Talent Management: unnötig für Generation Y

Talent Management für die Generation Y gilt als komplex, da die ab 1980 geborenen Arbeitnehmer hohe Ansprüche an die Arbeitgeber stellen. Doch Studien zeigen, dass sich dies nicht verallgemeinern lässt. Berater Christian Motzko wirbt darum für ein individuelleres Talent Management.

Haufe Online Redaktion: Talent Management für die Generation Y – inwiefern ist das ein Hype oder ein echter Trend in den Unternehmen?

Christian Motzko: Gutes Talent Management ist im Kampf um die besten Mitarbeiter überlebenswichtig. Kaum ein Unternehmen kann es sich heute leisten, hier Schwächen zu zeigen. Aber gerade wenn das Talent Management generisch auf eine ganze Generation ausgerichtet wird, kann es wirkungslos bleiben oder sogar schädlich sein.

Haufe Online Redaktion: Wieso?

Motzko: Die Ergebnissen einer gerade von uns durchgeführten Untersuchung bestätigen, was wir schon lange vermutet haben: Die Generation Y ist gar nicht so homogen, wie immer behauptet wird. Gerade in Bezug auf die Frage, welche Aspekte im Job wirklich wichtig sind, ist sich die Generation Y häufig nicht ganz einig.

Haufe Online Redaktion: Worin unterscheiden sich die Arbeitnehmer der Generation Y denn untereinander?

Motzko: Die meisten Menschen entscheiden ja auf Basis ihrer persönlichen Motive und Eignung, welchem Beruf sie nachgehen möchten. Da verwundert es wenig, dass sich hier deutliche Unterschiede innerhalb der Generation Y zeigen – und zwar abhängig davon, welche Tätigkeit sie ausüben. Insbesondere der Stellenwert von Anerkennung, Freiräumen, Work-Life-Balance, Entwicklungsmöglichkeiten und Bezahlung schwankt zum Teil erheblich. So ist etwa die Work-Life-Balance gerade Mitarbeitern in technischen Bereichen wichtig – für Controller oder Vertriebsmitarbeiter hat dieser Aspekt hingegen nur eine untergeordnete Bedeutung.

Haufe Online Redaktion: Wie sollte man die Generation Y also im Talent Management bedenken?

Motzko: Wichtig ist es, beim Talent Management nicht alle Mitarbeiter und Kandidaten über einen Kamm zu scheren, nur weil sie "offiziell" der Generation Y angehören. Erfahrungsgemäß ist es deutlich vielversprechender, sich stattdessen an den Funktionen zu orientieren. Will ich beispielsweise einen Controlling-Experten binden, sollte ich mit Maßnahmen agieren, auf die diese Zielgruppe besonders anspricht.

Haufe Online Redaktion: Eine andere Möglichkeit besteht ja darin, im Talent Management nach Lebensphasen zu unterscheiden. Was halten Sie davon?

Motzko: Die Unterscheidung nach Lebensphasen ist ebenfalls ein valider Ansatz, um das Talent Management zielgerichtet zu gestalten. Um hier jedoch wirklich effektiv vorgehen zu können, benötigt man Informationen, wie beispielsweise die familiäre Situation oder das Alter der Kinder, die häufig nicht oder nur rudimentär vorliegen. Folglich wird meist anhand von Prognosen agiert, die auf Basis des Alters getroffen werden. Damit fällt es schwer, den tatsächlichen Bedarf an den verschiedenen Maßnahmen präzise zu ermitteln. Der funktionsbasierte Ansatz bietet hier eine sinnvolle, ergänzende Alternative.

Christian Motzko ist Senior Consultant Mitarbeiterbefragungen bei dem Marktforschungsinstitut Vocatus AG. Er verfügt über rund 15 Jahre Berufserfahrung im Bereich Führungsinstrumente und Organisationsentwicklung.

Das Interview führte Kristina Enderle da Silva, Redaktion Personal.