Human Capital Reporting: HR kaum Thema in Geschäftsberichten

Wichtige mitarbeiterrelevante Informationen werden in den Geschäfts- und Personalberichten der Dax-30-Unternehmen eher verschleiert als transparent dargestellt, zeigt eine Analyse zum "Human Capital Reporting" der Universität des Saarlands. Einige Vorbilder lassen sich aber ausmachen.

Wie transparent sind Unternehmen, wenn es um ihr wichtigstes Kapital, die Mitarbeiter, geht? Zum zweiten Mal hat ein Team der Universität des Saarlandes unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Scholz die Berichterstattung der Dax-30-Unternehmen genauer unter die Lupe genommen - mit teilweise erschreckenden Ergebnissen. 

In manchen Fällen, so die Studienautoren, werde das Human Capital Reporting lediglich als Personalmarketing-Tool missbraucht, indem die Unternehmensaktivitäten in den Berichten so positiv wie möglich dargestellt werden, um somit neue Mitarbeiter zu werben. "Es ist betriebswirtschaftlich fatal, wenn das Beschriebene nicht mit der Realität übereinstimmt",  erklärt Scholz.

Vorbild versus Verschleierung: Beides im Personalreporting anzutreffen

Der HR-Professor fasst die divergierenden Ergebnisse zusammen: Auf der einen Seite zeige sich eine ganze Reihe von Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert haben und die für die Personalarbeit relevanten Kennzahlen in ihrem Geschäftsbericht, Personalbericht und gegebenenfalls Nachhaltigkeitsbericht nennen. Beispiele hierfür sind die Deutsche Telekom, die Deutsche Bank oder auch die Deutsche Post. "Ein qualitativ gutes Personalreporting", so Scholz, "wird zunehmend als bedeutsam erkannt, weil auch die Investoren sich immer mehr mit dem Thema auseinandersetzen. Sie wollen eine Breite an ganz bestimmten Kennzahlen, die ihnen einen Überblick verschafft."

Auf der anderen Seite gäbe es aber auch Unternehmen wie die Deutsche Lufthansa oder die Daimler AG, die sich mit der Darlegung ihrer personalrelevanten Informationen offenbar immer schwerer täten. Scholz: "Es gibt nichts Schlimmeres für Investoren als Unternehmen, die bestimmte Zahlen mal referieren, mal wieder nicht nennen, weil sie schlechter ausfallen. Das grenzt an Verschleierung."

Doch, wie Scholz meint, mit wenig Erfolg: "Ich denke, dass die Unternehmen hier die Intelligenz Ihrer Investoren unterschätzen. Ein Investor merkt sehr schnell, wenn bestimmte Zahlen gar nicht mehr genannt werden oder wenn plötzlich, in Abweichung zu den vorangegangenen Geschäftsberichten nicht mehr nach FTE, also nach der Anzahl der Vollzeitmitarbeiter, sondern nur noch nach Köpfen (Headcounts) gezählt wird."

Sieger im Gesamtranking: Deutsche Telekom, Deutsche Bank, Deutsche Post

Im Gesamtranking ist der Sieger für das Jahr 2013 die Deutsche Telekom (36  Prozent Erfüllungsquote), gefolgt von der Deutschen Bank (34 Prozent) sowie der Deutschen Post (32 Prozent). Alle drei Unternehmen haben sich seit 2009 kontinuierlich verbessert. Auf den hinteren Plätzen rangieren Beiersdorf (sechs Prozent), Fresenius (zehn Prozent) und Siemens (zehn Prozent).   

Zugrunde liegt der Untersuchung der von der Projektgruppe an der Universität des Saarlands gemeinsam mit Vertretern aus der Praxis 2010 geschaffene HCR 10, ein Standard, der klare Aussagen für die Personalberichterstattung in Geschäftsberichten sowie in Personal- und Nachhaltigkeitsberichten fordert. Er beinhaltet zum einen "Muss-Kennzahlen" für Geschäftsbericht sowie Nachhaltigkeits-/Personalbericht (beispielsweise Teilzeitquoten, Teilnehmertage für Weiterbildung, Ausbildungsquote, Commitment-Index,  Weiterbildungstage, Gesundheitsquote) - zum anderen "Kann-Kennzahlen", die bei Anwendung zu einem sehr umfassenden Human Capital Reporting führen.

Für November 2015 ist eine Veranstaltung zum Thema Human Capital Reporting an der Universität des Saarlandes geplant. Der Ergebnisbericht ist kostenfrei und kann am Lehrstuhl unter scholz@orga.uni-sb.de als PDF angefordert werden.

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