Konfliktmanagement: Was sich gegen Konflikte unternehmen lässt

Konflikte sind menschlich – aber im Arbeitsalltag sind sie nicht nur unangenehm, sondern können auch richtig teuer fürs Unternehmen werden. Wissenschaftler haben erforscht, wie Konflikte entstehen und zeigen Ansatzpunkte, wie Personaler und Führungskräfte damit umgehen können.

Konfliktlotsen, Mediatoren, Mobbingbeauftragte: Viele Unternehmen versuchen, mithilfe dieser Rollen oder sogar mit strukturierten Konfliktmanagementsystemen Konflikte zu lösen und zu verhindern.

Konfliktmanagement: Führungskräfte sind selbstkritisch

Dennoch ist die Konfliktkultur an deutschen Arbeitsplätzen vielerorts noch nicht so, wie sich das Mitarbeiter, Führungskräfte und Personaler wünschen, wie eine Studie der Forschungsstelle für Wirtschaftsmediation der TH Köln in Kooperation mit dem Institut für Wirtschaftsmediation und Kommunikationsmanagement (IWM) und der Frankfurter Wirtschaftskanzlei Aclanz Rechtsanwälte im vergangenen Jahr gezeigt hat. Demnach bescheinigt die Mehrheit der 300 befragten Führungskräfte ihrem Unternehmen zwar eine gute Streitkultur – allerdings lösen die Führungskräfte Konflikte eigenen Angaben zufolge in den meisten Fällen selbst anstatt ihre Mitarbeiter zu befähigen, ihre Konflikte von sich aus zu lösen.

Zudem äußern sich die Befragten Führungskräfte selbstkritisch zu ihrer Rolle als Konfliktlöser. Die Führungskräfte, die nach eigenen Angaben die meisten Streitfälle selbst lösen, finden nämlich auch, dass sie dafür eine Weiterbildung gebrauchen könnten: 78 Prozent wünschen sich Trainings rund ums Konfliktmanagement und 63 Prozent ein Kommunikationstraining.

Forscherkritik: Was beim Konfliktmanagement schiefläuft

Zwei Forscher der Hochschule Fresenius, Professor Ingo Aberle und Professor Karsten Munscheck, haben kürzlich bei ihrer Antrittsvorlesung im Fachbereich Wirtschaft und Medien ebenfalls Kritik am Konfliktmanagement in deutschen Unternehmen geäußert und damit die Ergebnisse der Kölner Studie aus dem Vorjahr bestätigt.

Prof. Dr. Karsten Munscheck, Hochschule Fresenius

Im Einzelnen kritisieren die Forscher:

  • Konflikte werden häufig geleugnet. Vorstände, Geschäftsführer und Abteilungsleiter akzeptierten nicht, dass es Konflikte in ihrem Bereich gibt und gehen damit folglich nicht offen um.
  • Die meisten Topmanager wissen nicht, wie teuer Konflikte sind. Ungelöste oder schlecht gelöste Konflikte schlagen sich nach Erkenntnis der Forscher nicht nur auf das soziale Miteinander im Unternehmen nieder, sondern auch auf dessen wirtschaftlichen Erfolg: "Konflikte können je nach Anzahl der Beteiligten und Unternehmensgröße leicht Kosten von deutlich mehr als 10.000 Euro verursachen", rechnet Munscheck vor. "Sind in einem Großkonzern mehrere Abteilungen über einen längeren Zeitraum verwickelt, können diese auch auf einen zweistelligen Millionenbetrag anwachsen. Und das, ohne dass das den Parteien bewusst ist."
  • Kaum ein Betrieb misst Konfliktkosten als eigene Kostenart. Konfliktkosten werden stattdessen meist als Umsatzrückgänge und Krankheitskosten verbucht. Darunter leiden auch die Personaler, denn sie müssen schließlich Ersatz für kranke oder ausgeschiedene Mitarbeiter suchen. "Zur Messbarkeit der Konfliktkosten ist die Einführung einer Schattenrechnung erforderlich, aus der hervorgeht, welche Kosten auf Konflikte zurückzuführen sind", so Munscheck. "Klingt kompliziert, ist aber in Anbetracht der Höhe der Konfliktkosten eine lohnende Investition.

Gründe für Konflikte im Unternehmen

Ein offener Umgang mit Streitigkeiten und das Messen von Konfliktkosten sind also nach Meinung der Forscher wichtig, wenn Konflikte am Arbeitsplatz bereits entstanden ist. Warum entsehen diese aber überhaupt?

Diese Gründe für Konflikte haben die Forscher identifiziert:

  • Am häufigsten entstehen Konflikte über Zuständigkeiten, Arbeitsverteilung oder die Arbeitsweise in Teams oder Bereichen.
  • Die Frage, wie man an Teamaufgaben herangeht, verursacht Konflikte. Die Konsequenz für den Arbeitgeber sind Leistungseinbußen des Teams.
  • Die Zusammenarbeit von älteren und jüngeren Kollegen birgt Konfliktpotenzial – gerade, wenn der Jüngste in der Mannschaft auch noch der Chef ist.

Konflikte in Teams, in denen junge und alte Mitarbeiter zusammen arbeiten, können laut Erkenntnis der Forscher besonders dann entstehen, wenn die Gruppenmitglieder an sich keine gute Meinung zu altersgemischten Teams haben. Ob die Ablehnung altersgemischter Teams aber vielleicht daher rühren könnte, dass ältere Mitarbeiter langsamer arbeiten als Ältere? Dem widerspricht Aberle vehement: "Das Problem ist tatsächlich der Konflikt und nicht etwa das Alter", sagt der Wirtschafts- und Medienprofessor. "Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass entgegen einer weit verbreiteten Meinung die Arbeitsleistungen im Kompetenzbereich mit den Lebensjahren nicht abnehmen."

Konflikte vermeiden: Das können Personaler tun

Wo können Personalverantwortliche ansetzen, um Konflikte in Teams zu vermeiden oder zumindest konstruktiv mit ihnen umzugehen und aus ihnen zu lernen, um neue Konflikte zu verhindern?

Die beiden Professoren nennen die folgenden Ansatzpunkte um Konflikte zu vermeiden:

  • Es muss ein Wandel in der Unternehmenskultur stattfinden. Dieser muss nach Meinung der Forscher von der Unternehmensleitung ausgehen. "Ein erster Schritt ist die Aufklärung darüber, dass es Konflikte gibt und daraus Kosten entstehen können", sagt Munscheck und zeigt damit auch einen Ansatzpunkt für Personalverantwortliche unterhalb des Top-Managements.
  • In der Unternehmenskultur sollten alle Altersgruppen Wertschätzung finden, um Konflikte zwischen Alt und Jung zu verhindern. Führungskräfte sollten eine flexible Aufgabenverteilung ermöglichen und gemeinsam mit den Mitarbeitern ein realistisches Bild des Alterns entwickeln. "Dann kann dem Konfliktpotential des demografischen Wandels aktiv begegnet werden", resümiert Aberle.
  • Kosten müssen konkreten Konflikten zugeordnet und gemessen werden.
  • Es gilt, ein Konfliktmanagementsystem mit klaren Zuständigkeiten zu etablieren.

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