Wenn es in schon länger zurückliegender Vergangenheit überhaupt zu Aussperrungen kam, dann in der Regel in der Form, dass Arbeitgeber sich vorübergehend und bei an sich fortbestehender arbeitsvertraglicher Verbindung mit ihren Mitarbeitern weigerten, diese zu beschäftigen und an sie Arbeitsentgelt zu zahlen. Die für die Arbeitgeber ansonsten fortgeltenden Pflichten sollen also nur teilweise und auf Zeit aufgehoben werden und nach Ende der Auseinandersetzung wieder aufleben. Man spricht deshalb von einer – arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten – suspendierenden Aussperrung.

Ausnahmsweise können Arbeitgeber aber auch das Ziel haben, die Arbeitsverhältnisse zur Druckausübung insgesamt zu beenden und so die Rechtsgrundlage ihrer Beschäftigungs- und Entgeltzahlungspflicht zu beseitigen. Auch in einem solchen Fall stellt der Arbeitgeber, der sich ja nicht aus dem Wirtschaftsleben zurückziehen will, die Wiedereinstellung der ausgesperrten Arbeitnehmer nach Kampfende in Aussicht. Er will aber in seiner Entscheidung frei sein, wen und wie viele er unter den dann entstandenen neuen Bedingungen wieder einstellt, und zu welchem Zeitpunkt dies geschehen soll. Diese Kampfform mit erheblich stärkerer Druckausübung bezeichnet man als lösende Aussperrung.

Ein anderes Begriffspaar knüpft an die Ziele an, um derentwillen die Aussperrung erfolgt: Die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bisher einzig praktizierte Form der Aussperrung ist die Abwehraussperrung, also eine Aussperrung in Reaktion auf einen Streik, um die Kampfforderungen der streikenden Arbeitnehmer abzuwehren. Der durch den Streik gebildete Kampfrahmen wird so erweitert. Entweder es werden weitere Beschäftigte aus dem Kampfgebiet, die bisher nicht zum (Teil-)Streik aufgerufen worden waren oder sich jedenfalls nicht an ihm beteiligt haben, in den Kampf einbezogen; oder streikende Beschäftigte werden zusätzlich ausgesperrt mit der Konsequenz, dass es jetzt nicht mehr allein in der Hand der streikleitenden Gewerkschaft liegt, wann die Beschäftigungslosigkeit endet. Man spricht dagegen von einer Angriffsaussperrung, wenn der oder die Arbeitgeber in einem Tarifgebiet den Arbeitskampf eröffnen und dabei ein eigenes kollektivvertragliches Regelungsziel verfolgen.[1] Auf diese Weise könnten theoretisch die bisherigen tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen grundlegend geändert und für die Arbeitnehmerseite verschlechtert werden. Es ist zumindest vorstellbar, dass es Anlass für Angriffsaussperrungen sein könnte, wenn der Gesetzgeber bestimmte, für die Arbeitgeber relativ einschneidende gesetzliche Arbeitsbedingungen schafft, sie aber unter einen Tarifvorbehalt stellt, also in Tarifverträgen Verschlechterungen des gerade gesetzlich eingeführten Niveaus zulasten der Arbeitnehmer zulässt. Daran hätte man im Zusammenhang mit der gesetzlichen Pflicht für Leiharbeitsunternehmen denken können, Leiharbeitnehmer mindestens zu denselben Arbeitsbedingungen zu beschäftigen wie sie für die vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gelten ("equal treatment")[2], es sei denn, in einem Tarifvertrag, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ist etwas anderes vorgesehen. Da man nicht davon ausgehen konnte, es werde sich eine Arbeitnehmerorganisation zu Tarifverträgen bereitfinden, welche die gesetzlich vorgesehenen Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer verschlechtern, hat man bei Schaffung dieser Gesetzeslage erwartet, es werde zu Angriffsaussperrungen durch Leiharbeitgeber kommen, um von der gesetzlichen Pflicht zu equal treatment herunterzukommen. Tatsächlich ist eine solche Entwicklung nicht eingetreten. Stattdessen traten sog. Arbeitnehmerorganisationen mit zweifelhafter Bonität[3] auf den Plan. Sie fanden sich zu Tarifverträgen bereit, in denen das nach dem gesetzlichen Grundsatz Geschuldete typischerweise erheblich unterschritten wurde. In Reaktion hierauf zogen dann auch die DGB-Gewerkschaften, die sich dafür zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschlossen, mit vergleichbaren Tarifabschlüssen nach.

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