Bürokonzepte für die moderne Arbeitswelt

Teambüros, Coworking Spaces und mobile Arbeitsplätze zeigen: Die Arbeitswelt verändert sich grundlegend. Büroumgebung und Unternehmenskultur bedingen sich gegenseitig. Das wirft die Frage auf, wie wir heute und in Zukunft arbeiten werden - und wie zukunftsfähige Bürokonzepte aussehen müssen.

Die zunehmende Digitalisierung ermöglicht es uns, an jedem Ort der Welt zu arbeiten. Reale und virtuelle Welten verschwimmen und ermöglichen die Zusammenarbeit von Teams selbst über Landes- und Kontinentgrenzen hinweg. Auch vor Ort verändert die Digitalisierung unsere Arbeitswelt und ermöglicht ein nie da gewesenes Maß an Mobilität. Außerdem durchdringt eine nie da gewesene Flexibilisierung unsere Arbeitswelt: Gewohnte Hierarchien, Organisations- und Arbeitsstrukturen werden durchlässiger oder lösen sich ganz auf. Agiles Arbeiten ersetzt starre Projektpläne, Job Sharing und flexible Arbeitszeitmodelle sowie das Arbeiten im Home Office oder an dritten Orten wie Coworking Spaces, Cafés oder Lounges erfordern gänzlich neue Entscheidungs- und Kommunikationsstrukturen.

Die Arbeitswelt von morgen: Wohlfühlen und Sicherheit  

Doch Büroumgebung und Unternehmenskultur bedingen sich gegenseitig. Nachhaltige Veränderungen im Hinblick auf die Unternehmenskultur, die Entscheidungs- und Kommunikationskultur eines Unternehmens sollten sich auch in der Gestaltung von Büroumgebungen widerspiegeln.

Eine im Oktober 2018 veröffentlichte Studie des Infas Instituts offenbarte, dass das Wohlfühlen am Arbeitsplatz für mehr als 80 Prozent der erwerbsfähigen Deutschen wichtig ist; zufrieden mit der Umsetzung dieses Themas an ihrem Arbeitsplatz sind circa 60 Prozent – es gibt also durchaus Entwicklungspotenzial. Überraschendes Ergebnis war, dass ausgerechnet in der Gruppe der 25- bis 34-jährigen Erwerbstätigen die Arbeitsplatzsicherheit und die Zukunftssicherheit des Berufs als wichtigste Faktoren bewertet werden, ebenso wie die Unterstützung bei der Weiterentwicklung durch Vorgesetzte.

Moderne Bürokonzepte: Mischung aus Flexibilität und Verankerung

Sicherheit ist also auch für Millennials essenziell, die gemeinhin eher als sprunghaft und über die Maßen flexibel gelten. Die Herausforderung für Unternehmen besteht demnach darin, ihren Mitarbeitern eine Mischung aus Flexibilität und Verankerung zu bieten. Ohne den sicheren Anker Arbeitsplatz stellt sich bei vielen Mitarbeitern schnell ein Gefühl der Verunsicherung ein, auch Entgrenzung und Entfremdung sind angesichts der allgemeinen Beschleunigung im Arbeitsleben ernst zu nehmende Themen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie neue Arbeitswelten gestalten müssen, die den Arbeitnehmern die Sicherheit einer im positiven Sinne verbindlichen Arbeitsumgebung vermitteln, dabei zukunftsfähig und individuell an die Bedürfnisse der Organisation und ihrer Mitarbeiter angepasst sind.


Wir brauchen Arbeitswelten, die den Arbeitnehmern die Sicherheit einer verbindlichen Arbeitsumgebung vermitteln, dabei zukunftsfähig und individuell an die Bedürfnisse der Organisation und ihrer Mitarbeiter angepasst sind.


Die Planung der Büroumgebung

Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie Office Analysis des Fraunhofer IAO (2018). Auf Basis eines Datensatzes von mehr als 13.000 Befragten wurden in der Studie entscheidende Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von Büroumgebungen herausgearbeitet. Wichtig ist demnach eine arbeitstyp- und tätigkeitsbasierte Gestaltung von Arbeitsumgebungen. So fördern „offene und transparent gestaltete Büroumgebungen“ den Wissensaustausch und die Generierung neuer Ideen und Innovationen. Dem gegenüber steht der Bedarf nach ruhigen Arbeitszonen, die speziell für konzentrierte Einzelarbeit konzipiert sind. Dass der Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsorten für unterschiedliche Tätigkeiten stimulierend auf die Mitarbeiter wirkt, war ebenfalls eines der Ergebnisse der Studie.

Das idealtypische Büro? - Gibt es nicht

Das idealtypische Büro gibt es demnach nicht – vielmehr gilt es, verschiedene Arbeitstypen zu identifizieren und darauf aufbauend eine nutzerorientierte Arbeitsumgebung zu schaffen. Dazu wurden zunächst einmal verschiedene Tätigkeiten im Büro zusammengefasst und detailliert beschrieben: konzentrierte Stillarbeit am Arbeitsplatz, kommunikative Tätigkeiten (Sprechen am Arbeitsplatz, in Besprechungsräumen, Telefonieren am Arbeitsplatz, informelle Treffpunkte), haptische Tätigkeiten (Arbeit mit Gegenständen am Arbeitsplatz) sowie kurzfristige Arbeiten in Werkstätten oder Laboren. Neben dem Arbeitsort und der Art der Tätigkeit wurden unter Einbeziehung zahlreicher weiterer Parameter verschiedene Arbeitstypen identifiziert, auf deren Basis Empfehlungen für und Anforderungen an eine passende Büroplanung gegeben werden können.

Zonierung von Büros statt abgegrenzter Räume

Die tätigkeitsbezogene Planung von Büroumgebungen hat sich in der Praxis bereits vielfach bewährt. Ausgangspunkt bei der Planung von Büroumgebungen nach diesem Ansatz sollte immer eine detaillierte, systematische Analyse der unterschiedlichen Tätigkeiten der Mitarbeiter sein.

Grundidee der individualisierten Gestaltung von Arbeitsumgebungen ist immer häufiger eine Zonierung von Büros in unterschiedliche Aktivitätsbereiche wie Meeting Points, Lounges, Konzentrationsräume und Rückzugsmöglichkeiten (siehe auch Interview „Die neue Arbeitswelt mitgestalten"). Das Büro wird dabei ganzheitlich betrachtet, die Zonierung richtet sich nach den Arbeitsbedürfnissen der Mitarbeiter und bezieht selbstverständlich auch die Unternehmenskultur mit ein.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die Einrichtung und Etablierung neuer Büroumgebungen als Change-Management-Prozess begriffen wird, der Mitarbeiter, Führungskräfte und Entscheider gleichermaßen involviert und durch den gesamten Prozess hindurch „an die Hand nimmt“. Ein solcher Prozess ist unter anderem auch mit der Abkehr von einer Präsenzkultur hin zur Ergebnisorientierung verbunden und setzt auf die Weiterentwicklung und Autonomie des einzelnen Mitarbeiters. Innovation und Wissenstransfer werden gefördert, die Wertschätzung und Autonomie der Mitarbeiter führen idealerweise dazu, dass das Arbeiten Spaß macht – nicht wegen eingebauter „Fun Factors“ wie Riesenrutschen für die Mitarbeiter (wie im Google Office Zürich) oder der inzwischen fast unvermeidlichen Tischkicker, sondern wegen des positiven Gefühls voranzukommen, effektiv und effizient zu arbeiten und auch dank eines neuen Gemeinschaftsgefühls im Unternehmen.

Büroeinrichtung als Treiber der Unternehmenskultur

Die Büroeinrichtung wird so zum Ermöglicher von Prozessen und Unternehmenskultur, was auch mit höheren Ansprüchen an Büromöbel einhergeht. Für eine gesunde Arbeitsumgebung ist neben guten Klima- und Lichtverhältnissen eine optimale Akustik unerlässlich. Moderne Akustiksysteme sorgen deshalb für optische und akustische Privatsphäre einzelner Mitarbeiter oder Teams. Gleichzeitig strukturieren sie Räume und gestalten dank variabler Stoffe und Farben die Büroumgebung wohnlicher.

Um gesundes Arbeiten zu ermöglichen, müssen vor allem Bürotische und -stühle höchste ergonomische Ansprüche erfüllen. Steh-Sitz-Tische sind mittlerweile Standard, da sie die von Arbeitsmedizinern empfohlene Mischung aus Stehen, Sitzen und Bewegung zulassen. Darüber hinaus werden modulare Sitzgelegenheiten, die sich in offenen Räumen verschiedenartig kombinieren lassen, sowie Schließfachschränke und Rollcontainerlösungen in flexiblen Bürostrukturen wichtiger – funktional, modular und in zeitgemäßem Design.

Nicht jeder möchte seinen Schreibtisch teilen

Um Büroflächen möglichst effizient zu nutzen, setzen viele Unternehmen auf Shared Desks. Mitarbeiter haben also keinen festen Arbeitsplatz mehr, sondern suchen sich, je nach Bedarf, jeden Tag einen neuen Schreibtisch. Neben der Kostenersparnis soll so ein höherer Grad an interner Kommunikation, Kollaboration und Wissensaustausch erreicht werden.

Doch auch hier sollten Unternehmen unbedingt auf eine genaue Tätigkeitsanalyse ihrer einzelnen Mitarbeiter setzen, denn Office Hoteling (mit Reservierungssystem) oder Hot Desking (ohne vorherige Reservierung) wird nicht in allen Abteilungen und Teams selbstverständlich angewendet und akzeptiert. Während sich das Konzept in Unternehmen mit sehr mobilen Mitarbeitern (Außendienstmitarbeiter, agil arbeitende Teams etc.) durchaus bewährt hat, kann die allmorgendliche „Reise nach Jerusalem“ in Abteilungen mit eher gleichartigen, operationalen Arbeiten wie beispielsweise in der Buchhaltung oder der Personalverwaltung zum dauerhaften Stress- und Frustfaktor werden und auch die Stimmung im Unternehmen negativ beeinflussen. Das zuvor bereits angesprochene Gefühl von „Verankerung“ oder „Heimathafen“ ist vielen Mitarbeitern extrem wichtig und sie empfinden es schnell als geringe Wertschätzung, wenn ihnen kein fester Arbeitsplatz mehr zur Verfügung gestellt wird.

Ein Teil der Arbeitgebermarke

Die Rolle der Büroumgebung im Employer Branding wird mittlerweile als selbstverständlich angesehen. So verdeutlichen mehrere aktuelle Studien (etwa „Office Analytics“ des Fraunhofer IAO, 2018; IBA-Studie 2017 „Wohlbefinden im Büro“) den Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit von Mitarbeitern mit ihrer Büroumgebung und deren Wohlbefinden.  Zufriedene und gesunde Mitarbeiter sind deutlich produktiver und auch loyaler als ihre unzufriedenen Kollegen.

Als Spiegel der Unternehmenskultur beeinflusst die Büroumgebung auch die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens – gleichzeitig ist sie eine ideale Form der Werbung, um die besten Mitarbeiter zu halten und neue Mitarbeiter zu gewinnen


Autorin: Denise Eisoldt, externe Pressereferentin bei WINI.


Mehr zum Thema:
Diesen Beitrag in voller Länge und weitere Informationen zum Thema "Neue Arbeitswelten" finden Sie in Personalmagazin 3/2019.  


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