2.1.1 Voraussetzungen (Satz 1)
Rz. 3
Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind.
2.1.1.1 Begriff
Rz. 4
Fahrkosten entstehen für Fahrten mit
- privaten Kraftfahrzeugen,
- öffentliche Verkehrsmitteln,
- Taxen,
- Mietwagen,
- Krankenwagen oder
- Rettungsfahrzeugen (auch von Luft- bzw. Wasserfahrzeugen).
Es werden nur die Beförderungskosten übernommen. Dazu gehören die Kosten für Transporte nach § 133 (Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransportunternehmer). Reisekosten (z. B. Übernachtungs-, Verpflegungs- und Gepäcktransportkosten), die Kosten von Familienheimfahrten und ausgefallenes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen werden nicht übernommen (Ausnahme: Abs. 5).
Rz. 5
Zu den Beförderungskosten gehören auch die zum Transport erforderlichen Schutzmaßnahmen sowie die Kosten einer anschließend notwendig werdenden Desinfektion des Fahrzeugs bei der Beförderung Infektionskranker. Die Kosten hierfür sind untrennbar mit der Krankenfahrt verbunden und die Notwendigkeit der Desinfektion des Fahrzeugs steht zudem regelmäßig mit der medizinischen Leistung im Zusammenhang (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 26.4.2012, L 16 KR 192/11).
2.1.1.2 Zusammenhang mit einer Hauptleistung
Rz. 6
Die Krankenkassen übernehmen nur Fahrkosten, die im Zusammenhang mit einer gesetzlich vorgesehenen Hauptleistung (§ 11) anfallen. Notwendig sind regelmäßig nur die Fahrten auf dem direkten Weg zwischen dem jeweiligen Aufenthaltsort des Patienten und der nächst erreichbaren geeigneten Behandlungsmöglichkeit (§ 3 Abs. 2 KT-RL). Die Notwendigkeit der Beförderung ist für den Hin- und Rückweg gesondert zu prüfen.
Rz. 7
Versicherte, die ohne zwingenden Grund ein anderes als eines der nächst erreichbaren Krankenhäuser in Anspruch nehmen, haben die Mehrkosten selbst zu tragen. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung für die vertragsärztliche Versorgung enthält § 76 Abs. 2. Geprüft wird in einem zweistufigen Verfahren (BSG, Urteil v. 8.9.2015, B 1 KR 27/14 R). Zunächst sind die tatsächlich räumlich nächsterreichbaren Leistungserbringer unter Berücksichtigung des gebotenen "Facharztstandards" der Fachgebietsgruppe festzustellen. Spricht ein zwingender Grund für die Inanspruchnahme eines anderen Leistungserbringers als des räumlich nächsterreichbaren, ist der dann räumlich nächsterreichbare Leistungserbringer unter den verbleibenden Leistungserbringern festzustellen, gegen dessen Inanspruchnahme kein zwingender Grund besteht. Das ist der "im Rechtssinne nächsterreichbare" Leistungserbringer.
Rz. 8
Die Hauptleistung muss eine rechtlich wesentliche Bedingung für die Fahrt sein. Neben der zwingenden medizinischen Notwendigkeit ist es dazu notwendig, dass der Versicherte tatsächlich transportiert wird und der Transport einer bestimmten Hauptleistung der Krankenkasse dient (BSG, Urteil v. 6.11.2008, B 1 KR 38/07 R zu Fehl- oder Leerfahrten).
Rz. 9
Fahrkosten wegen einer Begutachtung durch den MD fallen nicht unter § 60. Hier ist vielmehr § 65a Abs. 1 Satz 1 SGB I heranzuziehen. Wer durch seine Krankenkasse zur Begutachtung durch den MD aufgefordert wird und seiner Mitwirkungspflicht nachkommt, erhält sowohl seine notwendigen Auslagen als auch seinen Verdienstausfall in angemessenem Umfang ersetzt. Der Ersatz ist zu beantragen. Auf den Ersatz besteht ein Rechtsanspruch. Hinsichtlich des Umfangs steht der Krankenkasse ein Auslegungsermessen zu.
2.1.1.3 Medizinische Gründe
Rz. 10
Die Fahrkosten sind aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig. Die Fahrt muss tatsächlich stattfinden (BSG, Urteil v. 6.11.2009, B 1 KR 38/07 R). Die zwingenden medizinischen Gründe sind ebenfalls zu beachten, wenn der Patient in ein anderes Krankenhaus (ggf. wohnortnah) verlegt wird (BSG, Urteil v. 7.3.2023, B 1 KR 4/22 R). Aus zwingenden medizinischen Gründen kann es notwendig sein, die Fahrkosten für eine Begleitperson (Familienangehöriger oder Dritter) zu übernehmen, auch wenn dies in § 60 nicht ausdrücklich geregelt ist. Die Notwendigkeit der Begleitung muss durch die Krankheit und die wahrzunehmende Hauptleistung der Krankenkasse wesentlich verursacht sein (Waßer, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 60 Rz. 56).
2.1.2 Art des Fahrzeugs (Satz 2)
Rz. 11
Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1) ist zu beachten. Für die Auswahlentscheidung sind deshalb insbesondere der aktuelle Gesundheitszustand des Patienten und seine Gehfähigkeit zu berücksichtigen (§ 4 Satz 2 KT-RL). Der zwingende medizinische Grund wird durch den Arzt beurteilt und auf der Verordnung angegeben.
Reisekosten werden nicht übernommen (Ausnahme: Abs. 5).
Rettungswagen, Notarztwagen und Rettungshubschrauber werden für Notfallpatienten eingesetzt. Krankentransporte werden bei medizinisch notwendiger fachlicher Betreuung während der Fahrt oder auch zur Vermeidung der Übertragung schwerer ansteckender Krankheiten verordnet (§§ 5, 6 KT-RL). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, sind einfache Krankenfa...