BGM: Burnoutprävention für Führungskräfte

Führungskräfte haben eine gefährliche Doppelrolle: Zum einen sollen sie ihre Mitarbeiter vor einem Burnout bewahren, zum anderen müssen sie sich selbst vor Überforderung schützen. Führungskräftecoach Dr. Michael Spreiter erläutert, wie Manager sich in diesem Dilemma verhalten können.

Haufe Online-Redaktion: Burnout oder Burnoutprävention war vor zehn  Jahren noch kein Thema - weder in den Unternehmen noch in den Medien. Was hat sich seitdem verändert?

Dr. Michael Spreiter: Zum einen hat sich die Fallzahl deutlich erhöht. So haben sich laut Gesundheitsreport der Krankenkasse DAK zwischen 1997 und 2012 die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen, also konkret durch Depressionen, Anpassungsstörungen und andere psychische Krankheiten, mehr als verdoppelt. Zudem haben sich Medien auf einige prominente Burnoutfälle gestürzt - zwar nicht immer sachlich, aber öffentlichkeitswirksam. Ich bin froh, dass das Thema Burnout und Prävention mehr Beachtung findet. Denn die Dunkelziffer ist groß und es wird höchste Zeit, dass wir angesichts der zunehmenden Belastung und des demografischen Wandels effektive Maßnahmen ergreifen. Zur Unterstützung von Mitarbeitern und Führungskräften. Vor allem vorbeugende Maßnahmen, um menschliches Leid und Arbeitsausfall zu minimieren.

Haufe Online-Redaktion: Sie richten sich speziell an Führungskräfte und geben diesen Tipps zur Burnoutprävention. Sind Führungskräfte denn mehr gefährdet, an Burnout zu leiden, als normale Mitarbeiter?

Spreiter: Führungskräfte sind einerseits mehr gefährdet, weil von ihnen mehr erwartet wird und auf sie mehr Druck ausgeübt wird. Sie fühlen sich vor allem im hart umkämpften internationalen Wettbewerb oft Herausforderungen ausgesetzt, die sie kaum beherrschen können und sollen dann noch ihre Mitarbeiter motivieren. Für viele ist dieser berufliche Überlebenskampf sehr anstrengend. Andererseits haben sie eine wichtige Vorbildwirkung auf die Mitarbeiter. Viele Studien zeigen, dass das Vorbildverhalten der Chefs in punkto Gesundheit einen maßgeblichen Einfluss auf die Mitarbeiter hat.

Haufe Online-Redaktion: Führungskräfte befinden sich also in einer Doppelrolle? Zum einen müssen sie ihre eigene Überlastung in den Griff bekommen, zum anderen müssen sie auf ihre Mitarbeiter aufpassen – ist da nicht der Burnout schon vorprogrammiert?

Spreiter: Nein, er ist nie vorprogrammiert. Menschen, die perfekt sein wollen,  sich immer wieder sehr viel zumuten und anderen Menschen wenig Grenzen setzen, sind gefährdeter als Menschen mit einem stabilen sozialen Umfeld, einer guten Selbstfürsorge und einem Job, den sie gut beherrschen. Aber jeder kann durch gezielte Maßnahmen seine Burnoutgefährdung selbst beeinflussen. Dazu gehört unter anderem, dass man nicht nur seine Mitarbeiter führt, sondern auch den eigenen Chef. Ich nenne das Führen nach oben. Es beinhaltet, auch dem Chef Grenzen zu setzen und sich nicht dauerhaft zu viel zu zumuten.

Haufe Online-Redaktion: Was sind die wichtigsten To Dos einer Führungskraft, um selbst nicht auszubrennen?

Spreiter: Gut für sich selbst zu sorgen. In aller erster Linie dafür zu sorgen, dass man sich in einer persönlichen Balance von Anstrengung und Entspannung mit Genuss wohlfühlt. Führungskräfte, die ein Treffen mit einem guten Freund, das geliebte Hobby oder die eigene gesunde Ausgleichsbewegung nicht ebenso im Kalender terminieren wie eine wichtige berufliche Besprechung, erleiden auf Dauer Schiffbruch. Ihnen wird gewöhnlich irgendwann Sinn und Kraft für die berufliche Tätigkeit fehlen, weil sie den persönlichen Kraftquellen zu wenig Zeit gewidmet haben. 

Haufe Online-Redaktion: Und was würden Sie der Führungskraft in das Pflichtenheft schreiben, um ihre Mitarbeiter gesund zu führen? 

Spreiter: Am Wichtigsten ist bei gesunder Führung das Vorbild: der Chef, also die gesunde Selbstführung. Dazu muss man nicht Marathon laufen und sich makrobiotisch ernähren. Aber es hilft, schon nicht zu lange zu arbeiten, gut für die eigene Gesundheit zu sorgen, frühzeitig Konflikte anzusprechen und diese konstruktiv zu lösen. Auch das Thematisieren von Gesundheit, Spaß an der Arbeit und Leistungsfreude bei Mitarbeiterbesprechungen unterstützt Mitarbeiter dabei, dass sie Schwächen nicht vertuschen und rechtzeitig um Unterstützung bitten. Insgesamt sollte der Chef ein Klima schaffen, in dem man als Mensch gewürdigt wird, Anerkennung und Unterstützung erhält und als Mitarbeiter das Gefühl hat gemeinsam mit den Kollegen an etwas Sinnvollem zu arbeiten, zu dem man selbst einen wichtigen Beitrag leistet.

Dr. Michael Spreiter berät als Management Coach Führungskräfte und Unternehmen zu den Themen Burnoutvermeidung und Gesundheitsmanagement. 

Das Interview führte Katharina Schmitt, Personalmagazin.