Gender Pay Gap erstmals wieder gesunken
Gender Pay Gap hängt mit dem Stellenwert der Arbeitszeit zusammen
In einer Studie, die Anfang März 2019 veröffentlicht wurde, hat DIW-Genderökonomin Aline Zucco berufsspezifische Gender Pay Gaps unter die Lupe genommen. "Die Lohnlücke ist in den Berufen besonders hoch, wo lange Arbeitszeiten einen hohen Stellenwert haben und wo der Stundenlohn überproportional mit den Arbeitsstunden steigt", fasst sie ihr Hauptergebnis zusammen. Ein Beispiel dafür ist die Unternehmensorganisation (Unternehmensberatung, Controlling). Dort bekommen diejenigen, die in Vollzeit arbeiten, nicht nur monatlich, sondern auch auf die Stunde gerechnet mehr Lohn als beispielsweise Teilzeitbeschäftigte. Weil in Deutschland überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt sind (48 Prozent der abhängig beschäftigten Frauen und elf Prozent der Männer), ist gerade in diesen Berufen der Gender Pay Gap überdurchschnittlich groß.
Viele Berufe mit geringen Gender Pay Gaps zeichnen sich im Gegensatz dadurch aus, dass die Entlohnung proportional ist: Die Anzahl der gearbeiteten Stunden tangiert den Stundenlohn nicht. Das ist beispielsweise in Gesundheitsberufen der Fall, wo Schichtarbeit und daher die Dokumentation von Arbeitsschritten (Patientenakten) die Norm sind. Das macht Beschäftigte leichter substituierbar und sorgt dafür, dass Teilzeitbeschäftigte den gleichen Stundenlohn bekommen wie diejenigen, die Vollzeit oder mehr arbeiten
Maßnahmen zur Reduzierung des Gender Pay Gap
"Will man die Gender Pay Gaps reduzieren, sind eine Reihe von Maßnahmen denkbar: zum Beispiel sollte das sogenannte Top-Sharing, bei dem mehrere Führungskräfte sich eine Position teilen, gefördert werden. Weiterhin kann der Ausbau von Tarifverträgen einen wichtigen Beitrag zur Lohngleichheit liefern. Vor allem aber muss man sich, als Chef und als Angestellte, von der Vorstellung befreien, dass nur jene, die viel und lange arbeiten, gute Arbeit leisten. Das erfordert ein großes Umdenken", schlussfolgert Aline Zucco.
Weibliche Arbeit wird systematisch abgewertet
Um die Bewertungen und Bezahlungen weiblicher Erwerbsarbeit statistisch kritisch zu hinterfragen, haben die Forscherinnen vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) und das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in Anlehnung an ein geschlechtsneutrales Arbeitsbewertungsverfahren ("Paarvergleich" aus dem eg-check) den so genannten "Comparable Worth-Index" (CW) entwickelt. Dieser erfasst bei der Arbeitsbewertung nicht nur Wissen und Können, sondern zum Beispiel auch Verantwortung für Andere oder psycho-soziale und physische Arbeitsanforderungen. Der "CW-Index" ist ein Messinstrument, mit dem statistisch die Anforderungen und Belastungen in Berufen geschlechtsneutral verglichen werden können.
Die Analysen zeigen, dass insgesamt die Anforderungen und Belastungen in "Frauenberufen" geringer entlohnt werden als in "Männerberufen" und auch die Arbeitsleistung von Frauen im Allgemeinen geringer honoriert wird als die von Männern. "Hier können wir erstmals statistisch nachweisen, dass weibliche Erwerbsarbeit von systematischen Abwertungen betroffen ist, das heißt gemessen an ihren Anforderungen und Belastungen vergleichsweise geringer entlohnt wird als männliche Erwerbsarbeit", stellt die IAQ-Forscherin Sarah Lillemeier fest.
Aber keine Regel ohne Ausnahme: Es gibt zwei "Männerberufe" (Kraftfahrzeugführer, Lkw- und Busfahrer), die im Vergleich mit gleichwertigen "Frauenberufen" geringer entlohnt werden.
Forschungsergebisse stützen "Devaluationshypothese"
"Die Leistungen von Frauen und Männern sowie in "Frauenberufen" und "Männerberufen" werden am Arbeitsmarkt nicht gleichermaßen honoriert", kritisieren die Forscherinnen und weisen darauf hin, dass dieses Ergebnis nur schwer zu vereinbaren ist mit dem gesellschaftlich vorherrschenden Legitimationsprinzip der Leistungsgerechtigkeit. Dabei bestätigt sich die These der bestehenden Abwertung weiblicher Erwerbarbeit ("Devaluationshypothese") auch unter Berücksichtigung weiterer verdienstrelevanter Faktoren, wie beispielsweise der Arbeitszeit, der Berufserfahrung, der Tarifbindung und der Branchenzugehörigkeit der Beschäftigten. Unter Kontrolle dieser Faktoren führt die Zunahme der beruflichen Anforderungen und Belastungen (der CW-Index steigt um eine Einheit) zu je einem Verdienstzuwachs von mehr als sechs Prozent bei den Männern und weniger als fünf Prozent bei den Frauen.
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