Wie der Trigema-Patriarch seine Nachfolge regelt

Wolfgang Grupp, Chef von Trigema, verkörpert sein Unternehmen in der Öffentlichkeit und sorgt selbst für die Bekanntheit seiner Marke. Nun will er sich aus dem Unternehmen zurückziehen und es an seine Kinder übergeben. Wie dies erfolgreich gelingen soll, erklärt die Familie im Interview.

Mit 71 Jahren bereitet Grupp die Übergabe der Firma an seine Kinder Bonita (23) und Wolfgang junior (22) vor. Nach ihrem Studium in London wollen beide in das Unternehmen mit Sitz in Burladingen (Zollernalbkreis) einsteigen. In ihrem ersten großen Interview erzählen die Geschwister sowie der Firmenchef und seine Frau Elisabeth der Nachrichtenagentur DPA, weshalb es bei Trigema nie ein Nachfolgeproblem gab wie in vielen anderen Familienunternehmen und weshalb sich der Nachwuchs trotzdem von unten hocharbeiten muss.

Herr Grupp, Sie führen Trigema in dritter Generation. Haben Sie je gezweifelt, dass ihre Kinder das Unternehmen weiterführen?

Wolfgang Grupp: Das ist doch eigentlich etwas Selbstverständliches, dass die Kinder in die Fußstapfen des Vaters treten. Das Unternehmen gehört bei uns zur Familie. Ich habe damals schon als Kind den Näherinnen auf dem Schoß gesessen und dann wurde mir gesagt: Du wirst mal der Juniorchef. Und meine Kinder sind auch sozusagen im Unternehmen aufgewachsen und haben beim Abendessen gehört, wie meine Frau und ich über Trigema gesprochen haben.

Aber das kann ein Kind ja auch fürchterlich nerven, wenn es ständig um die Firma geht?

Wolfgang Grupp: Wenn ich ewig negativ von meinem Unternehmen spreche und erzähle, dass der Standort Deutschland schlecht ist, dass man kein Geld mehr verdienen kann und nur Probleme hat, dann werden die Kinder natürlich sagen: Deine Firma will ich nicht übernehmen.

Nun steigt ihre Tochter als erstes bei Trigema ein, ihr Sohn folgt vermutlich in einem halben Jahr. Übertragen sie den beiden als Junior-Chefs auch gleich Führungsverantwortung?

Wolfgang Grupp: Es wäre doch arrogant zu sagen, die Kinder kommen gerade aus dem Studium und übernehmen sofort die Leitung - sie haben zwar keinerlei Erfahrung, aber sie sind ja die Kinder vom Chef. Sie müssen jetzt überhaupt mal rein ins Unternehmen und schauen, was sie interessiert und wo sie ihre Stärken haben.

Elisabeth Grupp: Wir sind eine sehr diskussionsfreudige Familie und reden gemeinsam über wichtige Entscheidungen. Dabei werden die beiden sicher ihren eigenen Kopf und ihre Ideen mit einbringen.

Es kann ja aber auch eine Bürde sein, als zukünftiger Chef ins Unternehmen zu kommen.

Bonita Grupp: Wenn man irgendwo neu anfängt, wird man ja immer besonders aufmerksam beobachtet - da bin ich kein Sonderfall. Man muss sich sicher anstrengen und beweisen, aber das gehört ja in jedem Job dazu.

Wolfgang Grupp junior: Aber ich könnte mir schon vorstellen, dass man es in einem anderen Unternehmen am Anfang ein bisschen leichter hätte. Da könnte man einfach seinen Job machen und müsste sich bei den Mitarbeitern nicht als zukünftiger Chef beweisen.

Haben Sie denn mal darüber nachgedacht, in einem anderen Unternehmen Erfahrungen zu sammeln, bevor sie zu Trigema kommen?

Wolfgang Grupp junior: Ich hätte mir schon vorstellen können, in London im Bankensektor zu arbeiten. Da bekommt man vielleicht noch eine andere Denkweise und muss sich noch ganz anders durchbeißen. Aber so lerne ich gleich von Anfang an alle Besonderheiten von Trigema kennen. Was letztlich richtig gewesen wäre...

Wolfgang Grupp senior: ...also ich halte davon gar nichts. Was nützt es meinen Kindern, wenn sie zu einem Weltkonzern gehen, der von Größenwahn getrieben wird und am Ende pleite ist? Was sollen sie da lernen? Entscheidend ist, das eigene Unternehmen kennenzulernen.

Haben Sie als Eltern eigentlich genau hingeschaut, ob ihre Kinder im Studium gut genug sind, um Trigema einmal zu übernehmen?

Wolfgang Grupp: Meine Kinder haben bisher ihre Aufgaben in Schule und Studium gut bewältigt. Sie sind meine Erben und somit auch verantwortlich für die Firma. Was sie dann damit machen, ist einzig und allein ihre Sache.

Wirklich?

Wolfgang Grupp: Stellen Sie sich doch mal vor, die beiden würden an meinem Grab stehen und sagen: Papa, Du hast uns nichts zugetraut und Fremdmanager haben alles kaputtgemacht. Dann würde ich mich sicher im Grab umdrehen und sagen: Was für ein Rabenvater war ich, den eigenen Kindern nichts zuzutrauen, den Fremden aber alles! Wenn sie aber dastehen würden und sagen: Papa, Du hast uns alles zugetraut, jetzt haben wir leider alles niedergemacht - dann würde ich mich im Grabe erheben und sagen: Stolz bin ich, dass Ihr es wart und nicht die Fremdmanager!

Haben Sie als Nachfolger denn schon Ideen im Hinterkopf, was Sie anders machen wollen als Ihr Vater? Trigema wird ja zum Beispiel oft vorgeworfen, die Kollektion sei nichts für junge Leute.

Wolfgang Grupp junior: Ganz ehrlich, das kann ich vielleicht in zwei oder drei Jahren beantworten. Es geht ja nicht darum, dass ich mich jetzt selbst beweisen will und deshalb alles auf den Kopf stelle. Das wichtigste ist, Trigema und die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten. Ob man das schafft, indem man in 20 Jahren nur noch Mützen statt T-Shirts produziert, wird sich zeigen.

Machen Sie, Herr Grupp, sich denn manchmal Sorgen, was Ihre Kinder mit Ihrem Lebenswerk anstellen?

Wolfgang Grupp: Sicher nicht. Meine Kinder müssen als Erben nach mir die Verantwortung für ihr Tun selbst tragen.

Elisabeth Grupp: Unsere Kinder würden ja auch nicht ins Unternehmen einsteigen, wenn sie den Weg ihres Vaters für völlig falsch hielten. Aber das Entscheidende ist: Wir sprechen hier ja nicht nur über T-Shirts, sondern über 1.200 Mitarbeiter. Dafür die Verantwortung zu übernehmen, ist sicherlich viel schwieriger, als irgendwo in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten.

Das Interview führte Marc Herwig, DPA

dpa