Steuerberaterprüfung: Perfekt vorbereitet ins Examen
Herr Steinecke, was sind Ihre persönlichen Tipps für eine gelungene Vorbereitung?
Mir ist wichtig zu betonen, dass es nicht den einen zentralen Tipp gibt. Vielmehr ist die Thematik superkomplex, und das Steuerberaterexamen gilt nicht umsonst als die schwerste Prüfung überhaupt. Das Thema hat viele Facetten und bedarf einer individuellen Betrachtung. Denn neben den allgemeinen Voraussetzungen, die für die Prüfungszulassung gelten, bringt jeder Kandidat, jede Kandidatin ganz persönliche mit: etwa durch ein Studium, durch eine langjährige Berufstätigkeit mit jeweils ganz verschiedenen Erfahrungshorizonten. Genau diesen Zusammenhang greifen wir bei unserem Ansatz auf.
Was ist für eine optimale Vorbereitung am wichtigsten?
Da Examen und Vorbereitung ja normalerweise berufsbegleitend stattfinden, ist es wichtig, alles entsprechend zu organisieren. Das betrifft sowohl den beruflichen als auch den privaten Bereich. Denn nicht nur der Chef muss das Ganze mittragen, sondern auch die eigene Familie, nicht zuletzt deshalb, weil bei etlichen die Prüfung in einem Lebensabschnitt stattfindet, in dem man vielleicht schon Kinder hat und deren Betreuung sicher gestellt sein muss. Dieses Fundament ist notwendig, um eine zwölf- bis 18-monatige Vorbereitungsphase erfolgreich durchlaufen zu können.
Denn, und dies ist der zweite Punkt, der öfter übersehen wird, die Kontinuität der Vorbereitung ist ganz entscheidend. Ich muss als Kandidat kontinuierlich an den für mich richtigen Dingen arbeiten, wenn ich erfolgreich sein will. Der dritte Aspekt betrifft die Planung: Viele vergessen, systematisch zu arbeiten, haben von Anfang an keinen Plan und versuchen nur den Berg an Unterlagen abzuarbeiten, mit denen sie zugeflutet werden.
Erfolg in der Steuerberaterprüfung: Die individuelle Vorbereitung macht's
Letzteres machen Sie in Ihrem Vorbereitungsunternehmen bewusst anders, oder?
Ja, wir verfolgen ein eigenes Konzept, denn an Motivation fehlt es ja meistens nicht, sondern an Struktur. Mit unseren Kunden gehen wir daher zunächst in die Analyse, finden heraus, was er oder sie bereits durch die individuelle Erfahrung an Kompetenzen gesammelt hat und wo noch Defizite sind. Jeder Prüfling hat einen individuellen Ausgangspunkt. Um das in einem Bild zu verdeutlichen: Zwar wollen alle am Ende nach Berlin, doch die Route unterscheidet sich stark. Je nachdem, ob ich aus München, Köln oder Hamburg komme, habe ich einen ganz eigenen Weg zurückzulegen.
Bei der Prüfungsvorbereitung ist das genauso. Deshalb erarbeiten wir nach der Analyse einen Vorbereitungsplan und eine Strategie für jeden Teilnehmer. Dazu kommen neben unserer interaktiven Stoffvermittlung weitere Systeme und Methoden, wie bspw. unsere Tax-Insight-Method oder Anleitungen zur effektiven Klausurnacharbeit, die wir speziell für unsere Kunden entwickelt haben. Das Ganze auszuführen würde hier den Rahmen sprengen, daher haben wir ein Buch dazu geschrieben, den “Der Steuerberater Examens Guide – Wie werde ich Steuerberater?”
Welche Fehler passieren denn generell am häufigsten?
Viele fragen aus Unwissenheit zum Beispiel ihren Chef, wie dieser seine Vorbereitung erfolgreich absolviert hat und kopiert dann dessen Vorgehen. Dabei übersehen sie leider, dass dieses Erfolgsmodell vielleicht 30 Jahre zurückliegt und einen Weg beschreibt, der für den jeweiligen Kandidaten überhaupt nicht passt, Stichwort Köln, Hamburg, München.
Außerdem kursieren eine Menge Mythen, wie etwa, dass man das Examen nur bestünde, wenn man mindestens 50 bis 60 Probeklausuren geschrieben hat. Das ist freilich x-fach falsifiziert. Denn erstens sind genügend Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchgefallen, die so viele Probeklausuren geschrieben haben, und zweitens haben es auch schon Leute mit deutlich weniger geschafft. Schwierig wird es grundsätzlich immer dann, wenn der Kurs sagt, wie der Weg für alle zu verlaufen hat ohne die individuellen Komponenten zu berücksichtigen.
Pandemie, Homeoffice, Vier-Tage-Woche - hat ‚New Work‘ auch Veränderungen für die Prüfungsvorbereitung gebracht?
Es hat sich einiges getan, insbesondere gibt es durch die erzwungene Digitalisierung mittlerweile viele digitale beziehungsweise hybride Vorbereitungsangebote. Das ist insbesondere für diejenigen eine Erleichterung, die in ländlichen Regionen leben und sich nun die teils langen Anfahrtswege zu den Kursen sparen. Prozessseitig hat sich außerdem die Kommunikation verbessert, der Austausch der Unterlagen erfolgt oftmals digital. Für uns als ESH hat das im Übrigen keine Rolle gespielt, da wir 2020 bereits als rein digitales Unternehmen gestartet sind.
Was ich aber klarstellen möchte: Für den von der Prüfungsvorbereitung unabhängigen Arbeitsalltag haben die vergangenen zwei oder drei Jahre sicherlich bei den meisten keine Erleichterung in Form von mehr Freiräumen durch New Work gebracht, im Gegenteil. Zuletzt ist die Arbeit in den Kanzleien durch zahlreiche zusätzliche Themen, etwa die Coronahilfen oder die Grundsteuerneuregelung immer mehr geworden, so dass die Belastung neben der Vorbereitung bei den meisten eher zugenommen haben dürfte.
Gibt es Veränderungen im Hinblick auf Stellenwert und Zugang zum Steuerberaterexamen angesichts einer Fülle von alternativen Karrieremöglichkeiten in Industrie und per Studium?
Tatsächlich nicht. Denn das Steuerberaterexamen ist nach wie vor die einzige Möglichkeit, in dem Beruf selbstständig zu arbeiten. Insofern ist es trotz diverser Masterstudiengänge immer noch das Nonplusultra. Ich würde sogar sagen, dass es wichtiger als jemals zuvor ist, da bald eine ganze Generation von Steuerberaterinnen und Steuerberatern in den Ruhestand wechselt.
Der Weg in die Steuerberatung: Gestern und Heute
Wie tickt denn die künftige Steuerberatergeneration?
Grundsätzlich möchte ich erwähnen, dass wir eine Altersspreizung von Mitte zwanzig bis Anfang sechzig bei unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Vorbereitung haben. Um aber mal bei der Mehrheit zu bleiben: Die junge Generation will viel freier arbeiten, etwas verändern und erreichen, Beratung anbieten und die Digitalisierung voranbringen.
Ihr persönlicher Weg in die Prüfungsvorbereitung zeugt auch von dieser Veränderungsbereitschaft. Wie verlief er im Detail?
Nachdem ich die Möglichkeit zu einem dualen Studium bei der Finanzverwaltung bekommen hatte, habe ich dieses absolviert, ohne vorher eigentlich großartige Berührungspunkte zum Thema 'Steuern' gehabt zu haben. Während des Studiums bin ich total in der Materie aufgegangen und habe mit 25 Jahren schließlich selbst die Steuerberaterprüfung absolviert. Es folgte eine Dozentenkarriere bei der Finanzverwaltung und schließlich parallel schon die Gründung der ESH zusammen mit Gary Voorbraak. Wir haben uns einfach gefragt: Warum fallen jedes Jahr wieder so viele durch die Prüfung? Das zu ändern und jedem zu ermöglichen, das Examen erfolgreich zu absolvieren, war unsere Vision.
Mit einer Bestehensquote werben Sie aber dennoch nicht, weshalb?
Wenn man all die Quoten, die Wettbewerber vermelden, zusammenrechnet und mit den offiziellen Zahlen der Bundessteuerberaterkammer vergleicht, ist da offenbar irgendwo ein Fehler. Doch das ist nicht eigentlich der Grund, weshalb wir nicht damit werben, sondern vielmehr die Überzeugung, dass es ja nicht allein auf uns ankommt, wenn ein Teilnehmer die Prüfung nicht besteht. Wir unterstützen ihn bestmöglich, aber die Umsetzung liegt immer noch bei jedem und jeder einzelnen selbst.
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