Diskutieren statt monologisieren – wie Barcamps zur Unternehmensentwicklung beitragen
Haufe Online-Redaktion: Sie haben beim SWR im Rahmen Ihrer bisherigen Tätigkeit für die strategische Unternehmensentwicklung Barcamps eingeführt. Wie kam es dazu und welche Ziele sollten diese Veranstaltungen erfüllen?
Philipp Kurz: Wir haben mit dem Werkzeug des Barcamps zwei Ziele verfolgt. Einerseits wollten wir damit die Mitarbeiter in die Veränderungsprozesse des SWR stärker einbeziehen als das sonst üblich ist. Denn die meisten Instrumente der Begleitkommunikation in Veränderungsprozessen haben meist nur einen informierenden Charakter. Barcamps sind dagegen eine ehrliche Kommunikationsmethode, die einen echten Dialog und Austausch auf Augenhöhe ermöglicht. Andererseits wollten wir den SWR in der Innenperspektive ein Stück weit an den geeigneten Stellen zum Enterprise 2.0 hin entwickeln. Ein Barcamp entspricht ja der kollaborativen Arbeitsweise des Web 2.0, die wir etablieren wollten.
Haufe Online-Redaktion: Barcamps beziehen Mitarbeiter ein, ohne bei der Veranstaltung auf hierarchische Strukturen zu achten. Das kann auch das Engagement der Mitarbeiter fördern. Wie gut werden Ihre Barcamps bisher von den Mitarbeitern angenommen?
Kurz: Wir haben das erste Barcamp im Jahr 2011 durchgeführt und wiederholen die Veranstaltung seitdem etwa ein- bis zweimal im Jahr roulierend an einem unserer drei Hauptstandorte. Es dürfen alle Mitarbeiter daran teilnehmen, auch freie Mitarbeiter. Bisher haben wir sehr positive Rückmeldungen bekommen. Die Teilnehmerzahlen steigen– im vergangenen Jahr waren es beim letzten Barcamp über 200 Teilnehmer. Auch das mittlere Management, das am Anfang eher skeptisch war, konnten wir inzwischen überzeugen. Und sogar die Geschäftsführung hat schon mit eigenen Themen am Barcamp teilgenommen. Das war für beide Seiten anfangs gewöhnungsbedürftig, da eben nicht im vielleicht gewohnten Präsidialstil monologisiert werden konnte, sondern auf Augenhöhe diskutiert werden musste. Auf diese Weise konnte das Mitglied der Geschäftsleitung aber hautnah erfahren, dass sich sein anfänglicher Vertrauensvorschuss für das Projekt gelohnt hat.
Haufe Online-Redaktion: Wie läuft ein Barcamp bei Ihnen genau ab?
Kurz: Wir führen keine Barcamps in Reinform durch, sondern sammeln im Vorfeld Themen. Jeder Mitarbeiter kann Themen einreichen und sich auch als Leiter für eine Themen-Session zur Verfügung stellen. Dabei werden alle Vorschläge zugelassen. Sie sollten aber im Unternehmenskontext stehen, beispielsweise etwas mit den Strategieprozessen des SWR zu tun haben. Am Veranstaltungstag selbst stellen wir die Session-Planung vor und lassen auch noch spontane neue Themenrunden zu. Meist finden sich die Teilnehmer dann zu vier oder fünf parallel laufenden Sessions zusammen. Mittags präsentiert der Session-Leiter die ersten Ergebnisse mit drei Kernthesen. Die anderen Teilnehmer geben Feedback und dann wird dies nochmal in den einzelnen Themenrunden diskutiert. Am Ende steht immer eine weitere Abschlussrunde mit Feedback.
Haufe Online-Redaktion: Nicht immer können Barcamps am Ende mit konkreten Ergebnissen aufwarten. Welche Ergebnisse können Sie bisher mit den Barcamps in der strategischen Unternehmensentwicklung vorweisen?
Kurz: Es ist auf jeden Fall so, dass wir schon einige konkrete Ergebnisse vorweisen können. Darum geht es ja, ein Barcamp in einem Unternehmen sollte für das Unternehmen einen Mehrwert bringen. Ein Thema, das auf einem Barcamp erarbeitet wurde und direkt HR betrifft, ist zum Beispiel die Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle. Nachdem dies auf einem Barcamp mehrfach diskutiert wurde, haben wir die Thesen an HR weitergegeben. Im Ergebnis wurden neue Möglichkeiten des mobilen Arbeitens samt der nötigen Regulierungen eingeführt.
Das Interview führte Kristina Enderle da Silva, Redaktion Personal.
Philipp Kurz hat im Rahmen seiner Tätigkeit in der Strategischen Unternehmensentwicklung beim SWR in der Vergangenheit Barcamps federführend betreut. Er stellt seine Erfahrungen mit Barcamps auch beim 3. Future Talk der Initiative "Heartleaders" am 3. April in Frankfurt am Main zur Diskussion.
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