Home-Office Day 2014: Telearbeit noch kein Selbstläufer

Zum "Home Office Day 2014" zieht Oliver Schmitz, Auditor für die Beruf und Familie Service GmbH, eine Bilanz: Noch immer ist das Angebot, im Home-Office arbeiten zu können, nicht die Regel in den Unternehmen. Es mangelt an grundlegenden Voraussetzungen dafür.

Haufe Online Redaktion: Viele Konzerne werben inzwischen mit ihren flexiblen Arbeitsmodellen – inklusive Home-Office. Aber wie sieht es gesamtwirtschaftlich tatsächlich aus: Hat sich das Home-Office etabliert?

Oliver Schmitz: Obwohl die Wirtschaft mit flexiblen Arbeitszeitmodellen wirbt, ist das Home-Office unter den Angestellten in Deutschland oft noch eine Ausnahme. Nur acht Prozent der Arbeitnehmer haben laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ihren Schreibtisch zu Hause stehen. Damit liegt Deutschland deutlich unter den Quoten anderer europäischer Länder.

Haufe Online Redaktion: Woran scheitert das immer noch?

Schmitz: Obwohl das Home-Office technisch gut klappt und Themen wie Datensicherheit gut geregelt sind, hinkt in Deutschland die Unternehmenskultur häufig den technischen und organisatorischen Möglichkeiten hinterher. Statt auf eine Ergebniskultur setzt unsere Wirtschaft noch zu stark auf Präsenzkultur. Eine zweite Herausforderung ist, dass der soziale Austausch und der Flurfunk wichtige Elemente für eine leistungsfähige und innovationsfähige Organisation sind. Diese ergeben sich bei Präsenzarbeit häufig von alleine, beim Home-Office müssen sie häufig zusätzlich mit eingeplant werden.

Haufe Online Redaktion: Ist die Nachfrage nach Home-Office eine Generationenfrage?

Schmitz: Jüngere Generationen legen großen Wert auf die Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort. Sie sehen die Angebote als essenziell an, um eine Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben zu gewährleisten – ein Kriterium, das ihnen bei der Arbeitgeberwahl genauso wichtig ist wie das Gehalt. Zudem sind sie mit dem Internet groß geworden und sind daher in der Lage einen größeren Anteil ihres sozialen Austausches über digitale Medien abzubilden. Soziale Medien wie Facebook, Twitter oder Whatsapp ersetzen für sie den Gang zum Kaffeeautomaten, der für ältere Generationen zum Arbeiten fest dazugehört.

Haufe Online Redaktion: Inwiefern bestehen bei den Arbeitgebern noch immer Ängste, dass die Mitarbeiter im Home-Office nicht ihren Pflichten nachkommen könnten?

Schmitz: Arbeitgeber haben häufig Angst davor, dass plötzlich alle Mitarbeiter Home-Office machen wollen. Daher meiden sie die formale Einführung, auch wenn man informell doch schon lange auf die ein oder andere Art Telearbeit betreibt. Dieser Angst kann begegnet werden, wenn die Anforderungen an den häuslichen Arbeitsplatz und an die Person des Telearbeiters oder der Telearbeiterin klar formuliert und kommuniziert werden.

Haufe Online Redaktion: Gleichzeitig mehren sich aber auch die Stimmen, dass Home-Office zur Überlastung der Arbeitnehmer führen kann. Wie lässt sich dies vermeiden?

Schmitz: Die Gefahr einer negativen Entgrenzung von Beruf und Privatleben besteht bei allen Maßnahmen, die mehr Flexibilität ermöglichen – nicht nur beim Home-Office. Sie entsteht in erster Linie dann, wenn die Entwicklung der Unternehmenskultur nicht mit der Entwicklung der organisatorischen und technischen Möglichkeiten Schritt hält. Denn Home-Office ist kein Modell, über das eine Erreichbarkeit nach Feierabend gewährleistet werden soll. Vielmehr geht es darum, die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben zu verbessern und den Beschäftigen den Freiraum zu geben, bestimmte Dinge jenseits der Bürohektik in Ruhe zu erledigen. Erwartungen an den Umgang mit Erreichbarkeiten sollten als klare Leitlinien hinterlegt sein, um Überlastungen zu vermeiden.

Oliver Schmitz ist autorisierter Auditor für das Audit Beruf und Familie sowie Lehrbeauftragter für demografieorientiertes Personalmanagement an der Dualen Hochschule Lörrach.

Das Interview führte Kristina Enderle da Silva, Redaktion Personal.

Schlagworte zum Thema:  Homeoffice, Mobiles Arbeiten, Arbeitszeitmodell