Selbstkontrolle trainieren: Mission Impossible?
Am Arbeitsplatz ist Selbstkontrolle eine Voraussetzung dafür, dass Mitarbeiter und Führungskräfte produktiv zusammenarbeiten. Doch nicht nur dem Kollektiv hilft die Fähigkeit zur Verhaltenskontrolle. Studien konnten auch für den Einzelnen positive Effekte belegen: Menschen mit einer guten Selbstkontrolle sind demnach nicht nur am Arbeitsplatz erfolgreicher, sondern auch in anderen Lebensbereichen – sie haben allgemein mehr Erfolg, stabilere soziale Beziehungen und eine bessere körperliche und psychische Gesundheit.
Selbstkontrolle trainieren? Eine Metastudie zeigt, ob’s geht
Nur: Selbstkontrolle scheint manchen Menschen deutlich leichter zu fallen als anderen. Was also tun mit den Mitarbeitern und Führungskräften, die leicht aus der Haut fahren und dadurch häufiger als andere in Konflikte geraten? Können sie es trainieren, ihr Verhalten zu kontrollieren? Könnten Personalentwickler diese Mitarbeiter also einfach zu einem Selbstkontrolle-Seminar schicken?
Diesen Fragen sind nun Wissenschaftler der Universität des Saarlands nachgegangen. Für ihre Metastudie, die in der Fachzeitschrift "Perspectives on Psychological Science" erscheinen soll, haben die Psychologen 33 frühere Studien analysiert – sogenannte "Wirksamkeitsstudien", die untersucht haben, wie wirksam bisherige Trainings zum Thema "Selbstkontrolle" sind.
Diese Trainings basieren auf dem sogenannten Ressourcenmodell der Selbstkontrolle. Die Idee dahinter ist, dass sich Selbstkontrolle wie ein Muskel trainieren lässt: Je häufiger der Trainingsteilnehmer eine Tätigkeit, die Selbstkontrolle erfordert, übt, desto stärker wird die Fähigkeit und desto mehr Kontrollressourcen hat er, wenn er sie braucht. Ein Beispiel dafür: Ein Rechtshänder versucht regelmäßig, seine Kaffeetasse mit seiner linken Hand zum Mund zu führen.
Selbstkontrolle lässt sich wohl zumindest kurzfristig stärken
Bei ihrer Analyse stellten die saarländischen Wissenschaftler fest: Die 33 untersuchten Studien legen zwar alles in allem nahe, dass es tatsächlich möglich ist, Selbstkontrolle zu trainieren. Aber die Studienautoren relativieren das Fazit aus ihrer Metastudie gleich wieder: Denn über die veröffentlichten Studien hinaus seien noch weitere Studien zu dem Thema durchgeführt worden, die zwar ebenfalls Aufschlüsse über den Effekt von Selbstkontroll-Trainings geben, aber letztlich nicht veröffentlicht worden seien.
Diese unveröffentlichten Studien wiederum deuten den Erkenntnissen der Psychologen zufolge mehrheitlich auf einen geringen Effekt solcher Trainings hin. "Wenn man lediglich die veröffentlichten Studien mit einbezieht, ergibt sich ein größerer Trainingseffekt", sagt Malte Friese, Professor für Sozialpsychologie an der Universität des Saarlands und Co-Autor der Metastudie.
Frieses Fazit fällt daher vorsichtig aus: "Nach dem heutigen Stand des Wissens lässt sich Selbstkontrolle durch Übung zumindest kurzfristig stärken", so der Professor. Offen bleibe jedoch, wie groß der Effekt wirklich ist und warum die Trainings wirken.
Placebo-Effekt bei Selbstkontroll-Trainings?
Die Studienautoren haben auch eine Erklärung dafür, warum die veröffentlichten Studien insgesamt einen größeren Trainingseffekt nahelegen als die unveröffentlichten: "Häufig werden Studien über nicht erfolgreiche Trainings nicht publiziert", kritisiert Friese.
Die Autoren können sich aber auch das Szenario vorstellen, dass Selbstkontroll-Trainings gar nicht wirksam sind. Warum berichten manche Studien dann aber von Erfolgen bei den Trainingsteilnehmern? Auch dazu haben die saarländischen Psychologen eine Vermutung. "Möglich ist, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an solchen Trainings auch eine Erwartung aufgebaut haben, dass ihnen die Übungen helfen würden", erläutert Friese.
Ein Teil des Trainingserfolgs könnte demnach auf eine Art Placebo-Wirkung zurückgehen und nicht darauf, dass Selbstkontrolle erfolgreich eingeübt wurde.
Zum Weiterlesen:
Die komplette Studie "Does self-control training improve self-control? A meta-analysis" steht hier zum Download bereit:
www.researchgate.net.
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