Kunden durchschaubar zu beschreiben, kommt im Falle der Vorausabtretung von Lohn-, Gehalts-, Provisions- und Sozialleistungsansprüchen besondere Bedeutung zu, weil solche Abtretungen für den Betroffenen von existentieller Tragweite sein und seine Kreditwürdigkeit in Frage stellen können; es liegt auch im Interesse konkurrierender Gläubiger. Derartige Klauseln müssen deshalb Zweck und Umfang der Abtretung sowie die Voraussetzungen der Verwertungsbefugnis eindeutig bezeichnen. Diesen Anforderungen ist hier nicht genügt.

aa) Die in der streitigen Klausel enthaltene Sicherungsabrede läßt nicht zweifelsfrei erkennen, ob die Vorausabtretung nur die Ansprüche der Beklagten aus dem jeweiligen Kreditvertrag oder auch solche Ansprüche sichern soll, die ihr aus anderem Rechtsgrund gegen den Kunden zustehen. Die von der Beklagten gewählte Formulierung, die Abtretung solle zur Sicherung „der” Ansprüche der Bank erfolgen und der Kreditnehmer könne die Freigabe nach Ausgleich „aller” Forderungen verlangen, ist nicht hinreichend eindeutig, zumal ein ausdrücklicher Hinweis auf die Einbeziehung sonstiger in der Geschäftsverbindung wurzelnder Ansprüche fehlt.

bb) Die Klausel stellt auch nicht klar, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte berechtigt sein soll, von der Abtretung Gebrauch zu machen. Die Tatsache, daß es sich um eine Sicherungszession handelt, erlaubt insoweit noch keinen hinreichend sicheren Schluß, Es liegt zwar nahe, in solchen Fällen die Verwertungsbefugnis vom Zahlungsverzug des Zedenten abhängig zu machen (so RGZ 142, 139, 141; Kohte a.a.O. S. 1237 m.w.N.). Dafür enthält die Klausel aber keinen Anhaltspunkt. Die Geschäftsbedingungen der Beklagten erwähnen den Verzug lediglich im Zusammenhang mit der Fälligkeit der Restschuld. Diese kann zur sofortigen Zahlung fällig gestellt werden, wenn sich die Kreditnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Raten in Verzug befinden. Abgesehen davon, daß eine inhaltliche Verbindung zwischen dieser Regelung und der Abtretungsklausel fehlt, läßt sich daraus nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte berechtigt sein soll, dem Drittschuldner die Zession offenzulegen und Zahlung an sich zu verlangen.

cc) Auch soweit die Klausel die Abtretung „sonstiger” Ansprüche gegen „Dritte” vorsieht, ist dem Bestimmtheitserfordernis nicht genügt (Wolf EWiR a.a.O.; Kohte a.a.O. S. 1234). Um welche Ansprüche es sich dabei handelt und gegen wen sie sich richten, bleibt vollständig offen.

b) Zu Recht beanstandet das Berufungsgericht, daß die streitige Klausel geeignet ist, eine unverhältnismäßige Übersicherung der Beklagten zu bewirken. Da die Vorausabtretung die gesamten pfändbaren Lohn-, Gehalts-, Provisions- und/oder Sozialleistungsansprüche des Kreditnehmers ohne zeitliche und betragsmäßige Begrenzung erfaßt, ist die übermäßige Sicherung schon im Ansatz vorprogrammiert. Sie verstärkt sich zudem mit fortschreitender Tilgung der Darlehensschuld. Das führt regelmäßig zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kreditnehmer (Löwe/Graf von Westphalen/ Trinkner a.a.O. Rn. 4 ff; Wolf/Horn/Lindacher a.a.O. Rn. S 117; Wolf EWiR a.a.O.; Kohte a.a.O. S. 1236; a.M. Weber a.a.O.; Coester- Waltjen EWiR § 9 AGBG 17/87 S. 1051; anscheinend auch Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. Rn. 753; vgl. ferner OLG Köln WM 1987, 1548, 1550; zur Unwirksamkeit formularmäßiger Lohnabtretungsklauseln im Elektrohandel: OLG Karlsruhe NJW 1981, 405, 407; im Möbelhandel: OLG Hamm BB 1983, 1304, 1307; zur Frage der Übersicherung beim Eigentumsvorbehalt: BGHZ 98, 303 ff).

aa) Dem läßt sich nicht entgegenhalten, Lohnabtretungen seien im Einzelfall nur von eingeschränktem wirtschaftlichen Wert (so aber Scholz BB 1987, 1139; Weber a.a.O.). Auch Scholz beurteilt die Lohnabtretung als gutes Sicherungsmittel, wenn sie zum Zuge kommt. Hiervon ist jedoch im Verfahren nach § 13 AGBG auszugehen.

bb) Die Beklagte kann den gebotenen Ausgleich zwischen ihrem Sicherungsinteresse und dem Interesse der Kreditnehmer an der Erhaltung ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit durch eine angemessene Begrenzung der Zession in Verbindung mit einer Freigabeklausel herstellen (Kohte a.a.O. S. 1236 ff; vgl. auch Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O. Rn. 6; Wolf/Horn/Lindacher a.a.O.; s. ferner BGHZ 98, 303, 310 f).

Eine zeitliche Begrenzung der Zession erscheint allerdings fragwürdig, weil sie dem Kreditnehmer die Möglichkeit bieten würde, sich durch Zahlungsverzögerungen Vorteile zu verschaffen. Eine Beschränkung auf die Höhe der jeweiligen Monatsrate würde dem Sicherungsinteresse der Bank bei Fälligstellung des Restdarlehens nicht ausreichend Rechnung tragen. Gegen eine Vorausabtretung, die auf den jeweiligen Umfang der gesicherten Forderung abhebt, würden – auch nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes – Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitserfordernisses bestehen (BGH Urteil vom 22. September 1965 – VIII ZR 265/63 – WM 1965, 1049; BGHZ 98, 303, 313; BAG AP Nr. 3 zu § 398 BGB).

Einen angemessenen Interessenausgleich bietet dagegen eine betragsmäßige Begrenzung der Zession, die sich am Gesamtumfang des Darlehens orientiert, also sowohl den Nettokredit wie die Kreditkosten einschließt. Daneben sind in angemessenem Umfang auch Rechtsverfolgungskosten sowie die Möglichkeit einer Erhöhung des Darlehensrückzahlungsanspruchs für den Fall des Zahlungsverzuges zu berücksichtigen. Dies kann in der Weise geschehen, daß dem Gesamtumfang des Darlehens ein Pauschalbetrag – zweckmäßigerweise in Gestalt eines Prozentsatzes – zugeschlagen wird. Dabei unterliegt die Zession auch im Falle der Abtretung von Ansprüchen auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen nicht von vornherein einer zeitlichen Begrenzung. Macht der Verwender in einzelnen Leistungsabschnitten von ihr keinen Gebrauch, so setzt sie sich in künftigen Abschnitten bis zur Erreichung des von ihr abredegemäß erfaßten Gesamtbetrages fort.

Darüber hinaus ist in solchen Fällen der Tatsache, daß das Sicherungsinteresse der Bank mit fortschreitender Tilgung abnimmt, zusätzlich durch eine geeignete Freigabeklausel Rechnung zu tragen (Kohte a.a.O. S. 1238; vgl. auch Wolf/ Horn/Lindacher a.a.O.; zur Freigabeklausel beim Eigentumsvorbehalt s. BGHZ 94, 105, 113 ff und 98, 303, 310 f m.w.N.). Der vorliegende Fall nötigt indessen nicht zur Entscheidung, welche Anforderungen an eine derartige Klausel zu stellen sind, ob insbesondere die Vereinbarung eines schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs genügt oder ob die Geschäftsbedingungen eine auflösend bedingte Freigabe vorsehen müssen (dazu BGH Urteil vom 2. Februar 1984 – IX ZR 8/83 – NJW 1984, 1184, 1186) und in welcher Weise das Bestimmtheitserfordernis Berücksichtigung verlangt. Die hier verwendete Klausel erscheint schon deswegen unzureichend, weil sie eine Rückübertragung erst nach vollständiger Tilgung der gesicherten Ansprüche vorsieht. Diese Verpflichtung ergibt sich bereits aus der Sicherungsabrede.

cc) Die vorstehenden Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zum Senatsurteil vom 24. November 1975 (a.a.O.). In diesem – vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes ergangenen – Urteil hat sich der Senat mit der Frage befaßt, ob eine formularmäßige Lohnabtretung, die der Sicherung von Ansprüchen aus der Gewährung laufenden Bankkredits dienen sollte, unter dem Gesichtspunkt der Übersicherung sittenwidrig sei. Darum geht es hier nicht.

4. Hat danach die Lohnabtretungsklausel vor § 9 Abs. 1 AGBG keinen Bestand, soweit sie sich auf die Vergabe von Barkrediten an jeweils nur einen Kreditnehmer bezieht, so muß dies für die anderen Fallgestaltungen erst recht gelten.

Nach überwiegender Auffassung bestehen beim finanzierten Kauf gegen eine formularmäßige Vorausabtretung von Lohn-, Gehalts-, Provisions- und Sozialleistungsansprüchen des Kreditnehmers unter dem Gesichtspunkt der übermäßigen Sicherung rechtliche Bedenken, wenn die Zession neben die Sicherungsübereignung des Kaufgegenstandes treten soll (Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O. Rn. 5; Wolf/Horn/ Lindacher a.a.O.; Staudinger/Schlosser a.a.O.; Palandt/Heinrichs a.a.O. Anm. 7 1; Wolf EWiR a.a.O.; Kohte a.a.O. S. 1236 f; s. auch OLG Frankfurt WM 1987, 131 mit kritischer Anm. Hensen EWiR § 9 AGBG 4/87 S. 205; a.M. Weber a.a.O.; vgl. auch Scholz a.a.O.). Solche Bedenken werden ebenfalls gegen AGB-Bestimmungen erhoben, welche die zusätzliche Vorauszession derartiger Ansprüche durch einen Mitverpflichteten vorsehen (Palandt/ Heinrichs a.a.O.; Wolf EWiR a.a.O.; vgl. auch OLG Frankfurt a.a.O.; a.M. Scholz a.a.O.; s. ferner Weber a.a.O.). Dies kann indessen im Streitfall auf sich beruhen. Die zusätzlichen Sicherungsmittel (Sicherungsübereignung; Vorausabtretung durch den zweiten Kreditnehmer) sind jedenfalls geeignet, zur Verstärkung der aufgrund der Abtretungsklausel ohnehin möglichen Übersicherung der Beklagten beizutragen und damit die Unangemessenheit der beanstandeten Regelung zu vertiefen.

III.

Nach alledem hat das Berufungsgericht der Beklagten die Verwendung der beiden streitigen Klauseln im Ergebnis zu Recht untersagt. Eine Beschränkung der Klauselverbote (dazu Senatsurteil BGHZ 95, 353, 356) kommt hier nicht in Betracht.

 

Unterschriften

Krohn, Engelhardt, Werp, Rinne, Wurm

 

Fundstellen

Haufe-Index 1237649

BGHZ

BGHZ, 98

NJW 1989, 2383

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1989, 969

DNotZ 1989, 621

JZ 1989, 847

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