So klappt die Softwareeinführung

Nicht immer bringt HR-Software die gewünschten Effekte, nicht immer werden die Lösungen genutzt. Am Beispiel einer Software­einführung im eigenen Unter­nehmen zeigt der Autor auf, welche Voraus­setzungen gegeben sein müssen, damit die Software gern und richtig angewendet wird. 

Für viele unternehmerische Fragestellungen gibt es heute bereits HR-Tech-Lösungen – von Recruiting, über Administration bis Retention samt dazugehöriger Themen wie Health, Benefits, Feedback und Education. Und jeden Tag kommen neue Lösungen auf den Markt, allein in der DACH-Region sprechen wir hier bereits von mehr als 400 – Tendenz steigend. Die Personalarbeit wird durch ihren Einsatz einfacher, schneller und transparenter – davon profitieren nicht nur Personalverantwortliche, sondern mittelbar auch die Mitarbeitenden.

Bei der Fülle an Angeboten ist es nicht einfach, die richtige Lösung für das Unternehmen zu wählen. Oft gilt zudem: Sie ist nur so gut, wie sie genutzt wird. Sie kann nur das Gewünschte leisten, wenn sie von allen Beteiligten richtig genutzt wird. Andernfalls besteht die große Gefahr von "Sunk Costs". Doch die Auswirkungen einer solchen Fehlentscheidung gehen über das Monetäre hinaus, beispielsweise können auf Seiten der Mitarbeitenden mit neuen HR-Tech-Lösungen Erwartungshaltungen entstehen, die unter Umständen nicht erfüllt werden. Ein solches Frustpotenzial gilt es zu vermeiden. 

Entsprechend müssen Unternehmen sich die Frage stellen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit HR-Tech in der Organisation wirklich und richtig genutzt wird.

Warum die Unternehmens­kultur messen? 

Die Frage nach den nötigen Voraussetzungen wird an einem konkreten Beispiel – der Einführung der HR-Tech-Lösung Officevibe bei Embrace – erläutert. Wie eingangs erwähnt, müssen Unternehmen sich zunächst fragen: Welches Problem möchte ich mit dem Tool lösen? Beim Beispiel von Embrace stand zudem die Frage im Vordergrund: Warum ist es nötig, die Unternehmenskultur zu messen?

Die Entwicklungen rund um Demografie, Digitalisierung und Wertewandel ebenso wie Phänomene wie "Quiet Quitting" führen dazu, dass dem Thema Mitarbeiterbindung eine immer größere Bedeutung zukommt. Denn eine hohe Fluktuation – in Deutschland liegt diese derzeit über alle Branchen hinweg bei rund 30 Prozent – wird aufgrund der immer größer werdenden Recruiting-Herausforderungen zu einem kritischen Thema. 

Für unser Unternehmen gab es gleich zwei große Herausforderungen zu meistern: Zum ohnehin hohen Bedarf an Neueinstellungen aufgrund der positiven Geschäftsentwicklung kam die Herausforderung steigender Fluktuation aufgrund einer phasenweise höheren Arbeitsbelastung hinzu. Um diesen Teufelskreislauf zu durchbrechen, wurde – neben der Intensivierung des Recruitings – massiv in das Thema Unternehmenskultur investiert, mit der Zielsetzung, die Fluktuationsrate zu senken und so nachhaltiger wachsen zu können. Dafür war es wichtig, die Unternehmenskultur messbar zu machen, um einerseits zu identifizieren, an welchen Detailthemen überhaupt gearbeitet werden musste, und andererseits die Wirksamkeit von Maßnahmen zu überprüfen. 

Ein Feedback-Tool einführen 

Von der Anerkennung im Team und der Beziehung mit Vorgesetzten über das Maß an Zufriedenheit und Wohlbefinden bis zum persönlichen Wachstum – über das Tool Officevibe lassen sich zahlreiche Parameter datenbasiert abfragen und auswerten. Auf diese Weise lässt sich nachvollziehen, welche Auswirkungen beispielsweise ein Teamevent oder die Einführung neuer Benefits wie "Work from anywhere" hat. 

Durch die Einführung der Software konnte Embrace seine Retention-Ziele erreichen, die Fluktuationsrate senken und ein nachhaltigeres Wachstum erzielen. Die Mitarbeitenden fühlten sich durch die regelmäßige Feedbackabgabe stärker eingebunden und waren daher zufriedener und motivierter. Dass ihre Meinungen und Bedürfnisse ernst genommen wurden, führte zudem zu einem gestärkten Vertrauen in das Unternehmen. Auch für die Personalverantwortlichen war der Mehrwert hoch, unter anderem, da sie schnell auf Feedback reagieren sowie nötige Veränderungen anstoßen konnten und somit einen direkten, messbaren Einfluss auf den Faktor Retention hatten. Dies konnte durch verschiedene Kennzahlen belegt werden, insbesondere durch den eNPS-Score, den sogenannten Employee Net Promoter Score, der misst, ob Mitarbeitende das Unternehmen als Arbeitgeber weiterempfehlen würden.

Checkliste für die Softwareeinführung 

Damit HR-Tech-Lösungen ihr Potenzial entfalten können, sollten HR-Verantwortliche durchdacht vorgehen. Die Einführung der Feedback-Lösung in unserem Unternehmen hat folgende Erkenntnisse gebracht:

  • Es muss ein echter Bedarf für die Einführung einer Software vorhanden sein: Welches Problem soll sie lösen, bei welcher unternehmerischen Herausforderung soll sie helfen? Um den Bedarf besser einschätzen zu können, kann es hilfreich sein, eine Mitarbeiterbefragung oder gar Workshops durchzuführen, denn nicht immer sind die antizipierten Probleme und die tatsächlichen Probleme deckungsgleich. Eine solch frühzeitige Einbindung der Stakeholder und die Berücksichtigung ihrer Bedenken und Anregungen ebnen zudem den Weg für jeden weiteren Schritt.
  • Die verschiedenen Stakeholder im Unternehmen von Geschäftsleitung und Betriebsrat bis zu den Mitarbeitenden aller Abteilungen müssen diesen Bedarf verstehen und akzeptieren. Und sie müssen grundsätzlich bereit sein, mit der HR-Tech-Lösung tatsächlich zu arbeiten.
  • Es braucht ein entsprechendes Buy-in vom C-Level für die Freigabe entsprechender Budgets – und im Vorfeld strategische Überlegungen, um zu überzeugen. Personalverantwortliche sollten daher eine fundierte Kalkulation erstellen, die die Kosten der Lösung sowie die erwarteten Einsparungen und Vorteile gegenüberstellt. 
  • Es muss geklärt werden, ob die HR-Tech-Lösung als Insellösung genutzt werden kann oder ob es gegebenenfalls Schnittstellen zu anderen Tools und Systemen braucht. Eine nahtlose Integration mit vorhandenen Systemen und Prozessen kann den Nutzen der HR-Tech-Lösung erhöhen und den Implementierungsprozess erleichtern.
  • Für die Konzeption, Umsetzung und kontinuierliche Arbeit mit der Lösung sind klare Verantwortlichkeiten vonnöten. Diese umfassen auch die Zuweisung von Ressourcen und die Bestimmung von Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern für technische Fragen und Support. 
  • Die Arbeit mit der Lösung muss selbstverständlich werden – auch dafür wird eine Person benötigt, die dauerhaft verantwortlich ist und zum "Tool Ambassador" wird. 
  • Unternehmen können sich keinen Blindflug leisten. Sie müssen nicht nur das Ziel einer HR-Tool-Einführung definieren, sondern auch Erfolgskriterien festlegen. Diese sollten messbar, realistisch und relevant sein, um eine aussagekräftige Bewertung zu ermöglichen. Auch hier können zusätzliche Mitarbeiterbefragungen dazu beitragen, ein möglichst realistisches Bild vom Ist-Zustand zu zeichnen.

Wenn in Unternehmen die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden, kann der Einsatz von smarten HR-Tech-Lösungen Großes bewirken. Es braucht HR-Tech, aber vor allem braucht es Menschen, die beide Sprachen sprechen – die menschliche und technologische. Nur so kann Technologie wirklich zu positiver Veränderung beitragen.

Dieser Beitrag ist im Sonderheft "Personalmagazin plus HR-Software: Markttrends und Anbieterübersicht" erschienen, das Sie hier kostenlos herunterladen können.

Schlagworte zum Thema:  HR-Software, Digitalisierung