Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Je besser ein Mitarbeiter mit seinen Möglichkeiten und Kompetenzen zu seiner neuen Arbeitsstelle und den anfallenden Tätigkeiten passt, desto geringer ist das Risiko, dass es zu gesundheitlichen Problemen oder Sicherheitsrisiken kommt. Anders herum betrachtet steigt dadurch ebenfalls die Wahrscheinlichkeit, dass das Arbeitsverhältnis lange gehalten und effektiv gestaltet werden kann. Daher ist wesentlich, schon im Rahmen des Einstellungsverfahrens Fragen von Sicherheit und Gesundheitsschutz zu berücksichtigen.
1.1 Fachliche Qualifikation, Aus- und Weiterbildung
In jedem Einstellungsverfahren ist der Arbeitgeber bestrebt, einen neuen Mitarbeiter zu rekrutieren, der möglichst exakt die fachlichen Anforderungen erfüllt. Daher ist es selbstverständlich, dass die der Tätigkeit entsprechenden Ausbildungsabschlüsse und ggf. weitere Qualifikationen im Auswahlverfahren nachgewiesen werden müssen. Eine gute fachliche Qualifikation ist auch Grundlage und Bedingung für umsichtiges und verantwortungsvolles Verhalten im Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Einige berufliche Qualifikationen haben besondere Relevanz in sicherheitstechnischer Sicht. Dabei geht es um Ausbildungsnachweise, die nicht ohne Weiteres durch betriebliche Einarbeitung ersetzt werden können und deren Fehlen im Schadensfall schwerwiegende rechtliche Folgen haben kann, z. B.
- Gabelstaplerausbildung: Ohne eine regelgerechte praktische und theoretische Fahrausbildung darf der Arbeitgeber einen Beschäftigten nicht mit dem Führen eines Flurförderzeugs beauftragen. Da eine solche Ausbildung einen Aufwand von mehreren Tagen zzgl. Kurskosten erfordert, ist sie bei entsprechenden Tätigkeitsanforderungen in der Bewerbungsphase durchaus relevant. Dessen ungeachtet müssen aber auch ausgebildete Fahrer im neuen Betrieb vor Ort dokumentiert eingewiesen werden.
- Führerscheine nach Fahrerlaubnisverordnung: Seit der Neugliederung des Führerscheinwesens vor einigen Jahren muss davon ausgegangen werden, dass jüngere Bewerber mit Pkw-Führerschein nicht mehr automatisch Anhängergespanne oder Fahrzeuge bis 7,5 t zulässiges Gesamtgewicht führen dürfen. Das ist zu berücksichtigen, wenn im Tätigkeitsprofil der Stelle Fahraufgaben eine Rolle spielen.
- Gefahrguttransport: Wenn Gefahrguttransporte anfallen, die nicht unter die entsprechenden Kleinmengenregelungen fallen, ist die Bescheinigung für Fahrer von Gefahrstofftransporten nach Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) erforderlich.
Tragen von persönlicher Schutzausrüstung: Wenn regelmäßig Atemschutz getragen werden muss, sind ab einer gewissen Geräteklasse (schwerer Atemschutz) nicht nur besondere Vorsorgeuntersuchungen fällig, sondern auch eine entsprechende aufwendige praktische Ausbildung (z. B. bei Mitarbeitern in abwassertechnischen Einrichtungen, bei Wartungstrupps oder im Spezialanlagenbau sowie u. U. im Rettungswesen).
Ähnliches gilt auch für das Tragen von Schutzausrüstung gegen Absturz, z. B. in Bau- und Montagebetrieben, in der Gebäudereinigung oder in Logistikbetrieben mit Hochregalanlagen.
1.2 Berufserfahrung
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass berufserfahrene Mitarbeiter mit möglichen Risiken des Berufsfeldes besser vertraut sind als jüngere bzw. Berufsanfänger. Das gilt allerdings nicht in allen Fällen bzw. muss nicht unbedingt zu sicherheitsgerechtem Verhalten führen:
Veränderte Arbeitsbedingungen
Auch wenn ein Neueinsteiger bei seinem vorherigen Arbeitgeber schon im selben Beruf tätig war, können die Arbeitsbedingungen und die Tätigkeiten sich erheblich unterscheiden. Größe, Ausstattung des Betriebs, Unternehmenskultur und das genaue Betätigungsfeld haben Einfluss darauf, wie gearbeitet wird, und damit auch darauf, welches Verhalten ein Mitarbeiter für richtig, angebracht und normal hält. Wer zuvor in einem Betrieb tätig war, in dem auf Sicherheitsfragen nur geringe Bedeutung gelegt wurde, ist oft mit Sicherheitsregeln nicht vertraut, die anderswo für elementar gehalten werden.
Veränderte Ausbildungsinhalte
Ausbildungsinhalte haben sich über die Jahre zum Teil deutlich verändert. Wenn die Ausbildung eines Beschäftigten schon lange zurückliegt, ist damit zu rechnen, dass er Kenntnisse, die mittlerweile selbstverständlich zum Ausbildungsprogramm gehören, nicht hat oder nur "nebenbei" erworben hat. Das gilt erst recht für geräte- und anlagenbezogene Qualifikationen, die ein neu einsteigender Mitarbeiter nicht mitbringt, wenn er im vorherigen Arbeitsleben damit nicht gearbeitet hat.
Risikobewertung
Manchmal neigen gerade berufserfahrene Beschäftigte dazu, Risiken zu unterschätzen, wenn
- sie im Alltag als wenig relevant betrachtet werden,
- die nötigen Schutzmaßnahmen als lästig empfunden werden,
- der Eindruck entsteht, dass ein Mitarbeiter dann als besonders kompetent wahrgenommen wird, wenn er Arbeiten schnell und ohne "Sicherheitsumschweife" erledigt.
Auch erfahrene Neueinsteiger intensiv einarbeiten
Aus diesen Gründen wäre es völlig falsch, berufserfahrene Neueinsteiger im Vertrauen auf deren bereits absolvierte Berufsjahre in der Einarbeitungsphase weitgehend ...